Ferrari, die Stallorder und die Folgen Nur dumm, nicht skandalös
26.07.2010, 13:07 UhrDie Formel 1 hat einen Skandal. Wieder einmal. Angeblich. Es geht um Ferrari und um eine Stallorder beim Rennen in Hockenheim. Dabei zeigt der Vorfall nur: Der Weltverband Fia muss die Regeln ändern.
Das Schöne an der Formel 1 ist, dass irgendetwas immer passiert. Nun regen sich viele darüber auf, dass Ferrari seinen Fahrer Felipe Massa gebeten hat, doch bitte etwas langsamer zu fahren, damit mit seinem Teamkollege Fernando Alonso der das Rennen in Hockenheim gewinnt, der die besseren Chancen auf den Titel des Weltmeisters hat. Skandal! Skandal?
Was Ferrari getan hat, heißt Stallorder – und ist verboten, weil der Schnellere gewinnen soll. Und nicht der, den die Teamleitung auserkoren hat. Anlass war ein inzwischen legendärer Funkspruch des damaligen Ferrari-Teamchefs Jean Todt am 12. Mai 2002 beim Großen Preis von Österreich. "Lass Michael vorbei – für die WM." Daraufhin ließ der Brasilianer Rubens Barrichello, der das gesamte Rennen über geführt hatte, kurz vor dem Ziel seinen Kollegen Michael Schumacher vorbeiziehen. Ende des Jahres verbot der Automobil-Weltverband Fia dann solche Absprachen.
"Das hier ist keine Kaffefahrt"
Deshalb muss der italienische Rennstall nun knapp 80.000 Euro Strafe zahlen. Aber auch wenn sich die Fia Gedanken über eine weitere Bestrafung machen will: Das Problem bleibt. Das Problem ist nämlich nicht die Teamorder, sondern ihr Verbot. Der aktuelle Fall zeigt nur die Schwächen des Reglements auf. Deswegen ist das, was Ferrari getan hat, auch kein Skandal. Sondern höchstens ein bisschen dumm – weil sie sich haben erwischen lassen.
Denn auch wenn es für Außenstehende seltsam klingen mag: Die Formel 1 ist ein Mannschaftssport. Jeder Rennstall stellt zwei Fahrer, es gibt eine Teamwertung. Und normalerweise läuft das so, dass das Team dafür arbeitet, dass der Bessere der beiden sich in der WM-Einzelwertung möglichst weit vorne platziert. Das ist nicht nur bei Ferrari so.
Michael Schumacher, früher selbst im Ferrari am Steuer und nun für Mercedes unterwegs, drückte das nach dem Rennen ungewohnt deutlich aus: "Das hier ist keine Kaffeefahrt, sondern es geht um eine Weltmeisterschaft. Und da geht es um Punkte. Wer ab einem gewissen Zeitpunkt die meisten Punkte hat, wird nun einmal auf die Meisterschaft gesetzt. Wenn am Ende des Jahres diese fünf Punkte fehlen würden, sagt dann jeder: Was für Deppen seid ihr in Hockenheim gewesen. Insofern kann ich das nachvollziehen." Oder kurz: Der Zweck heiligt die Mittel.
Possenspiel allererster Güte
Das ändert nichts daran, dass Ferrari die Regeln gebrochen und danach ein Possenspiel allererster Güte aufgeführt hat. Allein der Funkspruch an Felipe Massa in der 48. Runde spricht Bände: "Fernando ist schneller als Du. Kannst Du bestätigen, dass Du diese Nachricht verstanden hast?" Und wer gesehen hat, wie Ferraris Teamchef Stefano Domenicali nach der Siegerehrung Felipe Massa zum gemeinsamen Foto mit Fernando Alonso schieben musste, der wusste: Hier fühlt sich jemand um seinen verdienten Sieg betrogen. Und was sagte Felipe Massa? Er sei Profi, allein das Teamresultat zähle.
Das ist die Realität, nicht nur bei Ferrari. Deshalb muss der Weltverband Fia sich fragen lassen, warum es den Rennställen nicht erlaubt sein soll, ihre Kräfte und Ressourcen so zu bündeln, wie es ihnen sinnvoll erscheint. Also offiziell zulassen, was sinnvollerweise eh schon alle machen. Und dass die Fia ihre eigenen Regeln nicht so ganz ernst nimmt, zeigt der lächerliche Betrag, den die Regelbrecher nun zahlen müssen. 80.000 Euro? Dafür muss Ferrari nicht einmal die Portokasse öffnen. Bestrafen ja, aber bitte nicht zu sehr – das kann es nicht sein. Dann sollen sie besser das Reglement ändern. Bevor sich wieder jemand aufregt. Zum Beispiel darüber, dass der Präsident der Fia ein gewisser Jean Todt ist. Sie wissen schon: "Lass Michael vorbei – für die WM."
Quelle: ntv.de