Formel1

Formel 1: Pisten-Rambo handzahm Hamilton wieder ein Sieger

Erst Rambo, nun handzahm, erst chancenlos, nun Titelanwärter: Lewis Hamilton scheint vor dem nächsten Formel-1-Rennen derzeit unberechenbar. Und ist gerade deshalb ein gefährlicher Gegner für Weltmeister Sebastian Vettel. Auch an diesem Wochenende in Budapest auf dem Hungaroring.

"Unsere Verbesserungen kamen zu spät": Lewis Hamilton.

"Unsere Verbesserungen kamen zu spät": Lewis Hamilton.

(Foto: dpa)

Vergangene Woche zog Lewis Hamilton die Notbremse. Seine neue Rolle als Popstar hatte den Formel-1-Weltmeister von 2008 überfordert. Irgendwo zwischen Boxenbesuchen von Rihanna oder Rapper Ice-T und ständigen Sponsoren-Terminen hatte er den Fokus aufs Rennfahren ein wenig verloren. Aus dem sympathischen Briten war plötzlich ein Pisten-Rambo geworden, dem Kollegen und Experten kräftig die Leviten lasen. Der dreimalige Weltmeister Niki Lauda hatte Hamilton gar als "komplett wahnsinnig" beschrieben.

Nach einem PR-Marathon beim Heimspiel in Silverstone und einem geplanten Wahnsinnstripp nach Indien mit Hin- und Rückflug innerhalb weniger Stunden, zog sein Team entnervt den Stecker. "Lewis hat zu viel gemacht. Deshalb haben wir ihm eine kleine Pause organisiert", sagte Teamchef Martin Whitmarsh. Hamilton gestand: "Ich muss mal für eine Weile an ein und demselben Ort sein, trainieren und meinen Kopf frei bekommen." Die Folge: Auf dem Nürburgring feierte der 26-Jährige nach einem ganz starken Rennen prompt seinen zweiten Saisonsieg, in Budapest war er am Freitag im freien Training der schnellste.

"Die werde ich mit ins Grab nehmen"

Damit hat er nach Titelverteidiger Sebastian Vettel (6) die meisten Erfolge 2011, dass er dennoch 82 Punkte Rückstand hat, ist auch seinen Crashs und Aussetzern geschuldet. Auf und neben der Strecke hatte sich Hamilton mit nahezu jedem angelegt. Die Kollegen rammte er rücksichtslos von der Piste. Den Experten entgegnete er, er höre allein auf die Meinung des verstorbenen Ayrton Senna. Und den Rennstewards unterstellte er - vermeintlich im Scherz - gar, sie bestraften ihn vielleicht deshalb so oft, "weil ich schwarz bin".

So war Hamilton zwar stets in den Schlagzeilen, beliebter wurde er dadurch nicht. Dabei wollte ihn Simon Fuller - Erfinder der Superstars-Castings und Manager von David Beckham oder Jennifer Lopez - gemeinsam mit Dauerfreundin Nicole Scherzinger zum absoluten Glamour-Paar aufbauen. Durch seine kleine Auszeit hat Hamilton, der sich auch mit Vater Anthony versöhnte, offenbar wieder die innere Balance gefunden. Seine aggressive Fahrweise will er freilich nicht ändern. "Die werde ich eines Tages mit ins Grab nehmen. So bin ich nun einmal."

"Die Meisterschaft ist noch nicht entschieden"

Dass er es zu Beginn des Jahres oftmals übertrieb, lag neben zahlreichen Ablenkungen auch an seiner Unzufriedenheit mit dem Auto. "Es ist frustrierend, wenn du merkst, dass andere einfach ein schnelleres Auto haben. Es war eine Achterbahnfahrt, die emotional nur schwer zu verdauen war. So habe ich manchmal über das Limit hinausgehen müssen." Da dies in jeder Hinsicht galt und die kleine Ruhepause ihm sichtlich gut getan hat, stellte Whitmarsh direkt klar: "Im August wird es noch einmal eine Pause geben."

Ob dies alles reicht, um noch ernsthaft ins Titelrennen einzugreifen, ist fraglich. Hamilton selbst ist bei der Einschätzung seiner Chancen genauso launig wie zuletzt auf der Strecke. Nach dem Erfolg auf dem Nürburgring sah er sich chancenlos ("Unsere Verbesserungen kamen zu spät"), nach der Ankunft in Ungarn stellte er plötzlich wieder klar: "Die Meisterschaft ist noch nicht entschieden." Um gleichzeitig zu erklären, dass man von dem Auto nicht viel erwarten dürfe.

Der Vorteil dieser Sprunghaftigkeit: Hamilton ist auch für die Konkurrenten in jeder Hinsicht unberechenbar. Weltmeister und WM-Spitzenreiter Sebastian Vettel hat ihn jedenfalls auf dem Zettel. "Vergesst mir McLaren nicht", mahnt er alle, die Ferrari-Pilot Fernando Alonso als härtesten Titelrivalen sehen.

Quelle: ntv.de, Holger Schmidt, sid

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