Formel1

F1-Experte Danner zu Vettels Krise "Da fährst du dir den Hintern platt"

Sieg- und ratlos: Sebastian Vettel erlebt nach vier WM-Titeln in Serie ein Seuchenjahr.

Sieg- und ratlos: Sebastian Vettel erlebt nach vier WM-Titeln in Serie ein Seuchenjahr.

(Foto: imago/Sven Simon)

Nach zwölf Rennen ist Formel-1-Weltmeister Sebastian Vettel weiter sieglos und steht klar im Schatten von Red-Bull-Neuling Daniel Ricciardo. Während Vettel hinterherfährt, feierte sein australischer Teamkollege in Spa bereits seinen dritten Saisonsieg. Ex-Formel-1-Pilot Christian Danner leidet im Interview mit Vettel und vermutet die Schuld bei Red Bull: "Das kann am Auto liegen, das ist eine verzwickte Sache." Mit Platz sechs in der WM-Wertung sieht er Vettel derzeit "weit unter Wert geschlagen". Für Danner steht fest: "Er ist viel besser, als er derzeit ausschaut. Hundertprozentig."

Christian Danner fuhr von 1985 bis 1989 selbst in der Formel 1. Seit 1998 kommentiert er die Königsklasse für RTL.

Christian Danner fuhr von 1985 bis 1989 selbst in der Formel 1. Seit 1998 kommentiert er die Königsklasse für RTL.

(Foto: imago sportfotodienst)

n-tv.de: Nutznießer des Mercedes-Zoffs war in Spa - wie schon in Ungarn - Red-Bull-Pilot Daniel Ricciardo. Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass er aus dem "Krieg der Sterne" am Ende sogar als Weltmeister hervorgeht?

Christian Danner: Null.

Aber es gab 2007 schon einmal so eine ähnliche Situation mit dem McLaren-Zweikampf zwischen Fernando Alonso und Lewis Hamilton.

Ja, als Kimi Räikkönen profitiert hat. Aber diesmal ist es eine andere Situation, das können wir vergessen. Die WM wird ausschließlich zwischen Hamilton und Rosberg entschieden.

So erfreulich Ricciardos Sieg für Red Bull war, so wenig erfreulich war er für Weltmeister Sebastian Vettel. Wie sehr nagt es an ihm, dass er vom Team-Neuling erneut in den Schatten gestellt wurde?

Vettel will gewinnen, sonst gar nichts. Und wenn er Zweiter wird, ist er sauer. Das ist ja auch das Gute an ihm. Da ist es natürlich ärgerlich, wenn man im Training vor dem Teamkollegen steht, der aber trotzdem gewinnt, während man selbst Fünfter wird. Aber es ist nicht einfach für Vettel, da spielt schon sehr viel Technik rein. Das Auto, das er in Spa hatte, war sichtbar schlechter zu fahren als das von Ricciardo. Woran das liegt, ob an falscher Abstimmung, technischen Problemen: Ich weiß es nicht. Vettel schafft es in diesem Jahr nicht mehr, so rund, so harmonisch und so kontrolliert zu fahren wie in den Jahren zuvor. Aber er hat das Fahren sicher nicht verlernt.

In Vettels Red Bull ist irgendwo der Wurm drin.

In Vettels Red Bull ist irgendwo der Wurm drin.

(Foto: REUTERS)

Das heißt?

Ich bin mir ziemlich sicher: Bei Red Bull ist irgendwo der Wurm drin, aber sie tappen da einfach im Dunkeln. Vettel wird im Moment weit unter Wert geschlagen, er ist nicht so schlecht. Er ist viel besser, als er derzeit ausschaut. Hundertprozentig.

Wie kann es sein, dass nur Vettel Probleme hat und Ricciardo inzwischen auf drei Saisonsiege kommt?

Das kann am Auto liegen, das ist eine verzwickte Sache. Ich kenne solche Autos, ich hatte das auch einmal. Da fährst du dir den Hintern platt, aber es gibt einfach kein Ergebnis. Und keiner weiß, woran es liegt. Das ist furchtbar.

Vettel hat in Spa offene Kritik am Auto geübt. Ist das normaler Frust oder lässt sich das auch so deuten, dass er seinen Abschied vorbereitet? Angeblich hat Honda ihm ein Millionenangebot unterbreitet.

Das mit dem Angebot kann gut sein. Wenn ich könnte, würde ich Vettel auch unter Vertrag nehmen. Ansonsten kommt bei Vettel einfach Frust dazu. Nicht so sehr, dass Ricciardo schneller fährt. Das ist nur eine Folge. Wenn du zufrieden bist mit deinem Auto, wenn alles gut ist und der Teamkollege trotzdem schneller fährt, dann hast du ein Problem. Aber wenn du es mit deinem Auto einfach nicht hinkriegst, dann bist du darüber frustriert. Das ist ganz verständlich.

In Spa hat Vettel eine bessere Endplatzierung auch durch zwei Fahrfehler verschenkt, er ist als Weltmeister nach zwölf Rennen weiter sieglos. Kommen jetzt die Nerven ins Spiel?

Er hat Fehler gemacht, das stimmt. Aber das eine und das andere gehören zusammen. Wenn ich ein Auto habe, das nicht richtig liegt, das nicht einlenkt und das dann, wenn es einlenkt, mit dem Heck ausbricht, dann mache ich zwangsläufig immer wieder Fehler. Das ist fast nicht zu vermeiden. Es ist nicht so, dass der Vettel, der normalerweise alles kontrolliert hat und so unglaublich gut war, auf einmal plötzlich Fahrfehler an Fahrfehler reiht. Das hat seine Gründe. Ich sehe bei Red Bull eine technische Problematik, keine Vettel-Problematik.

Mit Christian Danner sprach Christoph Wolf

Lesen Sie in Teil 1 unseres Formel-1-Interviews, warum Christian Danner über den Mercedes-Zoff sagt: "Das ist jetzt nicht mehr zu kontrollieren.

Quelle: ntv.de

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