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Wut, Trauer und Trost VfB mit dem Rücken zur Wand

Der deutsche Fußball-Meister VfB Stuttgart ist in der Champions League nur ein Spielball und kann sich bei den Weltstars des FC Barcelona für die gnädige Behandlung bedanken. Trotz seiner besten Saisonleistung hatte der Bundesligist beim 0:2 (0:0) gegen Ronaldinho, Lionel Messi, Thierry Henry und Co. keine Chance. Nach der zweiten Niederlage geht es für die Schwaben nun im dritten Gruppenspiel am 23. Oktober gegen Schlusslicht Olympique Lyon bereits ums Überleben in der Königsklasse. "Jetzt müssen wir Lyon schlagen. Wenn Barcelona in Glasgow gewinnt, dann ist wieder alles offen", meinte Mario Gomez. Noch nie ist ein deutscher Meister mit zwei Niederlagen gestartet.

Der Nationalstürmer und "Fußballer des Jahres" verbarg seinen Unmut nicht: "Es kotzt mich an, dass unsere guten Leistungen jedes Mal kaputtgemacht werden." Gomez verkörperte den Unterschied zum zweimaligen "Weltfußballer des Jahres" Ronaldinho, zum Argentinier Messi, der diese Auszeichnung vielleicht 2007 bekommt, und zum französischen Vize-Weltmeister Henry: Der Deutsch-Spanier ackerte gegen seinen Lieblingsverein wie selten zuvor, vergab auch eine Riesenkopfballchance (33. Minute), offenbarte aber technische Schwächen - und blieb im Endeffekt ohne Wirkung.

Gomez war nach der Lektion durch die Katalanen als einer der wenigen richtig angefressen. "Das ist zum x-ten Mal, dass wir durch eine verdammte Standardsituation ein Tor kassiert haben." Das Abstaubertor durch Carles Puyol (53.) war der Anfang vom Ende für den VfB. Der überragende Messi legte in der 67. Minute noch nach. Richtig aufgedreht hatte der Tabellenführer der Primera Divison nur 20 Minuten lang in der ersten Halbzeit - da wurde es den Stuttgartern aber richtig schwindelig. "Viele Pässe, viele Dribblings, viele Chancen. Aber in der Phase haben wir es versäumt, das Spiel zu töten", analysierte Trainer Frank Rijkaard später bildreich.

"Auch wir hätten in Führung gehen können", sagte VfB-Manager Horst Heldt. Den 51.300 Zuschauern blieb jedoch der Klassenunterschied zwischen den Schwaben und Katalanen nicht verborgen. "Bara schlägt den direkten Weg ins Achtelfinale ein. Ein Sieg mit einem Lächeln, aber auch mit Tränen", titelte die Zeitung "Sport", weil Puyol und der Mexikaner Rafael verletzt raus mussten.

Dafür fand sich Ronaldinho nach zweiwöchiger Zwangspause und vielen Schlagzeilen um sein angeblich turbulentes Nachtleben wieder gut ein. Der Brasilianer hatte zur moralischen Unterstützung seine Schwester Deisy dabei, die zuletzt zum Champions-League-Finale 2006 nach Paris mitgereist war. "Ronaldinho antwortete seinen Kritikern auf dem Platz. Er enttäuschte nicht und gab mehrere Pässe, die zu Toren hätten führen können. Sein Kopfball leitete das 1:0 ein", schrieb "El Mundo Deportivo". Der Ballzauberer verließ nach dem Sieg, die Ohrstöpsel seines IPods demonstrativ eingesteckt, wortlos das Daimlerstadion. "Er hat sich gut eingefügt, das ist eine gute Nachricht", meinte Rijkaard.

Um positive Erkenntnisse bemühte sich auch der in der Bundesliga kriselnde VfB, der in der Bundesliga auf Hannover 96 trifft. "Insgesamt bin ich nicht unzufrieden mit der Leistung", sagte Trainer Armin Veh nach der ersten Heimniederlage seit dem 1:3 gegen Borussia Dortmund am 26. August 2006. Nationalspieler Roberto Hilbert meinte gar: "Wir können stolz sein, wie wir heute gespielt haben." Für die Fans war die Partie so etwas wie großes Kino: einfach schön anzusehen. Allein die Anzeigetafel vor dem Stadion, wo das Datum und die Partie angezeigt wurden, waren ihnen viele Fotos wert. Die VfB-Spieler trugen die hellblauen Trikots des FC Barcelona in die Kabine - nicht als Trophäe, sondern als Trost.
Von Ulrike John, dpa

Quelle: ntv.de

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