Kein Tennismärchen in Hamburg Zverev verliert krachend und lernt
20.07.2014, 12:00 Uhr
Alexander verhinderte die Höchststrafe gerade so.
(Foto: AP)
Für den 17-Jährigen Alexander Zverev scheint am Hamburger Rothenbaum alles möglich, Runde um Runde kämpft sich die deutsche Tennis-Hoffnung in Richtung Finale. Doch kurz vorher ist Schluss - weil ihm ein Weltklassespieler deutlich die Grenzen aufzeigt.
Die Lehrstunde dauerte nur 55 Minuten: Unsanft landete Jungstar Alexander Zverev nach seinem Höhenflug in Hamburg auf dem Boden der Realität. Im Halbfinale des ATP-Turniers am Rothenbaum unterlag das 17 Jahre junge Ausnahmetalent dem spanischen Tennis-Weltklassespieler David Ferrer 0:6, 1:6. Da auch Philipp Kohlschreiber am Argentinier Leonardo Mayer scheiterte, müssen die Fans weiter auf den ersten Heimsieg seit 1993 warten. "David war einfach zu gut für mich. Ich habe gesehen, was mir noch fehlt", sagte Zverev: "So ein Tag hilft dabei, auf dem Boden zu bleiben, denn ich bin noch längst nicht dort, wo ich hin will."
Nach vier Siegen in Serie, seinen ersten Erfolgen auf der ATP-Tour, war Zverev gegen den 15 Jahre älteren Ferrer chancenlos. In seinem ersten Duell mit einem Top-10-Spieler verhinderte der 1,96 Meter große Schlaks die Höchststrafe nur mit Mühe. Zverev darf sich mit dem Preisgeld von 57.840 Euro und dem Sprung unter die besten 200 Spieler der Welt trösten. Zudem erfüllte er in Hamburg erstmals - und schneller als er es selbst gedacht hatte - die hohen Erwartungen, die viele Tennis-Experten in ihn setzen.
Zuletzt stand in Marin Cilic aus Kroatien vor acht Jahren in Gstaad ein 17-jähriger im Halbfinale eines ATP-Turniers. "Er spielt beeindruckend Tennis", lobte Ferrer seinen Gegner: "Er hat eine große Zukunft vor sich. Er wird es unter die Top-10 schaffen." Im Hamburger Halbfinale sei Zverev allerdings müde gewesen - so hatte Ferrer leichtes Spiel: "Die Erfahrung hat auch einiges ausgemacht."
Michael Stich von Youngster begeistert
Geht es nach Hamburgs Turnierdirektor Michael Stich, war der Rothenbaum nur der Anfang einer glanzvollen Karriere. Mache Zverev so weiter, stehe er "2016 oder 2017" bereits unter den besten zehn Spielern der Welt. "Wenn es früher ist, bin ich auch nicht böse drüber", sagte der Wimbledonsieger von 1991, der Zverev adelte: "Ich sehe sehr viel von mir in ihm."
Bundestrainer Carsten Arriens hat Zverev längst auf dem Zettel, vielleicht auch schon für den Davis Cup im kommenden Jahr. "Ein überragendes, außergewöhnliches Talent, er verbessert sich alle zwei Monate signifikant", schwärmte Arriens: "So einen deutschen Junior habe ich als Trainer noch nie gesehen." Auch Kohlschreiber traut dem Jungstar einiges zu. "Er spielt hervorragend Tennis", sagte der Augsburger: "Im Vergleich ist er deutlich stärker, als ich es in seinem Alter war." Kohlschreiber prophezeit Zverev "eine tolle Karriere, wenn er weiter so tennisverliebt bleibt".
Der ehemalige Davis-Cup-Spieler selbst hätte seiner Profi-Laufbahn in Hamburg einen weiteren Höhepunkt hinzufügen können. Gegen den Weltranglisten-46. Mayer vergab Kohlschreiber beim 5:7, 4:6 allerdings die Chance auf sein zwölftes Endspiel auf der ATP-Tour. Nach 1:28 Stunde kassierte Kohlschreiber seine dritte Niederlage im dritten Duell mit Mayer.
"Ich bin natürlich traurig, dass es nicht mit dem Finale geklappt hat", sagte Kohlschreiber: "Mir ist nicht alles leicht gefallen, ich konnte mein Spiel nicht so entfalten wie zuletzt. Aber Leo hat es gut gemacht und verdient gewonnen."
Quelle: ntv.de, rpe/sid