Absturz der Hannover Scorpions Vom Meister zum Rekord-Verlierer
01.02.2012, 17:43 UhrMit der zwölften Heimpleite in Folge stellen die Eishockeyspieler aus Hannover den Negativrekord der Füchse Weißwasser aus der Saison 1995/96 ein. Knapp zwei Jahre nach der Deutschen Meisterschaft sind die Niedersachsen ganz unten angekommen.
Als die Pleitenserie der Hannover Scorpions Rekordausmaße angenommen hatte, wähnte sich der Trainer am falschen Ort. "Wie im Gruselkabinett" fühlte sich Toni Krinner nach dem 2:3 gegen Augsburg. Mit der zwölften Heimniederlage in Folge hatten die Niedersachsen nicht nur den Negativrekord der Deutschen Eishockey Liga eingestellt, sie sind auch knapp zwei Jahren nach der Meisterschaft ganz unten angekommen.
"Nach dem Titel gab es aus finanziellen Gründen einen Umbruch. Wir haben die Qualität, die wir verloren haben, nicht kompensieren können", sagt Geschäftsführer Marco Stichnoth. "Wir haben ein richtiges Seuchenjahr." Unterm Strich bleibt die längste Heimniederlagenserie in der DEL seit 16 Jahren, als die Füchse Weißwasser ebenfalls zwölfmal am Stück verloren. Und die Tatsache, dass die Scorpions den Langzeitletzten Nürnberg Ice Tigers abgelöst haben. "Das Selbstvertrauen ist weg, selbst im Training geht der Puck nicht ins Tor."
Der personelle Schnitt nach dem Titelgewinn 2010, als nur sechs Spieler blieben, ist ein Grund für den Absturz. Die enttäuschenden Leistungen der Führungsspieler sind ein zweiter. "Unsere Säulen sind nicht in der Lage, das aufs Eis zu bringen, was sie sonst aufs Eis bringen", sagte Stichnoth. Beispiel Ex-Nationalspieler Sascha Goc: Der 32 Jahre alte Verteidiger, der in den vergangenen drei Jahren 72 Tore erzielte, davon die Hälfte im Powerplay, hat es in dieser Saison viermal getroffen. Die Erfolgsquote in Überzahl ist von 21 Prozent in den vergangenen beiden Spielzeiten auf zwölf Prozent gesunken. "Das ist in engen Spielen entscheidend."
Auch Trainer Krinner steht in der Kritik
Für viele Beobachter ist auch Trainer Krinner einer der Gründe für den Niedergang. Dem Nachfolger des Meistermachers Hans Zach fehle, so Insider, in der Mannschaft die hundertprozentige Unterstützung. "Er hat keine schwerwiegenden Fehler gemacht", sagt Stichnoth. Ob der Bad Tölzer seinen Vertrag allerdings auch in der nächsten Saison erfüllen darf, ist noch offen. In Kürze lädt Scorpions-Boss Günter Papenburg Stichnoth und Krinner zum Rapport. Dann geht es nicht nur um die triste Gegenwart, sondern auch um die Zukunft.
Der Bauunternehmer, der in den vergangenen Jahren einen zweistelligen Millionenbetrag zugeschossen hat, sagt: "Wir planen für die DEL." Allerdings sagt er auch: "Etat und Leistung passen nicht zusammen." Mit einem Budget von 5,5 Millionen Euro, davon drei Millionen für Spielergehälter, liege man "immer noch in der oberen Hälfte der Liga". Trainer Krinner, den der Mäzen stets gegen Kritik verteidigte, sieht er als einen der Verantwortlichen: "Er hat alle Spieler bekommen, die er haben wollte. Das Ergebnis ist enttäuschend."
Nachdem der Etat schon vor der Saison um rund eine Million gekürzt worden war, ist im Sommer noch einmal mit dem Rotstift zu rechnen. "Wir müssen langfristig junge Leute aufbauen, wie es uns andere Klubs vormachen." Doch zunächst geht es darum, die völlig verkorkste Saison ordentlich zu Ende zu bringen. Platz zehn, der zur Teilnahme an den Vor-Play-offs berechtigt, ist elf Spiele vor Schluss 21 Punkte entfernt - unerreichbar. "Die Spieler sind gefordert", sagt Stichnoth. "Wenn sie so weitermachen, nimmt sie nächste Saison ja keiner mehr."
Quelle: ntv.de, Thomas Lipinski, sid