Sport

Dopingvorwurf gegen Ullrich Verband: Zeuge unglaubwürdig

Der Deutsche Skiverband hält den Doping-Belastungszeugen für "unglaubwürdig", doch der frühere Biathlon-Weltmeister Jürgen Wirth hat seine Anschuldigungen gegen Herren- Bundestrainer Frank Ullrich bekräftigt. "Ich kann bestätigen, dass ich eine Eidesstattliche Erklärung zur Vorlage bei Gericht abgegeben habe", sagte Wirth.

Unterdessen kündigte der DSV an, dass er eine Untersuchungskommission einberufen werde, und empfahl Ullrich, "die Möglichkeit einer Strafanzeige sowie einer zivilrechtlichen Klage gegen Herrn Wirth überprüfen zu lassen". Unabhängig davon will sich der Verband mit allen Zusammenhängen - und damit auch mit den Anschuldigungen gegen Wilfried Bock - beschäftigen. Der frühere DDR-Cheftrainer Bock war in einem Beitrag der ARD-Sportschau von Wirth und auch von Olympiasieger Jens Steinigen mit Doping-Praktiken in der DDR in Zusammenhang gebracht worden. Beide Trainer bestreiten die Anschuldigungen.

Widersprüchliche Aussagen?

Was Wirth jetzt in der Sportschau gesagt habe, widerspreche seiner Zeugenaussage vor dem Landeskriminalamt Thüringen 1991, erklärte der Skiverband. Laut Protokoll vom 3. Mai 1991, die dem DSV in Kopie vorliege, habe 43 Jahre alte Wirth festgestellt: "Für mich kann ich sagen, dass ich von dem (Frank Ullrich) nie diese Tabletten bekommen habe." In der Sportschau am Sonntag hatte Wirth erklärt: "Frank Ullrich hat uns damals angewiesen, dieses Mittel Oral-Turinabol einzunehmen, damit wir schneller wieder regenerieren."

Steinigen berichtete unterdessen über die Doping-Praxis in der DDR. Den Skijägern seien in den 80er-Jahren unkontrolliert Dopingmittel über Getränke verabreicht worden. "Auf Empfehlung des Mannschaftsarztes wurde die Praxis geändert, da es Probleme mit der Dosierung gab. Man wusste nie genau, wie viel jeder Sportler tatsächlich trinkt."

Nachdem der DDR-Mannschaft im November 1985 im schwedischen Kiruna mitgeteilt worden sei, dass die "Mittel nun verabreicht werden, insbesondere zur besseren Kraftentwicklung und Regeneration", habe Steinigen im September 1986 der Teamleitung mitgeteilt, dass er beim Doping nicht mitmache. Bei Olympia 1988 war Steinigen, Junioren-Weltmeister von 1985, ausgemustert.

Wirth: Trainer haben Einnahme kontrolliert

Während Wirth behauptet, die Trainer Bock und Ullrich hätten "die Einnahme auch kontrolliert", konnte Steinigen dazu nichts sagen. "Die Vergabe war eher Aufgabe der Ärzte und Physiotherapeuten. Von Frank Ullrich kann ich nichts bekommen haben, da er erst ab 1986 als Trainer tätig war und ich aufgrund meiner Weigerung ab dieser Zeit nichts mehr erhielt."

Über Ullrich haben die höchsten Gremien des deutschen Sports schon in den 90er-Jahren beraten. In einer Pressemitteilung des Nationalen Olympische Komitees vom 28. Januar 1992 wurde Ullrich jedoch zum Einsatz in der deutschen Olympia-Mannschaft zugelassen. Das NOK schrieb, "dass die Aussage von Frank Ullrich glaubwürdig erscheint, dass er mit Dopingfragen weder als Aktiver noch als Trainer direkt befasst gewesen sei." Ullrich biete die Gewähr, "auch in Zukunft seine Arbeit im deutschen Sport unter Beachtung der Regeln und der Bestimmungen gegen Doping zu leisten", hieß es.

Empfehlung von 1991: Ullrich nicht einstellen

Im Mai 1991 hatte das Geschäftsführende Präsidium des Deutschen Sportbundes (DSB) in einem Brief an den Sportausschuss des Deutschen Bundestages eine Empfehlung des DSB-Präsidenten Manfred von Richthofen an den DSV gegeben. Darin hieß es, dass man "mit den Trainern Hinze, Bock und Ullrich kein festes Anstellungsverhältnis entstehen" lassen solle, "solange der gegen sie bestehende dringende Verdacht der persönlichen tatsächlichen Beteiligung an der systematischen Verabreichung von Dopingmitteln an Aktive nicht ausgeräumt ist".

Kurt Hinze, der erste Chefcoach der neuen deutschen Biathlon- Mannschaft, trat zum Jahresende 1991 zurück. Ullrich ist seit 1998 Cheftrainer der Biathlon-Herren. "In all den Jahren, in denen Frank Ullrich als Trainer für den Deutschen Skiverband tätig war, unterstützte er in vollem Umfang die Anti-Dopingpolitik des Verbandes", erklärte der DSV.

Quelle: ntv.de, Von Volker Gundrum, dpa

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