Formel1

F1-Experte Danner zum Mercedes-Zoff "Das kannst du nicht mehr kontrollieren"

In Spa flogen zwischen den Mercedes-Piloten die Fetzen.

In Spa flogen zwischen den Mercedes-Piloten die Fetzen.

(Foto: dpa)

Mit seinem harten Manöver gegen Mercedes-Teamkollege Lewis Hamilton sorgt Formel-1-Spitzenreiter Nico Rosberg in Spa für eine Eskalation im WM-Kampf. Ex-Pilot Christian Danner freut sich, dass Rosberg auf der Strecke ein Zeichen setzt. Im Interview mit n-tv.de prophezeit er einen gnadenlosen "Titanenkampf" bis zum Schluss und hofft nur, dass sich beide "nicht so in die Karre fahren, wie wir das früher gemacht haben". Den Mercedes-Verantwortlichen empfiehlt er den Kauf eines Klapptisches - da Krisengespräche jetzt nach jedem Rennen auf der Tagesordnung stehen werden.

n-tv.de: Der Aufreger des Rennens in Spa war die Kollision zwischen Nico Rosberg und Lewis Hamilton schon in Runde 2. Wie bewerten Sie die Szene?

Christian Danner: Solche Kollisionen passieren immer mit zwei Beteiligten. Die Frage, die sich dann stellt, ist: Wer hätte die Kollision vermeiden können? Und die Antwort ist: beide. Der eine, Rosberg, hätte vielleicht geradeaus fahren müssen. Und der andere, Hamilton, hätte vielleicht klarer akzeptieren müssen, dass da noch einer ist. Aber so etwas passiert nun einmal, wenn man um die WM fährt. Da kommt man sich manchmal auch ein bisschen zu nahe. Das ist nun mal üblich im Motorsport.

Warum hat dann Mercedes die Schuldfrage eindeutig beantwortet und Rosberg ein "inakzeptables" Manöver und Harakiri attestiert?

Bei solchen emotional aufgeladenen Geschichten multipliziert sich das medial immer gleich dramatisch. Ich spreche da lieber direkt mit Niki Lauda und Toto Wolff, und von denen habe ich das nicht gehört.

Für Mercedes wird es an der Spitze der WM-Wertung einsam, aber nicht langweilig.

Für Mercedes wird es an der Spitze der WM-Wertung einsam, aber nicht langweilig.

(Foto: REUTERS)

Sie haben von den Emotionen durch das Manöver gesprochen. Sind das Emotionen, die die Formel 1 braucht, oder wurde in Spa eine Rote Linie überschritten?

Das sind doch Menschen, junge Sportler, und die kämpfen gegeneinander. Da geht es nicht um Nichts, es geht um den WM-Titel. Das ist höchst emotional und tut der Formel 1 trotz aller Kontroverse sehr, sehr gut, finde ich. Da läuft nicht irgendein klinisches Playstation-Ding ab, eine ferngesteuerte Situation, wo die Ingenieure den Fahrern nur noch sagen, wann sie aufs Gas treten sollen. Nein, das ist Motorsport!

Sie klingen richtig begeistert.

Dieser Zweikampf Rosberg gegen Hamilton ist eine Augenweide. Wir haben einen Titanenkampf an der Spitze und dahinter eine Verfolgergruppe, die das Mercedes-Duo wie in Spa manchmal einholt und in der es ansonsten drunter und drüber geht. Wir haben doch fast schon nicht mehr gewusst, dass es so etwas in der Formel 1 noch gibt. Sie fahren Rad an Rad, so gehört es sich. Das ist doch herrlich und mit Abstand das Spannendste, was wir in den letzten 15 Jahren gesehen haben.

Mercedes hat nach dem Rennen über die verlorenen Punkte geklagt. Als Nichtrennfahrer fragt man sich aber auch: Wie gefährlich sind solche harten Zweikämpfe bei hohen Geschwindigkeiten?

Die Szene in Spa war sicher unangenehm, aber nicht wirklich gefährlich. Es gibt natürlich eine Grenze, wo man die Gefahren auch im Auge behalten muss. Eines dürfen wir dabei aber nicht vergessen: Beide Mercedes-Piloten sind, genau wie die 20 anderen im Feld, unter ständiger Beobachtung der Fia. Und der Automobil-Weltverband hat nur eines im Sinn: Sicherheit. Dass man die Piloten jetzt etwas freier fahren lässt, hat zwar dazu geführt, dass in der Formel 1 wieder ein bisschen mehr Pfeffer in der Suppe ist. Die Fahrer erschrecken sich nicht mehr, wenn sie in die Nähe eines anderen Autos kommen, sondern sie versuchen mal wieder was. Da wird wieder überholt, gegeneinander gefahren. Die Sportkommissare schauen aber immer sehr genau darauf, dass das fair abläuft und ungefährlich bleibt.

Laut Hamilton hat Rosberg teamintern zugegeben, die Kollision absichtlich nicht vermieden zu haben, um etwas zu beweisen. Was muss ein WM-Spitzenreiter beweisen?

Christian Danner fuhr von 1985 bis 1989 selbst in der Formel 1. Seit 1998 kommentiert er die Königsklasse für RTL.

Christian Danner fuhr von 1985 bis 1989 selbst in der Formel 1. Seit 1998 kommentiert er die Königsklasse für RTL.

(Foto: imago sportfotodienst)

Grundsätzlich ist es so, dass im Motorsport jeder sein eigener Platzhirsch ist. Das ist logisch, das ist ein sehr Ego-aufgeladenes System. Das geht im Go-Kart-Sport los und dann über die verschiedenen Nachwuchs-Formeln bis hin zur Formel 1. Wenn jetzt in der Vergangenheit Nico Rosberg wie in Bahrain und Barcelona ein paar Mal die Unfälle vermieden hat, die Lewis Hamilton provozieren wollte, indem er Rosberg einfach ignoriert hat, dann ist das ok. Grundsätzlich versucht jeder Fahrer dem anderen immer den schwarzen Peter zuzuschieben und Hamilton versucht im Moment ganz klar, nach außen hin das Opfer zu spielen. Aber zum Ende der Saison kommt es nicht mehr so sehr darauf an, dass man ganz lieb und brav ist. Die Konstrukteurs-WM hat Mercedes sowieso in der Tasche.

Worauf kommt es jetzt an?

Auf einen selbst. Deswegen finde ich Rosbergs Verhalten sehr spannend. Als Hamilton sowas gemacht hat, speziell in Bahrain, was krass war, da haben alle gesagt: Der Rosberg ist zu lieb. Jetzt hat er einmal gezeigt: Ich fahre nicht weg, hier bin ich. Wenn du mich ignorierst, dann kannst du gerne in mich reinfahren. Das hat Hamilton dann gemacht. Zwei Spitzenpiloten kämpfen auf Augenhöhe  gegeneinander. Die bewerfen sich nicht mit Gummibärchen, um Weltmeister zu werden. Das geht anders.

WM-Stand nach 12 v. 19 Rennen

P.

 

Fahrer

 

 

 

Pkt.

  1. Nico Rosberg Mercedes  220
  2. Lewis Hamilton Mercedes  191
  3. Daniel Ricciardo Red Bull  156
  4. Fernando Alonso Ferrari  119
  5. Valtteri Bottas Williams  110
  6. Sebastian Vettel Red Bull    98
  7. Nico Hülkenberg Force India    69
  8. Jenson Button McLaren    66
  9. Kevin Magnussen McLaren    45
10. Felipe Massa Williams    10

War Rosberg bislang tatsächlich zu lieb?

Ich glaube nicht. Aber er war ganz sicher derjenige, der vernünftigerweise immer ein bisschen zurückgesteckt hat. Als eine Kollision zu vermeiden war, hat Rosberg das bis jetzt immer getan. Aber es gehören eben immer zwei dazu.

Hat Rosberg durch sein Manöver im Titelkampf zwar 18 Punkte gewonnen, aber womöglich an Rückhalt im Mercedes-Team verloren?

Nein, auf keinen Fall.

Wie geht das Duell jetzt weiter?

Genauso. Rosberg und Hamilton werden sich hoffentlich halbwegs respektieren und sich nicht so in die Karre fahren, wie wir das früher gemacht haben. Aber da werden die Sportkommissare ein Auge drauf haben. Mit Sicherheit haben sie ihnen schon einmal mit erhobenem Zeigefinger gedroht. Ansonsten werden sie hart gegeneinander fahren. Die Motivation ist bei beiden ungebrochen. Hier geht es um die WM. Dass gegen Ende des Jahres auch ein paar Späne fallen, wo gehobelt wird, ist völlig logisch.

Wird eine Teamorder kommen, falls das Duell auf der Strecke weiter eskaliert?

Niki Lauda und Toto Wolff wollen jetzt irgendwie Ordnung im Stall schaffen, aber das geht meiner Meinung nach sowieso nicht. Egal, welche Anordnung kommt, es wird sich keiner dranhalten. Das Ding ist durch, das kannst du jetzt nicht mehr kontrollieren. Du kannst nur versuchen, es irgendwie in geregelten Bahnen ablaufen zu lassen. Das weiß Niki Lauda ganz genau.

Was wird er tun?

Er hat mir gesagt, dass er sich mit den Fahrern an einen Tisch setzen müsste. Ich hab ihm daraufhin geraten, er soll sich einen Klapptisch kaufen und immer mitnehmen. Denn den wird er jetzt an jedem Rennwochenende brauchen. Viel Vergnügen!

Mit Christian Danner sprach Christoph Wolf

Quelle: ntv.de

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