Formel1

Formel 1: "Da gibt's kein Gemecker" Mayländer bremst Vettel aus

Schnellster Sicherheitsbeauftragter der Formel 1: Bernd Mayländer. Der 40-Jährige kommt mit seinem Safety Car immer dann auf die Strecke, wenn Gefahr droht. Und das seit zwölf Jahren.

Schnellster Sicherheitsbeauftragter der Formel 1: Bernd Mayländer. Der 40-Jährige kommt mit seinem Safety Car immer dann auf die Strecke, wenn Gefahr droht. Und das seit zwölf Jahren.

Auf den Tag 35 Jahre ist es her, dass Niki Lauda beim Rennen auf dem Nürburgring verunglückte. 40 lange Sekunden saß er am 1. August 1976 bewusstlos in seinem brennenden Ferrari. Er überlebte - ein kleines Wunder. Seitdem fährt die Formel 1 nicht mehr auf der Nordschleife. Mit Bernd Mayländer sprach n-tv.de darüber, wie sicher der Rennzirkus heute ist und was sich seitdem getan hat. Er kennt sich aus, schließlich sitzt er am Steuer des Safety Cars, das immer dann auf die Strecke kommt, wenn es brenzlig wird, und so lange das Fahrerfeld in Schach hält, bis sich die Lage entschärft hat. Denn wenn er vorneweg fährt, gilt absolutes Überholverbot.

n-tv.de: Sie steuern nun im zwölften Jahr das Safety Car in der Formel 1. Wie läuft ein optimaler Grand Prix für Sie ab? Eigentlich ist es doch am besten, wenn Sie gar nicht zum Einsatz kommen.

Bernd Mayländer: Ich werde zum Glück nicht nach Runden bezahlt, sondern pro Wochenende. Die schönsten und angenehmsten Rennen sind tatsächlich die, bei denen ich nicht aktiv auf der Strecke arbeiten muss. Da weiß man nämlich: Es ist nichts passiert. Und alle sind froh.

Aber wie ist das so, die ganze Zeit zu warten?

Ich sitze angeschnallt im Auto, Overall an, Sturzhelm auf und bin per Funk mit der Rennaufsicht verbunden. Dort laufen alle Informationen rund um die Stecke zusammen. Das ist wie der Tower beim Flughafen, wo die Fluglotsen auch alles koordinieren. Ich selber schaue mir das Rennen im Fernsehen an und kann dann schon abschätzen: Ist das jetzt eine brenzlige Situation, kommt das Safety Car nun zum Einsatz oder nicht? Das sind Erfahrungswerte. Aber die Entscheidung trifft die Rennleitung.

"Es steht Safety Car drauf, dann sollte auch Safety drin sein." Wenn Bernd Mayländer auf der Strecke ist, müssen alle Fahrer ihm folgen und dürfen nicht überholen. Und zwar so lange, bis die Rennleitung wieder grünes Licht gibt und es regulär weitergeht.

"Es steht Safety Car drauf, dann sollte auch Safety drin sein." Wenn Bernd Mayländer auf der Strecke ist, müssen alle Fahrer ihm folgen und dürfen nicht überholen. Und zwar so lange, bis die Rennleitung wieder grünes Licht gibt und es regulär weitergeht.

Wenn es zum Beispiel zu regnen beginnt, kommt dann das große Kribbeln?

In dem Moment geht der Adrenalinspiegel schon ein bisschen nach oben, logisch. Dann bin ich schon richtig wachsam und bei der Sache, weil die Wahrscheinlichkeit einfach höher ist, dass ich zum Einsatz komme. Grundsätzlich bin ich auch nach zwölf Jahren vor jedem Start noch gesund nervös. Ein bisschen Lampenfieber ist immer gut, das ist wie bei den Schauspielern. Das steigert die Konzentration. Wenn man in zu viel Ruhe verfällt, wird man müde und macht Fehler.

Sie müssen immer bei Gefahr oder schwierigen Bedingungen auf die Strecke. Schon einmal Angst gehabt, aus der Kurve zu fliegen?

Ich darf mir keinen Fehler erlauben. Und toi, toi, toi ist mir das in den vergangenen zwölf Jahren auch nicht passiert. Aber auch der größte Weltmeister macht mal einen Fehler. Wir sind alle nur Menschen. Dennoch gilt: Es steht Safety Car drauf, dann sollte auch Safety drin sein. Das Rennen werde ich nie gewinnen. Von daher kann ich mir ein, zwei Prozent Sicherheit nach oben freilassen.

Was braucht man als Safety-Car-Fahrer? Und wie gefährlich ist der Job?

Gefährlich? Eine Bergwanderung im Allgäu kann auch gefährlich werden. Ich glaube nicht, dass mein Job unbedingt gefährlich ist. Als Safety-Car-Fahrer muss man Rennerfahrung mitbringen. Die habe ich durch meine vielen Jahre bei Mercedes in der DTM. Und man sollte sich im Reglement der FIA auskennen. Was hat man zu tun, wenn welcher Fall eintritt? Das ist mir, glaube ich, bisher ganz gut gelungen. Und deswegen mache ich den Job jetzt ja auch seit zwölf Jahren. Das macht mir Spaß und ich habe, was das betrifft, ein interessantes Leben.

Das Gesicht verbrannt, ein Teil des rechten Ohres fehlt, zahlreiche Knochen gebrochen und die Lunge verätzt: Niki Lauda am 8. September 1976, fünf Wochen nach seinem Unfall.

Das Gesicht verbrannt, ein Teil des rechten Ohres fehlt, zahlreiche Knochen gebrochen und die Lunge verätzt: Niki Lauda am 8. September 1976, fünf Wochen nach seinem Unfall.

(Foto: picture-alliance / dpa/dpaweb)

Insgesamt scheint die Formel 1 sicherer geworden zu sein. Nach Niki Laudas Unfall, der sich heute zum 35. Mal jährt, und auch nach Ayrton Sennas Tod 1994 sind die folgenschweren Crashs seltener geworden. Worauf führen Sie das zurück?

Wenn ich an Niki Laudas Unfall auf der Nordschleife des Nürburgrings 1976 denke - man kann man das nicht mit heute vergleichen. Ich war in der vergangenen Woche noch selbst dort beim Fahrertraining. Ganz klar: Es wäre nicht denkbar, mit den aktuellen Formel-1-Fahrzeugen auf der Nordschleife zu fahren. Das waren ganz andere Zeiten, ganz anders entwickelte Fahrzeuge. Damals war man noch nicht auf dem technischen Stand wie heute. Es hat sich viel getan, es ist alles sicherer geworden. Auch seit 1994, dem bisher letzten tödlichen Unfall in der Formel 1, dem Tod von Ayrton Senna, hat sich extrem viel getan. Die Strecken sind heute ganz anders gebaut als damals.

Zuletzt hat die FIA ja mit Cockpits von Düsenjets getestet. Ist das für Sie vorstellbar, dass die Formel 1 künftig in geschlossenen Autos fährt?

Man muss grundsätzlich für alles offen sein. Wenn Sie mich jetzt allerdings so direkt fragen, ist für mich ein geschlossenes Cockpit in der Formel 1 sehr schwer vorstellbar. Im Moment. Aber wir müssen mal abwarten, was in fünf oder zehn Jahren ist. Man hat sich vor 20 Jahren auch nicht vorstellen können, dass die Formel-1-Autos aussehen, wie sie jetzt aussehen. Grundsätzlich gilt: Alles was zur Sicherheit beiträgt, muss weiterentwickelt werden.

Haben Sie selbst aus Ihrer Erfahrung heraus noch Verbesserungsvorschläge?

Ich wüsste nicht, wo man da derzeit aktiv eingreifen könnte. Mein Eindruck ist, dass die Verantwortlichen das Maximale für die Sicherheit auf den Rennstrecken tun.

Noch einmal zurück zum Safety Car. Sie sind aktuell der Mercedes-Fahrer mit den meisten Führungskilometern in dieser Formel-1-Saison. Welche Annehmlichkeiten bringt der Job sonst noch mit sich?

Ach, die Führungskilometer. Wir unterhalten uns darüber, der Spruch kommt öfters, und wir lachen natürlich darüber. Aber mir wäre es lieber, wenn Mercedes GP wirklich die echten Führungskilometer hätte. Und Annehmlichkeiten? Sicherlich, dass ich zwei tolle Arbeitsfelder habe, als Markenbotschafter von Mercedes-Benz in der DTM und im Safety Car in der Formel 1. Das genieße ich, auch wenn's mit viel Arbeit verbunden ist. Wenn ich knapp 40 Wochenenden im Jahr motorsportlich unterwegs bin, ist das eine ganz schöne Stange. Da gehört auch ein bisschen Entbehrung dazu, aber der Job macht so viel Spaß, dass ich das gerne in Kauf nehme.

Und wie ist das Verhältnis zu den Fahrern? Gibt’s da auch mal Kritik?

Die Jungs wissen ganz genau, wenn ich da auf die Strecke geschickt werde, ist das nicht meine Entscheidung, sondern die der Rennleitung. Da gibt’s kein Gemecker, wir gehen freundschaftlich miteinander um.

Sie können uns doch nicht erzählen, dass noch nie jemand sauer auf Sie war.

Na ja, ich kann schon verstehen, dass Sebastian Vettel, wenn ich wie in Kanada fünfmal vor ihm auf die Strecke komme und ihm dann von zehn Sekunden Vorsprung zehn wieder wegnehme, darüber nicht happy ist. Aber er weiß genau, warum das Safety Car rauskommt. Und hinterher flachsen wir drüber. Die Jungs sehen das sportlich.

Quelle: ntv.de, Mit Bernd Mayländer sprach Stefan Giannakoulis

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