Reifentest-Affäre in der Formel 1 Mercedes kommt mit blauem Auge davon
21.06.2013, 14:18 Uhr
Nico Rosberg und Mercedes kommen in der Reifen-Affäre glimpflich davon.
(Foto: dpa)
Der Formel-1-Rennstall Mercedes wird nach seinen umstrittenen Testfahrten mit Reifen-Hersteller Pirelli überraschend mild bestraft. Das Team von Nico Rosberg erhält eine Verwarnung und wird von der Teilnahme am Young Driver Test im Juli ausgeschlossen.
Der deutsche Formel-1-Rennstall MercedesAMG kann aufatmen. Das Internationale Tribunal verhängte am Freitag im sogenannten "Testgate" gegen das Team lediglich eine Verwarnung. Zudem wurden die Silberpfeile vom nächsten Nachwuchsfahrer-Test ausgeschlossen. Die unabhängigen Richter folgten mit dieser Entscheidung im Streit um die Rechtmäßigkeit der dreitägigen Reifen-Testfahrten Mitte Mai in Barcelona auf Bitten von Pirelli praktisch dem Schlussplädoyer des Rennstall-Anwalts Paul Harris. Der Reifen-Exklusivlieferant wurde ebenfalls verwarnt.
Das Tribunal erklärte in der insgesamt 20-seitigen Urteilsbegründung, dass der Test nicht durchgeführt worden sei, damit Mercedes einen unfairen Vorteil erlange. Weder Pirelli noch Mercedes hätten zudem zu irgendeinem Zeitpunkt mit schlechter Absicht gehandelt. Nach der zweimaligen Rücksprache mit FIA-Rennleiter Charlie Whiting hätte es für Mercedes auch keinen Grund gegeben, nicht zu glauben, dass sie Grünes Licht für die Tests hätten, erklärten die Richter. Am Donnerstag war es zu einer rund siebenstündigen Anhörung gekommen.
Ferrari drehte ebenfalls Runden mit Pirelli-Reifen
Die Silberpfeile hatten mit den Stammfahrern Nico Rosberg und Lewis Hamilton drei Tage lang auf der Formel-1-Strecke in Barcelona Reifen für Pirelli getestet. Red Bull und Ferrari legten Protest ein, weil sie aus ihrer Sicht gegen das Verbot von Tests während der Saison verstoßen. Ferrari absolvierte am 23. und 24. April zwar ebenfalls auf Bitten von Pirelli Runden auf dem Kurs bei Barcelona. Allerdings mit einem 2011er Modell. Diese Akte wurde von Fia-Boss Jean Todt, dem ehemaligen Ferrari-Teamchef, jedoch wieder geschlossen. Das erzürnte die Silberpfeile.
"Derselbe Mangel an Transparenz, der uns vorgeworfen wird, ist mit den beiden Tests von Ferrari identisch", zitierte das englische Fachmagazin "Autosport" Silberpfeil-Anwalt Harris. Wenn das deutsche Werksteam gegen das Testverbot während der Saison verstoßen habe, dann müsse das auch für die Scuderia gelten. Die Fia stellte klar, dass jeder angebliche Hinweis von Rennleiter Charlie Whiting in Richtung einer Testerlaubnis unerheblich sei. "Ob Whiting zugestimmt hat oder nicht, das ist irrelevant", erklärte der Weltverbands-Anwalt. Tests seien laut Paragraf 22 verboten, es sei denn, der Weltrat bewilligt eine Änderung.
Mit aktuellen Rennwagen testen
Mercedes-Teamchef Ross Brawn betonte bei der mehrstündigen Anhörung im Salle du Comité, dass für ihn die Ansicht von Whiting entscheidend gewesen sei. "Charlie ist die maßgebliche Referenz in allen Sportfragen", sagte der Silberpfeil-Teamchef und verwies auf E-Mail-Verkehr mit ihm. Einen Nutzen aus den erhobenen Daten erkennt Brawn nicht. "Wir arbeiten stets nach dem Prinzip, dass keine Information besser ist als eine schlechte Information. Ich erkenne nicht, wie wir irgendwelche Daten aus dem Test hätten nutzen können."
Fia-Jurist Howard zufolge wurde Whiting am 2. Mai von Mercedes-Teammanager Ron Meadows angerufen, ob die Möglichkeit bestünde, mit dem aktuellen Rennwagen zu testen. Später habe auch Brawn in dieser Angelegenheit angefragt. "Whiting wurde eine generelle und unspezifische Frage gestellt", betonte Howard. Der Rennleiter untersuchte demnach den Sachverhalt und schrieb daher einen Fia-Anwalt an. Dieser antwortete Whiting: Solch ein Test-Szenario sei möglich, es liege aber an Pirelli alle weiteren Teams der Formel 1 einzuladen. Nach Howards Darstellung wurde aber kein anderer Rennstall eingeladen. Keinem anderen Team sei klargemacht worden, dass diese Tests stattfanden.
Quelle: ntv.de, dpa