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CL: Chelsea scheitert an Barca Und Ballack hat den Blues

In der 96. Minute hatte Michael Ballack doch noch seinen großen Auftritt im Fußball-Champions-League-Halbfinale gegen den FC Barcelona. Nach fünfundneunzigeinhalb Minuten in einem Spiel, in dem die Uefa-Statistiken am Ende 19 erfolgreiche Pässe zu Mitspielern für ihn auswiesen bei 31 Passversuchen, in dem Ballack zweimal gefoult worden war und einmal selbst gefoult hatte, in dem er in der ersten Halbzeit nur 14 Ballkontakte gehabt hatte und in der zweiten - gefühlt - nicht wesentlich mehr, hatte Ballack nach Kopfballvorlage seines Keepers Petr Cech mit seinem letzten Ballkontakt soeben versucht, ein Tor zu erzielen für den FC Chelsea.

Außer sich vor Wut: Michael Ballack im Zwiegespräch mit Schiedsrichter Övrebö.

Außer sich vor Wut: Michael Ballack im Zwiegespräch mit Schiedsrichter Övrebö.

(Foto: REUTERS)

Doch statt im Tor war der Ball in der Achselhöhle eines Barcelona-Spielers gelandet. Und weil der norwegische Schiedsrichter Henning Övrebö an diesem Abend nicht gewillt war, von seinem Motto "Heute kein Elfer für Chelsea" abzurücken, lief das Spiel weiter - und Ballack dem Referee wahrhaft wutentbrannt über das halbe Spielfeld hinterher. In Großaufnahme war zu sehen, wie Ballack nicht nur sinnbildlich Gift und Galle spuckte. Sein Gesicht ein einziger Schreikrampf, er selbst krampfhaft bemüht, Övrebö nicht am Schlafittchen zu packen und einfach solange zu schütteln, bis der Norweger endlich auf Elfmeter für Chelsea entscheiden würde. Also schrie Ballack, schrie und schrie.

Essiens Sonntagsvolley

1:1 stand es zu diesem Zeitpunkt, weil Andres Iniesta in der 93. Minute mit Barcelonas erstem Schuss aufs Chelsea-Tor die Führung der Gastgeber durch Essiens wunderbaren Sonntagsvolley aus der 9. Minute ausgeglichen hatte. Ein Treffer fehlte den Londonern nach dem 0:0 im Camp Nou vor Wochenfrist also, um doch noch das schon sicher geglaubte Endspiel gegen Manchester United am 27. Mai in Rom zu erreichen. Jenes Finale, das plötzlich verloren schien, weil es unentschieden stand.

Und dann schoss Ballack - und Övrebö entschied zum vierten Mal an diesem Abend nicht auf Strafstoß, als er auf Strafstoß hätte entscheiden können. Zeigte wieder nicht auf den Punkt, wie zuvor schon beim Foul von Daniel Alves an Florent Malouda in Hälfte eins, Eric Abidals Trikotzupfer gegen Didier Drogba - der Övrebö nach Spielende vor laufenden Kameras mehrmals "a fucking disgrace" nannte - und bei Gerard Piques unabsichtlichem Handspiel im Duell mit Nicolas Anelka.

Frust und Zorn eines alternden Mannes

Und aus Ballack brach sich plötzlich die Wut über all diese Fehlentscheidungen Bahn, der Frust und Zorn eines alternden Mannes. Darüber, nicht noch einmal ein großes Endspiel verlieren zu dürfen. Denn hatte Chelseas Übergangscoach Guus Hiddink, der Jupp Heynckes des Ölmagnaten, sein illustres Ü-30-Ensemble vor dem Halbfinalrückspiel nicht eigens noch einmal daran erinnert, dass es allzuviele Chancen auf den Finaleinzug nicht mehr bekommen würde? Also ließ Ballack, der wohl mehr Endspiele verloren und Vizetitel gewonnen hat als jeder andere Nationalmannschaftskapitän und trotzdem ein schlechter Verlierer ist, alle Altersmilde fahren. Und wütete los. Fast so, wie nach dem missratenen EM-Endspiel gegen Xavi & Co., als er sich mit DFB-Teammanager Oliver Bierhoff wegen der vermaledeiten Winkelemente in die gegeelten Haare geraten war.

Und Övrebö, der Glatzkopf aus Norwegen? Zeigte Ballack kühl die Gelbe Karte.

Quelle: ntv.de

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