Mehr Fans hat keiner WM-Favorit Liu Xiang
29.08.2007, 12:41 UhrAls Liu Xiang erstmals über die Hürden gestürmt war, herrschte in den Katakomben des Nagai-Stadions von Osaka der bisher größte Medienauflauf. Für den Olympiasieger und Weltrekordler sind die Weltmeisterschaften in Osaka ein Probelauf für Peking 2008. Dort wird auf dem populärste Sportler Chinas ein mindestens so großer Druck lasten wie in Sydney 2000 auf Cathy Freeman, die nach ihrem Triumph über 400 Meter von den Australiern in den Himmel gehoben wurde. Liu Xiang, so sagte Helmut Digel als Funktionär des Leichtathletik-Weltverbandes, "ist der bestverdienende Leichtathlet, den es je gab."
Der chinesische Verband schreibt dem Sprinter vor, wie viel Geld er mit Werbung verdienen darf: fünf Verträge in einem Jahr über jeweils 10 Millionen Yuan (eine Million Euro). Vor seinem Olympiasieg 2004 in Athen waren es 300.000 Yuan (30.000 Euro). Doch Liu Xiang selbst will darüber nicht reden. "Jeder weiß, dass Leichtathleten nicht so gut bezahlt werden. Geld bedeutet für mich nur irgendwelche Zahlen", erklärte er. "Ich will mein normales Leben behalten. Man kann ja nur ein T-Shirt tragen und keine zehn."
Der erste Leichtathletik-Olympiasieger Chinas verursacht in seiner Heimat einen Menschenauflauf, wo immer er auftaucht. An seine Berühmtheit kommt allenfalls Basketballer Yao Ming von den Houston Rockets heran. "Liu Xiang ist der am meisten bewunderte Star in China. Er zeigt Rückgrat. Zum Beispiel würde er niemals Werbung für japanische Produkte machen, egal wie viel sie ihm bezahlen", erklärte ein Fan in einem Internetforum.
Als Liu Xiang kürzlich zufällig mit der chinesischen Fußball-Nationalmannschaft im Flugzeug saß, umringten die Reporter zunächst den Kicker Dong Fangzhuo. Als einer rief: "Da ist Liu Xiang", stürzten alle zu dem Hürden-Ass hin und ließen sich auch nicht von Liu Xiangs Trainer abwimmeln, der meinte, sein Schützling sei müde.
Verrückt machen lässt sich der am 13. Juli 1983 in Schanghai geborene Athlet nicht. "Natürlich spüre ich den Druck, aber Olympia ist nicht alles", sagt er auf die immer wieder gestellte Frage nach Peking 2008. Zumal er erstmal seine Mission in Japan erfüllen will. Nach Bronze 2003 in Paris und Silber 2005 in Helsinki hinter dem Franzosen Ladji Doucour fehlt ihm noch WM-Gold. Vize-Europameister Thomas Blaschek würde dem Weltrekordler (12,88 Sekunden im Juli 2006 in Lausanne) den Titel gönnen. "Er ist ein anständiger Athlet. Die Amerikaner und Jamaikaner haben diese Arroganz, aber Liu Xiang hampelt nicht herum, auch wenn er Weltrekord gelaufen ist."
Ulrike John und Andreas Landwehr, dpa
Quelle: ntv.de