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Corona entfacht Online-HypeWie der Schach-Weltmeister die Krise nutzt

15.04.2020, 17:16 Uhr
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Carlsen ist aktuell Weltmeister im klassischen Schach, Schnellschach und Blitzschach. (Foto: imago images/Bildbyran)

Schachspielen ist so beliebt wie lange nicht mehr, viele Menschen vertreiben sich die Zeit zu Hause damit. Weltmeister Magnus Carlsen will das nutzen: mit einem Turnier, bei dem es um eine Viertelmillion Euro geht. Dabei geht es ihm allerdings nicht nur ums Sportliche.

Schach-Weltmeister Magnus Carlsen will den Globus nun auch online erobern - als Treibstoff hat der clevere Norweger mitten in der Coronavirus-Krise schnell mal ein Superturnier aus dem Ärmel geschüttelt. Der Champion war schon immer umtriebig - in der prekären Situation sieht der 29 Jahre alte Norweger auch eine große Chance für das königliche Spiel: "Das ist ein historischer Moment für Schach. Es ist möglich, den Profisport in einer Online-Umgebung fortzuführen." Deshalb, so betonte er, habe man nicht nur die Möglichkeit, "sondern auch die Verantwortung gegenüber den Spielern und Fans, die während der Abstinenz anderer Live-Sportarten eine Ablenkung brauchen". Den Worten ließ Carlsen nun Taten folgen.

Vom 18. April bis zum 3. Mai findet das erste nach ihm benannte Einladungsturnier mit acht der weltbesten Großmeister statt. Es werden Partien mit verkürzter Bedenkzeit gespielt; der Preisfonds ist mit 250.000 Dollar üppig. Schach geht immer. Derzeit profitiert das Spiel auf den 64 Feldern angesichts der Corona-Pandemie auf ungeahnte Weise von der weltweiten Periode der Entschleunigung. So viele Menschen wie nie bekämpfen ihre durch Quarantäne ausgelöste Langeweile im Internet - und das auch mit Schachspielen.

Das Kalkül hinter der Initiative

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Mit Maxime Vachier-Lagrave und Fabiano Caruana sind zwei der besten Schachspieler der Welt am Start. (Foto: imago images/ITAR-TASS)

Die größten Portale melden Rekordzugriffe. Die sehr beliebte Webseite lichess.org nähert sich der Marke von 100.000 Spielern, die zur gleichen Zeit online sind. Verbände und Vereine organisieren für ihre Mitglieder Turniere und Events im Netz, als gäbe es kein Morgen mehr. Carlsen wollte dem in nichts nachstehen - und führt nun die Bewegung an. "Schach ist ein einzigartiger Sport. Die Züge sind gleich, egal ob sie auf einem Brett aus Holz oder auf einem Computerbildschirm ausgeführt werden", meinte die Nummer Eins der Schachwelt, seit 2004 Großmeister und seit 2013 Weltmeister. Hinter Carlsens Äußerungen steckt aber auch eine Menge Kalkül.

Sein Einladungsturnier dient ihm als perfekte Werbemaßnahme für seine zahlreichen Unternehmen, an denen er inzwischen beteiligt ist. 2014 fing alles mit der App "Play Magnus" an, mit der User auf verschiedenen Niveaus, die sich am jeweiligen Alter Carlsens orientieren, gegen ihr Idol spielen können. Im Vorjahr baute das Carlsen-Team sein Konglomerat mit der Übernahme des profitablen E-Book-Verlags Chessable und der Internet-Plattform Chess24 aus. Dort werden nun auch die Partien des Turniers übertragen. Damit die ganze Welt nicht nur zuschaut, sondern auch zuhört, wird alles in neun Sprachen kommentiert. Als letzte kam Chinesisch hinzu: die Sprache jenes Landes, wo Corona seinen Anfang nahm.

Neben Carlsen starten fünf Spieler, die beim WM-Kandidatenturnier, das Ende März im russischen Jekaterinburg nach der Halbzeit abgebrochen wurde, dabei waren. Fabiano Caruana ist einer von ihnen, doch im Schnellschach gehört der Amerikaner zu den Außenseitern. Carlsens stärkster Konkurrent - auf dem Papier - ist der Franzose Maxime Vachier-Lagrave, der das Kandidatenturnier nach sieben Runden anführt. Noch weiß keiner in der weiten Schachwelt, wann der Wettbewerb fortgeführt wird.

Quelle: ntv.de, Georgios Souleidis und Ralf Jarkowski, dpa

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