Alle Profiligen pausieren Virus macht Bullenreiten zum US-Trendsport
14.03.2020, 18:27 Uhr
Bullenreiten ist ein ur-amerikanischer Sport - und findet tatsächlich noch statt.
(Foto: imago images/MediaPunch)
In Kanada und den USA sind die Sporthallen leer, die Stadien verwaist. Nichts geht mehr. Das Coronavirus hat Ligen wie die NBA und NHL lahmgelegt. Dafür gibt's jetzt eine ur-amerikanische Sportart im TV zu sehen: Bullenreiten.
Bis zum Mittwochabend war in Nordamerikas Profisport noch alles einigermaßen normal. Okay, die Golden State Warriors aus der Basketballliga NBA sowie die San Jose Sharks und Columbus Blue Jackets aus der Eishockeyliga NHL hatten angekündigt, aufgrund des Coronavirus ihre Heimspiele ohne Zuschauer auszutragen - mehr aber auch nicht.
Doch dann ging alles plötzlich ganz, ganz schnell. Während sich in Deutschland die DFL krümmte, verbog und zigmal um die eigene Achse drehte, um die Spiele der Ersten und Zweiten Bundesliga doch noch irgendwie auszutragen, hatten zwischen Vancouver und Washington innerhalb von nicht einmal 20 Stunden alle Ligen ihren Spielbetrieb unterbrochen oder sogar die Saison beendet.
Das Bemerkenswerte: weder in der NHL, noch der Major League Baseball (MLB), der Major League Soccer (MLS) und auch nicht in der Nationalen College-Sportvereinigung NCAA hatte es infizierte Sportler gegeben. Einzig in der NBA war an jenem Mittwochabend bekanntgeworden, dass es bei Rudy Gobert von den Utah Jazz einen positiven Test gegeben hatte. Die geplante Partie bei den Oklahoma City Thunder wurde deshalb kurz vor Spielbeginn abgesagt, das gesamte Team umgehend unter Quarantäne gesetzt und die NBA-Saison "bis auf Weiteres" ausgesetzt. Inzwischen ist bekannt, dass Gobert seinen Mitspieler Donovan Mitchell angesteckt hat.
Vorsorgliche Unterbrechungen
Dass auch die NHL und MLS ihren Spielzeiten unterbrachen, die MLB alle Vorbereitungsspiele strich sowie den für den 26. März geplanten Saisonstart um mindestens zwei Wochen verschob und die NCAA gar ihre populäre und prestigeträchtige Basketball-Meisterschaft, "March Madness" absagte, geschah alles vorsorglich. Als Schutzmaßnahme. Das Gleiche gilt für die PGA, die alle Golfturniere der kommenden Wochen gecancelt hat - darunter auch das Masters von 9. bis 12. April in Augusta. Und am Freitag wurde der älteste Städte-Marathon der Welt, der Boston Marathon, erstmals in seiner 124-jährigen Geschichte verschoben - vom 20. April auf den 14. September.
Somit sind die Hallen leer, Stadien verwaist, Spieler in vorsorglicher Quarantäne. Der Sport in Kanada und den USA steht still. Seine Stars und Sternchen haben ungewollt Pause. Und niemand kann derzeit sagen, wann sie wieder ihren Bühnen betreten werden. Die Auszeit werde "mindestens 30 Tage" andauern, teilte NBA-Commissioner Adam Silver mit. Sein NHL-Pendant Gary Bettman ließ wissen, dass es Ziel sei, "den Spielbetrieb wieder aufzunehmen, damit wir die Saison abschließen und den Stanley Cup vergeben können" - allerdings erst, "wenn es angebracht und weise ist."
Ligen im Gegensatz zur Bundesliga flexibler
Beide Ligen haben knapp drei Viertel ihrer jeweils 82 Spieltage umfassenden Vorrunden absolviert. In der NHL sollten die Playoffs am 8. April beginnen, die NBA wollte zehn Tage später in ihre K.-o.-Runde starten. Ob beide Termine zu halten sind und ob die Vorrunden zunächst zu Ende gespielt werden oder sofort mit den Playoffs begonnen wird? Fragen, die Fans und Verantwortliche derzeit genauso interessieren, wie die Fernsehmacher - auf die jedoch niemand eine Antwort geben kann.
Das Gute: Im Gegensatz zur Fußball-Bundesliga sind die nordamerikanischen Profiligen flexibler. Für sie gibt es im Sommer keine großen Kontinental-Turniere, wie die Europameisterschaft. Und so hat Mark Cuban, Besitzer der Dallas Mavericks bereits angekündigt, dass er sich die NBA-Playoffs "durchaus auch im August" vorstellen könne. Allerdings gibt es bei diesem Szenario ein Problem: die Spielerverträge enden in der NBA und der NHL am 30. Juni. Und wer keinen Kontrakt über dieses Datum hinaus hat, wäre somit ab dem 1. Juli vereinslos.
Nordamerikas Sportindustrie ungefähr "100 Milliarden Dollar" wert
Natürlich geht es bei dieser Corona-Pause auch um's Geld. Die Ligen sind Big Business, setzten Milliarden von Dollar um. Wie teuer könnte die Unterbrechung werden? Wie viel Geld den Vereinen entgehen? Marty Conway, Professor für Sport- und Business-Management an der George Washington Universität, beziffert gegenüber der Tageszeitung "Boston Globe" den Wert der Sport-Industrie in Nordamerika auf "ungefähr 100 Milliarden Dollar." In einer ersten Schätzung geht er davon aus, dass das Minus "zwischen 100 und 300 Millionen Dollar, also eins bis drei Prozent" betragen könnte. Allerdings sei das nur eine Vermutung und hänge davon ab, wie lange die Ligen pausieren würden.
Wirtschaftsprofessor Andrew Zimbalist vom Smith College in Massachusetts vermeidet derartige Prognosen, da derzeit einfach nicht absehbar sei, wann die Pandemie überstanden sei. "Es kann einen Monat sein, es können aber auch drei oder vier Monate werden. Vielleicht sogar noch mehr. Wie soll man das unter diesen Umständen vorausberechnen?"
Nun kann das Pech des einen ja bekanntlich das Glück des anderen sein. Da die etablierten Sportarten ausfallen, rücken andere nach. So zeigt der Kabel-Sender CBS Sports Network anstelle der geplanten Übertragungen aus NBA, NHL, MLS und vom College Basketball etwas Ur-Amerkanisches: Bullenreiten. Der Verband der Internationalen Berufs-Bullenreiter (PBR) ist in Duluth/Georgia zu Gast. Wegen des Coronavirus dürfen zwar keine Zuschauer in die Halle - doch CBS hat seine Kamera-Teams vor Ort und sendet insgesamt dreieinhalb Stunden live. Echte Bullen, statt Chicago Bulls.
Quelle: ntv.de