Sport

Matschiner gesteht Dopingbeschaffung "Welt des Sports ist scheinheilig"

Im österreichischen Dopingskandal geht der frühere Sportmanager Stefan Matschiner, acht Sportler mit Dopingpräparaten versorgt zu haben. Manipulationen würden laut Matschiner bis "in höchste Funktionärskreise" gedeckt. Seine Aussagen erinnern dennoch an das Minimalgeständnis der ehemaligen T-Mobile-Radprofis - und sie widersprechen den Aussagen seines früheren Klienten Bernhard Kohl.

Sportmanager Stefan Matschiner ließ seinen Klienten eine allzu umfassende Betreuung angedeihen - und sah das auch als seine Pflicht an.

Sportmanager Stefan Matschiner ließ seinen Klienten eine allzu umfassende Betreuung angedeihen - und sah das auch als seine Pflicht an.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

In der bisher größten Dopingaffäre im österreichischen Sport hat sich der ehemalige Sportmanager Stefan Matschiner vor dem Wiener Landesgericht teilweise schuldig bekannt. "Die Welt des Sports ist eine scheinheilige. Doping steht auf der Tagesordnung wie Frühstück", sagte der 35-jährige Österreicher beim Auftakt des Prozesses. Er gab zu, zwischen 2005 und 2008 insgesamt acht von ihm betreuten Sportlern illegale Präparate gegeben zu haben, darunter EPO, Testosteron und Wachstumshormone, berichtete die Nachrichtenagentur APA.

Bei einigen Athleten habe er "die Management-Komponenten mit der medizinischen Komponente kombiniert", erklärte er. In diesem Zusammenhang nannte Matschiner den des Doping überführten früheren Radprofi Bernhard Kohl, dessen ehemaligen Teamkollegen Markus Zberg und die Triathletin Lisa Hütthaler. Die übrigen fünf Sportler wollte Matschiner nicht namentlich preisgeben, um sie zu schützen. Der Sportmanager war Ende März 2009 festgenommen und fünf Wochen später wieder aus der Untersuchungshaft entlassen worden. Ihm drohen bis zu drei Jahre Haft.

In Wien führte er nun weiter aus, er habe den Sportlern nur "Minimaldosen" überlassen, die nicht gesundheitsschädlich seien. Zudem habe er sich mit der Weitergabe der Doping-Mittel nicht bereichert und sich "nicht als Dealer gesehen", betonte der Ex-Manager: "Doping war für mich keine Einnahmequelle, sondern Mittel zum Zweck." Der Zweck war, höhere Einnahmen über den sportlichen Erfolg seiner manipulierten Athleten zu generieren. Er erhielt sechs bis acht Prozent von deren Einnahmen aus Preisgeldern, Sponsoren-Verträgen und sonstigen Aktivitäten.

Kohl, der am Nachmittag in dem Prozess aussagte, belastete den Ex-Manager hingegen schwer. "Für mich hat er das Ganze organisiert, für mich war er die zentrale Figur", sagte er vor Journalisten. Als Zeuge betonte er, er habe Matschiner innerhalb von drei Jahren verbotene Dopingpräparate im Wert von 50.000 bis 70.000 Euro abgekauft. Als er 2005 einen Profivertrag im T-Mobile-Team bekam, "habe ich gewusst, dass ich das Doping auf professionelle Beine stellen muss, wenn ich in die oberste Liga will", sagte der frühere Radsportler vor Gericht.

Keine Aussagen zum Blutdoping

Zum Vorwurf des Blutdopings im Sinne des im Sommer 2008 in Kraft getretenen neuen österreichischen Anti-Doping-Gesetzes legte der Ex-Manager kein Geständnis ab. Er soll mit einer eigens angeschafften Blutzentrifuge noch Ende September 2008 Blutdoping betrieben haben. Diese soll von Kohl, dem dänischen Radprofi Michael Rasmussen und dem Langlauf-Olympiasieger Christian Hoffmann mitfinanziert worden sein.

Radprofi Bernhard Kohl bezichtigt Matschiner verbotener Vorgänge in Linz. Der bestreitet dies.

Radprofi Bernhard Kohl bezichtigt Matschiner verbotener Vorgänge in Linz. Der bestreitet dies.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Laut Kohl sei es am 22. September 2008 in Linz zu verbotenen Vorgängen gekommen. Matschiner sagte jetzt jedoch, er habe sich zu dieser Zeit zu PR-Zwecken in Belgrad befunden. Zum Beweis legte er einen entsprechend gestempelten Reisepass vor, der nun kriminaltechnisch untersucht werden soll. Er habe in Österreich nur so lange Blutdoping betrieben, bis dies per Gesetz verboten wurde. Noch vor Inkrafttreten der neuen Regeln habe er das Gerät zunächst nach Slowenien und dann nach Ungarn gebracht, wo Blutdoping nicht verboten ist. Demnach läge keine Straftat vor.

Minimalgeständnis in Wien

Matschiners Ausführungen erinnern an die Dopinggeständnisse mehrerer ehemaliger Telekom-Profis im Frühjahr 2007. Damals hatten unter anderem Erik Zabel, Rolf Aldag, Udo Bölts, Bert Dietz und Christian Henn Doping beim Team Telekom eingeräumt. Allerdings hatten die Geständnisse keine Konsequenzen, da die Fahrer ihre Karriere bereits beendet hatten oder die eingeräumten Manipulationen wie im Fall Zabel (einmalig im Jahr 1996) bereits verjährt waren. Aldag, wie Henn weiterhin als sportlicher Leiter im Radsport tätig, hatte seinen verrufenen Sport erst im Mai in der "FAZ" für das Blutpass-Programm gelobt und erklärt: "Der Radsport leistet im Kampf gegen Doping am meisten im Vergleich mit fast allen anderen Sportarten."

Ernsthafte Zweifel an der Konsequenz des Blutpass-Programms des Radsport-Weltverbandes UCI sind jedoch spätestens seit dem Wochenende angebracht. Auch Matschiner erklärte, es sei nicht glaubhaft, dass bei der Tour de France 2009 und 2010 offiziell kein einziger Radfahrer positiv auf Doping getestet wurde. Darüber könne er "nur den Kopf schütteln". Seine Erklärung: Es sei so gewollt gewesen, weil Doping bis "in höchste Funktionärskreise" gedeckt werde.

Diese Sichtweise deckt sich mit den Aussagen des Radprofis Thomas Frei nach Bekanntwerden seines positiven Dopingtests auf Epo im Frühjahr dieses Jahres. Der Schweizer, mit 25 Jahren mutmaßlich ein Fahrer aus der neuen und sauberen Generation, erklärte, dass man die Kontrolleure nach wie vor äußerst simpel austricksen kann. Er selbst sei "nur aus eigener Nachlässigkeit" erwischt worden, sagte er der "Neuen Zürcher Zeitung". Hätte er vor seiner Kontrolle genug Flüssigkeit getrunken, wäre er nicht positiv auf Epo getestet worden - und würde natürlich weiterdopen. Laut Frei sei ein positiver Dopingtest die einzige Chance, aus dem System Radsport und dem immanenten Zwang zum Doping zu entkommen. Wenn man denn entkommen will.

Quelle: ntv.de, cwo/dpa

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