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Brown begeistert die Tenniswelt Der "Rasta-Man" rockt in Wimbledon

Da kannste dich schonmal freuen: Dustin Brown hat Rafael Nadal aus dem Turnier in Wimbledon geschossen.

Da kannste dich schonmal freuen: Dustin Brown hat Rafael Nadal aus dem Turnier in Wimbledon geschossen.

(Foto: imago/Hasenkopf)

Dustin Brown kennt nur eines: Immer feste drauf. Das Spiel des 30-Jährigen ist spektakulär. Mal geht's gut, oft geht's schief. Nur ein Mann ist ein Garant dafür, dass Browns Bälle mit hoher Präzision auf dem Court einschlagen: Rafael Nadal.

Dustin Brown fällt einfach auf. Geht vermutlich auch gar nicht anders. Er sieht nicht nur ganz anders aus als seine Kollegen, er spielt auch ganz anders. Dustin Brown kennt kein Halbgas. Wenn er auf dem Platz steht, dann dreht er seinen persönlichen Power-Regler immer bis zum Anschlag auf - pfeffert die Bälle mit einer irrwitzigen Wucht über das Netz, immer verbunden mit den besten Wünschen, die gelbe Kugel möge doch ins Feld gehen. Den Deutsch-Jamaikaner mit der wallenden Rasta-Mähne auf großer Bühne Tennisspielen zu sehen, ist ein Ereignis - ein eher seltenes allerdings. Denn so spektakulär er spielen kann, so unkonstant sind seine Leistungen auf hohem Niveau.

Dustin Brown ist 30 Jahre alt. In der Weltrangliste liegt er deutlich hinter Spielern wie Marsel Ilhan, Malek Jaziri oder Kimmer Coppejans - auf Position 102. Er war schon mal besser. Fast genau vor einem Jahr schlug er sich bis auf Platz 78 vor. Nicht schlecht, aber auch nicht so richtig gut. Auf Siege gegen Top-Spieler folgen sehr regelmäßig Niederlagen gegen völlige "No Names". Den Durchbruch in die absolute Weltspitze hat er bislang nicht geschafft. Dustin Brown ist ein Rätsel - und im Juli 2015 schreibt er seine rätselhafte Tennisgeschichte fort.

McEnroe: "Der Typ ist unglaublich"

Es ist Donnerstagabend, 19.41 Uhr Ortszeit in London: Brown, der sich über die Qualifikation ins Wimbledon-Hauptfeld spielen musste, wirft zum letzten Mal die gelbe Filzkugel in die Luft. Er trifft den Ball mit voller Wucht, der tickt im Feld seines Gegenübers Rafael Nadal noch einmal auf - dann ist Schluss. Ein Ass. Brown steht in Runde drei der All England Championchips. Das allein wäre schon eine Meldung wert. Dass der 30-Jährige den zweimaligen Wimbledon-Champion Nadal rausgehauen hat, macht die Nachricht umso spektakulärer. Und die Art und Weise wie er den Spanier förmlich verdroschen hat - 13 Asse und 58 Gewinnschläge -  macht den Sieg zur Sensation.

Zur Person: Dustin Brown
  • Dustin Brown, Spitzname "Dreddy" wurde am 8. Dezember 1984 in Celle geboren.
  • Brown ist in Deutschland als Sohn eines jamaikanischen Vaters und einer deutschen Mutter geboren und aufgewachsen, zog jedoch mit 11 Jahren nach Montego Bay in Jamaika
  • Zunächst vertrat er international Jamaika, legte 2010 die jamaikanische Staatsangehörigkeit jedoch ab und repräsentiert seitdem Deutschland.
  • Seine Karrierebilanz im Einzel: 26 Siege, 44 Niederlagen - seine erste Profisaison spielte er 2002,
  • Seine höchsten Weltranglistenplatzierung: 78 (16. Juni 2014)

Selbst die nie um Worte verlegene US-Tennis-Legende John McEnroe war nach dem Auftritt des Deutsch-Jamaikaners ziemlich baff, fand dann aber wieder zu sich und adelte: "Dieser Typ ist unglaublich. Das war einer der größten Auftritte, den ich je von einem Außenseiter in Wimbledon gesehen habe." Dustin Brown hat schon ein paar ähnlich gute Auftritte gehabt, vor allem auf dem von ihm geliebten Rasen. Zum Beispiel im vergangenen Jahr in Halle. Auch damals schlug er den frisch gekürten French-Open-Champion Nadal. Doch nach dem Sieg am Donnerstagabend sagte er: "Das ist der wahrscheinlich beste Tag in meinem Leben."

Entzücken und Mitleid

Dass die Nummer 102 der Welt diesen Satz erst im fortgeschrittenen Tennis-Alter sagen kann, hat Gründe. Die Leistungen des Mannes, der mit seinen Dreadlocks nicht nur optisch an Bob Marley erinnert, sondern auch großer Fan des Reggae-Musikers ist, vorherzusagen, ist ungefähr genau so schwierig, wie im Juli weiße Weihnachten zu prognostizieren. Wenn Brown auf dem Platz steht, weiß sein Gegenüber nicht, was ihn erwartet - außer einen Spieler, der immer mit hundertprozentiger Leidenschaft auf den gelben Ball eindrischt. Von gefühlvollen Zauberschlägen und Schlaggewittern von der Grundlinie, die die Zuschauer in Entzücken versetzen, bis zu kläglichen Versuchen, die einen fast mitleidig werden lassen, ist alles möglich. Ein ganz schmaler Grat zwischen Sieg und Niederlage - häufig mit negativem Ausgang. Aber was auch immer passiert. Es steht in keinem Lehrbuch. "Das passiert instinktiv", sagt er.

Und das muss wohl auch so sein. Denn Brown hat sich das Tennisspielen mehr oder weniger selbst beigebracht. Einen Trainer konnte er sich nie leisten. Ebenso wenig eine Unterkunft an den jeweiligen Spielorten. Und so zog er in jungen Jahren mit dem Campingwagen von Turnier zu Turnier. Dort war er immer mal wieder drauf und dran, in die Weltspitze vorzudringen, doch dann "fehlte der letzte, entscheidende Kick", sagt er selbst. Ob ihm der zweite Erfolg im zweiten Duell mit Nadal, der derzeit allerdings weit weg ist von seiner Topform und zum dritten Mal in Folge in Wimbledon gegen einen krassen Außenseiter verlor, nun zum endgültigen Durchbruch verhilft? Möglich. Möglich ist aber auch, dass er nach dem Drittrundenspiel gegen den Serben Victor Troicki am Samstag die Tasche packt, ein bisschen Bob Marley hört und mal wieder für längere Zeit von der ganz großen Tennis-Bühne verschwindet. Es wäre typisch. Typisch Brown.

Quelle: ntv.de

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