Ratlos, resigniert, hilflos Ziege vor der Entlassung
19.10.2010, 12:22 Uhr
Christian Zieges Job hängt am seidenen Faden.
(Foto: dpa)
Ohne Sieg kein Job: Die Tage von Trainer Christian Ziege bei Arminia Bielefeld sind gezählt. Altbekannte Mechanismen werden wohl in den kommenden Tagen greifen. Bielefelds Schatzmeister räumte seinen Posten bereits freiwillig.
Christian Ziege schaute reichlich belämmert drein. Der Fußball-Europameister von 1996 fühlt sich bei Arminia Bielefeld derzeit wie im falschen Film und muss stündlich mit einem schlimmen Ende rechnen. „Es ist wie bei 'Täglich grüßt das Murmeltier'. Du arbeitest, machst und tust, und nach 15 Minuten ist die Arbeit von 14 Tagen für die Katz“, sagte der frustrierte Coach und fixierte auf der Pressekonferenz nach dem 1:3 (0:3) gegen den MSV Duisburg einen Punkt in weiter Ferne. Zieges Entlassung steht wohl kurz bevor.
„Wir werden mit Christian Ziege in dieser Woche ein ernsthaftes Gespräch führen“, sagte Vereinspräsident Wolfgang Brinkmann. Seine Aussage vom Vorabend, der Trainer stehe nicht zur Disposition, hielt er nicht mehr aufrecht. Ziege sei allerdings „nicht alleinverantwortlich“ für die Krise. „Zum jetzigen Zeitpunkt“, also noch vor dem Krisengipfel, sagte Brinkmann, gehe er davon aus, dass Ziege am kommenden Wochenende auf der Bank sitzen werde.
Ziege muss aufpassen, was er sagt
Doch der saß auf der Alm dermaßen resigniert im Presseraum, dass zu befürchten steht, er wird selbst die Brocken hinwerfen. „Ich muss aufpassen, was ich sage“, erklärte er, wurde dann aber doch überdeutlich: „Man kann sich den Mund fusselig reden. Wenn die Spieler nicht kapieren, dass sie es umsetzen müssen, tut es mir leid.“ So klingt Hilflosigkeit. Und einen hilflosen Trainer kann der Tabellenletzte nun am wenigsten gebrauchen.
Das weiß auch Gerhard Weber. „Wir müssen jetzt überlegen, welchen Schritt wir tätigen“, sagte das Aufsichtsratsmitglied. Das Ergebnis ist vorgezeichnet, denn es gibt kaum Hoffnung auf eine Wende. „Ich habe gedacht, schlechter als in Paderborn geht es nicht. Aber die Jungs haben noch einen draufgesetzt“, sagte Ziege ratlos. Nach 15 Minuten lag seine Mannschaft sang- und klanglos mit 0:3 hinten. Die Fans pfiffen sich die Seele aus dem Leib, sie sangen spöttisch: „So ein Tag, so wunderschön wie heute...“
Brinkmann weiß, was zu tun ist
Es könnte einer der letzten Arbeitstage von Christian Ziege in Bielefeld gewesen sein. Ein Impuls von außen scheint nötig, um das Ruder herumzureißen. „Es ist nicht in Worte zu fassen, mir reicht es langsam, jedes Mal das Gleiche zu erzählen“, sagte Verteidiger Arne Feick. „Wir wollen es die ganze Saison ja schon besser machen, kriegen es aber einfach nicht hin.“
Da es aber nicht möglich ist, die schlafmützige Mannschaft komplett auszutauschen, werden auf der Alm bald die altbekannten Mechanismen greifen. „Das ist ein Zweikampfverhalten wie bei einer Schülermannschaft. Die brauchen ganz schnell einen neuen Trainer“, sagte der ehemalige Publikumsliebling Ansgar Brinkmann nach dem schlechtesten Saisonstart der Ostwestfalen seit 1987.
Das Arminia-Urgestein brachte auch gleich einen Nachfolger für den erfolglosen Ziege ins Spiel: „Die sollen den Uwe Rapolder anrufen. Der kommt sofort und mischt den Laden richtig auf.“ In diesem Fall hätte sich Brinkmann ein Vermittlungshonorar verdient.
Mamerow schmeißt hin
Sportlich geht die Talfahrt ungebremst weiter und auch der erst vor wenigen Wochen eingeschlagenen Konsolidierungskurs der finanzschwachen Ostwestfalen muss einen Rückschlag verkraften. Schatzmeister Andreas Mamerow ist am Montag überraschend von seinem Amt zurückgetreten. Der Geschäftsmann hatte in vorderster Front die Konzepte zur Konsolidierung angeschoben und großen Anteil daran, dass Bielefeld dank eines beispiellosen Kraftaktes doch noch die Lizenz für die 2. Liga erhielt und eine Insolvenz abwenden konnte.
Mamerow nannte für seinen Rücktritt private Gründe. Er müsse sich aufgrund der Krankheit eines Geschäftspartners verstärkt um sein Unternehmen kümmern. Mamerow war seit 2005 Mitglied im Arminia-Präsidium und seit Juni 2009 Schatzmeister. „Es wird sehr schwer, diese Lücke entsprechend zu schließen“, sagte Arminia- Präsident Wolfgang Brinkmann.
Quelle: ntv.de, sid/dpa