McLaren greift an Das Jahr der Revanche
08.03.2010, 14:25 Uhr
Der MP4-25 von McLaren wird sicher vorne dabei sein. Wie weit, hängt auch von den Fahrern und dem Team ab. Das Potenzial ist da.
(Foto: Reuters)
Nach einem Seuchenjahr 2009 will McLaren wieder angreifen und es nebenbei noch dem abtrünnigen Mercedes-Team zeigen. Dafür haben die Briten viel investiert: Das Fahrerduo Hamilton/Button ist weltmeisterlich, das Auto wurde kräftig aufgerüstet. Ob aber zu Beginn der Saison schon ein Sieg drinsitzt, ist völlig offen.
Wenn es in diesem Jahr so etwas wie ein FC Hollywood der Formel 1 gibt, dann ist McLaren ganz vorne dabei. Dafür sprechen nicht nur die beiden Fahrer, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Auch der immer noch im Hintergrund werkelnde ehemalige Teamchef Ron Dennis dürfte mehr als einmal in Erscheinung treten. Zumal sein Erzrivale Max Mosley ja nun abgetreten ist.
Der traditionsreiche Rennstall aus Woking im Südwesten von London hat ein furchtbares Jahr 2009 hinter sich und würde dieses wahrscheinlich am liebsten aus den Annalen löschen. Erst der unfreiwillige Abgang des Teamchefs, dann ein Lügenskandal, keine Punkte bis Silverstone und dort dann auch noch das Tankrüsseldesaster – eigentlich hat der Rennstall nichts ausgelassen in der vergangenen Saison.
Mit dem ersten rein englischen Fahrerteam seit Jahrzehnten hat man schon mal viel Aufmerksamkeit für sich. Die Sponsoren sind begeistert, die motorsportbegeisterten Briten sowieso. Und nach den Testtagen scheint auch festzustehen, dass das Auto konkurrenzfähig ist. Zum Schluss war es sogar das schnellste im Feld. 2010 könnte das Jahr der Wiedergutmachung werden.

Lewis Hamilton (l.) ist der Sunnyboy in der Formel 1. Unter Experten zählt er immer noch zu den Schnellsten überhaupt. Weltmeister Jenson Button will sich mit ihm messen. Ob sein Entschluss zu wechseln richtig war, wird sich im Laufe der Saison zeigen.
(Foto: Reuters)
Wer fährt?
Kaum jemand hat die Entscheidung von Weltmeister Jenson Button verstanden, zu McLaren zu wechseln. Aber der Champion hatte Wut im Bauch, weil viele sagten, er habe nur durch das überlegene Auto von Brawn gewonnen. Bei McLaren will er es allen zeigen, indem er sich mit dem schnellsten Fahrer im Feld, vielleicht neben Fernando Alonso, messen will. Zweifelhaft, ob das gut geht.
Lewis Hamilton ist dabei, sich von seinem Vater abzunabeln. Der Champion von 2008 will seinen eigenen Weg gehen und sucht einen Manager. Papi Anthony werden wir also nicht mehr so oft in der Boxengasse sehen. Mit Freundin Nicole Scherzinger dürfen wir wohl aber, Gott sei Dank, wieder rechnen. Nach der Krise im letzten Jahr scheint es in der Beziehung wieder aufwärts zu gehen. Ach ja, fahren will er ja auch noch. Und Weltmeister werden, natürlich. Die Chancen stehen dieses Jahr nicht schlecht, denn das Auto scheint stark zu sein und Hamilton ist immer noch einer der Besten.
Wer führt?
Seit März letzten Jahres ist Martin Withmarsh Chef von McLaren, wo er den charismatischen Ron Dennis beerbte. Fachlich ist der Brite zweifellos ganz vorne dabei. Seit 1989 arbeitet der gelernte Ingenieur für den Rennstall. Allein das Charisma und die Durchsetzungskraft eines Ron Dennis scheinen ihm zu fehlen. Ihm aber das sportliche Desaster des letzten Jahres alleine anzuhaften, wäre wohl übertrieben. Aber für Erfolge steht er auch nicht gerade.
Was war?
McLaren kann auf acht Konstrukteurstitel und zwölf Weltmeister im Cockpit zurückblicken. Nur Ferrari ist in der Lage, diese Bilanz im aktuellen Feld noch zu toppen. 665 gefahrene Rennen, davon 164 Siege, sind ebenfalls bemerkenswert. Der letzte Konstrukteurstitel liegt allerdings schon zwölf Jahre zurück, nachdem man 2008 disqualifiziert wurde.
Das Auto:
Der MP4-25 ist stark, vielleicht sogar sehr stark. Wieviel das Auto wirklich drauf hat, zeigte sich beim letzten Test in Barcelona, als mit einem neuen Aerodynamikpaket plötzlich die Eins auf der Tafel stand. Anders als im letzten Jahr, wo man bei den Tests mehr als zwei Sekunden hinterherfuhr, ist das Auto dieses Jahr vorne dabei.
Was wird?
Ob zu Beginn schon Siege drin sind, ist noch unklar. Aber klar ist schon jetzt: Wer die WM gewinnen will, der muss zuerst McLaren schlagen. Die Fahrerkombination ist brandheiß. Zumal beide unterschiedliche Vorteile haben. Hamilton ist schnell, Button hat einen weichen Fahrstil, der Reifen schont. Das könnte durch das Tankverbot zu einem großen Vorteil werden. Einer der beiden Briten wird auf jeden Fall ein Wörtchen um den Titel mitreden können. Das Team als Ganzes ist ein heißer Kandidat auf den Konstrukteurstitel.
Das sagt unser Formel-1-Experte Christian Danner:
"Das Auto ist mit Sicherheit ein großer Fortschritt im Vergleich dazu, wie man im letzten Jahr die Saison begonnen hat. Es ist konzeptionell richtig: Es hat dieses Jahr von Anfang an die richtige Aerokonstellation, es hat den KERS-Kram nicht mehr drin - das waren ja alles Probleme, die dazu geführt haben, dass das Auto nicht richtig auf Touren kam. Der neue McLaren ist definitiv schnell und ein Frontrunner, der um Siege mitfährt.
Die Fahrerpaarung ist natürlich eine exquisite Platinbesetzung mit den zwei Weltmeistern, dem letzten und dem vorletzten. Hamilton und Button wird sicher eine sehr spannende Sache sein: beide Engländer, beide durchaus unterschiedliche Stile. Das ist sicher eine spannungsgeladene Paarung. Aber Hamilton hat ganz sicher den Hausvorteil."
Das Team | |
Teamchef: Martin Withmarsh | Pole Positions: 145 |
Budget: 220 Mio. Euro | Chassis: McLaren MP4-25 |
Angestellte: 850 | Motor: Mercedes-Benz FO 108X |
Starts (Siege): 665 (164) | Testfahrer: Gary Paffet, Christian Klien |
Saisonstatistik 2009 | |
Konstrukteurs-WM: 3. (71 Punkte) | Schnellste Rennrunden: 0 |
Siege: 2 | Podestplätze: 5 |
Pole Positions: 4 | Ausfälle: 8 |
Jenson Button (Nr. 1) | Lewis Hamilton (Nr. 2) |
Fahrerwertung: Champion mit 95 Punkten | Fahrerwertung: 5. mit 49 Punkten |
Siege: 6 | Siege: 2 |
Podestplätze: 9 | Podestplätze: 5 |
Pole Positions: 4 | Pole Positions: 4 |
Bester Startplatz: 1. | Bester Startplatz: 1. |
Bestes Rennergebnis: 1. | Bestes Rennergebnis: 1. |
Testkilometer 2010: 2.881 | Testkilometer 2010: 2.862 |
Quelle: ntv.de, Markus Mechnich