Kanada-Gala düpiert Formel-1-Konkurrenz Nur Alonso kann Vettel noch stoppen
10.06.2013, 16:58 Uhr
Spätstarter war gestern: Sebastian Vettel führt die WM-Wertung in seinem Red Bull diesmal früh in der Saison deutlich an.
(Foto: AP)
Ein Drittel der Formel-1-Saison ist erst vorbei, dennoch droht Langeweile: Mit seinem Premierensieg in Montreal baut Dreifach-Weltmeister Sebastian Vettel seine WM-Führung weiter aus, die Konkurrenz braucht bald ein Fernglas. Einzig Ferrari-Erzrivale Fernando Alonso hält noch halbwegs mit.
Ganz entspannt, mit einem Eis in der Hand schlenderte Sebastian Vettel bei strahlendem Sonnenschein durchs Fahrerlager von Montreal und gab gut gelaunt Autogramme und Interviews. Ein Spaziergang nach der lockeren Spazierfahrt zum Sieg beim Großen Preis von Kanada. Vettels dritter Saisonerfolg im siebten WM-Lauf war sein bislang leichtester in diesem Jahr. "Das war wirklich ein perfektes Rennen", freute sich Vettel: "Es hat einfach alles geklappt: Die Stopps waren bestens, wir hatten zu jedem Zeitpunkt den Speed und haben das Rennen bis zum Ende kontrolliert."
Vom souveränen Start von der Pole Position bis zur Zieldurchfahrt mit fast 15 Sekunden Vorsprung - Vettel dominierte das Rennen auf der Ile Notre Dame so überlegen, dass die Frage gestellt werden muss: Ist der 25-Jährige auf seinem Weg zum vierten WM-Titel in Folge überhaupt noch zu stoppen? Zumal der dreimalige Champion mit dem ersten Triumph in Montreal seinen Vorsprung in der WM-Wertung auf 36 Punkte ausbaute.
Fahrer | Pkt. | |
1. | Sebastian Vettel (Red Bull) | 132 |
2. | Fernando Alonso (Ferrari) | 96 |
3. | Kimi Räikkönen (Lotus) | 88 |
4. | Lewis Hamilton (Mercedes) | 77 |
5. | Mark Webber (Red Bull) | 69 |
6. | Nico Rosberg (Mercedes) | 57 |
7. | Felipe Massa (Ferrari) | 49 |
8. | Paul di Resta (Force India) | 34 |
9. | Romain Grosjean (Lotus) | 26 |
10. | Jenson Button (McLaren) | 25 |
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132 Zähler hat Vettel in den ersten sieben Rennen bereits eingefahren und damit 47 mehr als bei seiner Titelfahrt im vergangenen Jahr. Bei seinem ersten Titelgewinn hatte er zum gleichen Zeitpunkt sogar 54 Punkte weniger auf dem Konto. "Wir würden nicht weinen, wenn Sebastian einmal ausfallen würde", gab Ferrari-Teamchef Stefano Domenicali angesichts der aktuellen Situation in der Weltmeisterschaft zu.
Alonso fühlt sich wie ein Sieger
Sein Nummer-1-Pilot Fernando Alonso sieht dennoch keinen Grund zu Resignation. Seinen zweiten Platz in Montreal wertete der Spanier "ein bisschen wie ein Sieg": "Das ist sehr, sehr gut, auch im Hinblick auf die WM", freute sich der Spanier und fügte hinzu. "Wenn wir mal drei Rennsiege zurückliegen, 75 bis 80 Punkte dann wird es wirklich kritisch." Geringere Abstände seien in den vergangenen Jahren jedoch schon aufgeholt worden.
Das weiß keiner besser als Vettel, der in der vergangenen Saison zu einem späteren Zeitpunkt mehr als 36 Punkte Rückstand auf Alonso hatte. "Doch dann hatte Fernando hier und da Pech - und ich konnte noch vorbeiziehen", sagte Vettel und präsentierte sich wieder als kühler Realist: "Wir wissen, wie viel sich innerhalb weniger Rennen ändern kann."
Ferrari glaubt an Titel-Chance
In Montreal kamen seinem Auto die Streckencharakteristik entgegen, sodass die Schwachstellen des RB9 - schnelle Kurven und der hohe Reifenverschleiß nicht zum Tragen kamen. "In Silverstone haben wir wieder ganz andere Bedingungen, was Strecke und Reifen angeht", man wisse nicht, was dort passiert, meinte Vettel im Hinblick auf den kommenden Grand Prix von Großbritannien.
In Kanada hätte sich Vettel wohl nur selber schlagen können - was er auch fast getan hätte. Doch zwei Konzentrationsfehler des Champions - einmal berührte er leicht die Streckenmauer, ein anderes Mal rettete er sich über die Wiese zurück auf die Strecke -blieben folgenlos. Angesichts der Überlegenheit seines Erzrivalen erkannte Alonso neidlos an: "Sebastian hat den Sieg verdient." Er schickte aber eine Kampfansage hinterher: "Die Saison ist noch lang."
Dreikampf nun ein Zweikampf
Tatsächlich scheint Alonso der einzige Fahrer zu sein, der Vettel den Titel noch streitig machen kann. Lotus-Pilot Kimi Räikkönen ist nach den Plätzen 10 und 9 in den vergangenen beiden Rennen in der WM auf Rang 3 zurückgefallen und hat schon 44 Punkte Rückstand auf Vettel. Der Finne lebte bislang von der Konstanz. Doch auch in dieser Hinsicht hat ihm Vettel inzwischen den Rang abgelaufen: In dieser Saison war der 25-Jährige in keinem Rennen schlechter als Platz 4.
Alonso dagegen hat schon eine Nullnummer zu verzeichnen. Im Rennen kann der Ferrari-Star Vettel und Red Bull durchaus Paroli bieten, doch das Qualifying bleibt das Hauptproblem der Scuderia. "Die letzte Pole im Trockenen haben wir im September 2010 geholt. Nicht gerade unsere Stärke", sagte Alonso. "Wir haben Kanada im Qualifying verloren", musste Teamchef Domenicali zugeben. "Wenn wir direkt hinter Sebastian gestartet wären, hätte es ein ganz anderes Bild ergeben."
Komfortabler WM-Vorsprung
Wäre, hätte, wenn. Fakt ist: In dieser Saison hat es Alonso in sieben Qualifyings noch nie in Startreihe 1 geschafft. In den vergangenen drei Rennen musste der 31-Jährige sogar jeweils aus der 3. Reihe starten. Wenn die Roten ihre Quali-Schwäche nicht bald in den Griff bekommen, bleibt für Alonso am Ende der Saison wohl wieder nur der Vize. Zum britischen Grand Prix kann Vettel jedenfalls ganz gelassen fahren: Selbst im Fall einer Nullrunde kann ihn keiner der Konkurrenten von der WM-Spitze verdrängen.
Aber daran verschwendete der dreimalige Weltmeister in Montreal keinen Gedanken. Nach dem ersehnten Kanada-Triumph ließ es Vettel so richtig krachen. Erst Vorglühen auf der spontanen Red-Bull-Teamparty, dann zum Konzert der Rolling Stones. Obwohl der Pop-Fan die Musik der Beatles bevorzugt, ließ er sich den Auftritt der Rocklegenden um Mick Jagger nicht entgehen.
Mit der Partystimmung war es jedoch vorbei, als der Weltverband Fia am Abend den Unfalltod eines Streckenpostens bestätigte. Der Helfer war bei der Bergung des Sauber-Autos von Esteban Gutierrez gestürzt und von einem Kranwagen überrollt worden. "Sehr, sehr traurig" mache ihn diese Nachricht, ließ Vettel mitteilen.
Quelle: ntv.de, sport.de