Formel-1-Star Räikkönen: "Gibt ein Problem" Rennstall Lotus kämpft gegen den Ruin
06.08.2013, 16:49 Uhr
Schlechte Stimmung bei Lotus: Kimi Räikkönen.
(Foto: imago sportfotodienst)
Die Schulden des Formel-1-Rennstalls Lotus erreichen dramatische Höhen, die Lage spitzt sich zu. Pilot Kimi Räikkönen spricht offen über die Probleme seines Arbeitgebers. Die zweite Saisonhälfte wird nicht einfach, denn besser wird das Auto so nicht.
Kaum ist das Sauber-Team in der Formel 1 dank reichlicher Rubel aus Russland gerettet, brennt bei Lotus der Baum - und das wohl lichterloh. Finanzielle Probleme waren schon länger bekannt, die Information hingegen, dass die Schulden mehr als 120 Millionen Euro betragen, ist nicht nur neu, sondern regelrecht dramatisch.

"Das ist nicht ideal, aber ich bin sicher, dass sie das klären werden."
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Schon im vergangenen Oktober konnte die Liquidität des Teams aus Ensto ne nach Informationen von motorsport-total.com nur gewährleistet werden, weil Bernie Ecclestone als Vermarkter mit seiner Formula One Management (FOM) aushalf. Im Winter platzte zudem ein sicher geglaubter Sponsoren-Deal mit Honeywell. Das 2013er Auto war schon leuchtend rot in den Farben des internationalen US-Industriekonzerns lackiert, der Honeywell-Schriftzug wurde jedoch nie angebracht - man sei einem Hochstapler aufgesessen, hieß es später.
Ohne das rettende Sponsorengeschäft spitzte sich die Lage zu: Starpilot Kimi Räikkönen, dessen prämienorientierter Vertrag ihm in der vergangenen Saison etwa 18 Millionen Euro einbrachte, konnte bis heute nicht komplett bezahlt werden. Der Iceman drohte vor der Saison damit, nicht zur Sitzanpassung für den 2013er Boliden zu erscheinen. Eine Eskalation wurde jedoch abgewendet: Ein Teil des Geldes fand den Weg auf das Konto des Finnen und dieser ließ sich überreden, auch in diesem Jahr zu starten. Lotus spielte die Angelegenheit herunter, räumte ein, dass Zahlungen verspätet stattgefunden hätten, betonte aber, bezahlt zu haben.
Knickt Lotus in den kommenden Rennen ein?
Beim Grand Prix in Ungarn zeichnete Räikkönen jedoch ein anderes Bild und sprach ungewohnt offen über seinen Arbeitgeber. "Sicher gibt es da ein Problem. Wir hatten es vergangenes Jahr und wir haben es jetzt wieder. Das ist nicht ideal, aber ich bin sicher, dass sie das klären werden." Ausbleibende Zahlungen treffen aber nicht nur den Star-Angestellten, sondern auch die Belegschaft. So sollen Ingenieure und Mechaniker immer wieder auf ihr Gehalt warten müssen, die Stimmung in der Fabrik sei an einem Tiefpunkt angelangt. Der plötzliche Abgang von Technikdirektor James Allison, der das Team im Februar Richtung Ferrari verließ, dürfte eine Folge dessen sein. Im Fahrerlager gehen zudem Gerüchte von leeren Fabriklagern in Enstone um, weil der Nachschub nicht mehr bezahlt werden könne. Ein Mitarbeiterstreik Ende Juli konnte gerade noch abgewendet werden.
Die zweite Saisonhälfte verspricht mehr als schwierig zu werden. Räikkönen ging als schärfster WM-Konkurrent für Weltmeister Sebasstian Vettel in die Sommerpause, für die kommenden Rennen besteht jedoch die berechtigte Gefahr, dass Lotus einknickt. "Wir haben für 2013 nicht mehr viel in der Pipeline", sagte Chef-Ingenieur Alan Permane dem Fachmagazin "Auto, Motor und Sport". "Was geplant wurde, ist bereits entwickelt und wird bei den entsprechenden Rennen eingesetzt. Design und Windkanal laufen bereits voll Richtung 2014." Während Red Bull, Ferrari und Mercedes also weiter tüftelteln und optimieren wird, müssen Räikkönen und Teamkollege Romain Grosjean mehr oder minder mit dem Status Quo ihres Dienstwagens auskommen.
Auch der Verkauf von 35 Prozent der Team-Anteile an Infinity-Racing soll bislang kein Geld in die leeren Kassen gespült haben. Laut motorsport-total.com soll der Deal nicht einmal zustande gekommen sein. Teamchef Eric Boullier hatte Infinity im Juni noch als "starken Investor" bezeichnet, der es möglich mache, "das Team zu stärken und in der Zukunft zu pushen". Im Moment scheint offen, wie lange Lotus ohne zahlungskräftigen Sponsor noch so weitermachen kann - und ob der Kampf um Edel-Pilot Räikkönen, der mit einem Wechsel zu Red Bull liebäugelt, angesichts der aktuellen Lage nicht ein Kampf gegen Windmühlen ist.
Quelle: ntv.de, sport.de