Formel1

Experte Danner im Interview Schumi ist gut, Alonso der Beste

"Schumacher ist in Valencia in einer Art und Weise aufgetreten, die sichergestellt hat, dass sein Teamkollege mal richtig an die Wand geblasen wird": Christian Danner.

"Schumacher ist in Valencia in einer Art und Weise aufgetreten, die sichergestellt hat, dass sein Teamkollege mal richtig an die Wand geblasen wird": Christian Danner.

(Foto: picture-alliance/ dpa/dpaweb)

Bei den Testfahrten in Valencia ist Formel-1-Rekordweltmeister Michael Schumacher ins Cockpit zurückgekehrt. Beeindruckender als seine respektablen Rundenzeiten war für Ex-Rennfahrer und RTL-Experte Christian Danner aber, mit welcher Vehemenz der 41-Jährige schon bei den ersten Runden im neuen Silberpfeil um den Nummer-eins-Status bei Mercedes kämpft. Ein n-tv.de Interview über Psychospielchen im Cockpit, warum Nick Heidfelds Abstieg zum Testfahrer kein großer Verlust für die Formel 1 ist, die Titelchancen von Sebastian Vettel und die Frage, warum der beste Fahrer im Feld in einem Ferrari sitzt.

n-tv.de: Drei Jahre war er weg, nun fährt Michael Schumacher wieder. Welchen Eindruck hat er körperlich und mental in Valencia gemacht?

Christian Danner: Ganz der Alte, würde ich sagen. Körperlich sowieso, das war ja absehbar. Viel interessanter war aber seine mentale Stärke, das Stichwort ist hier psychologische Kriegsführung. Da war er enorm stark, muss ich wirklich sagen.

Austrainiert und angriffslustig: Michael Schumacher ist wieder der Alte.

Austrainiert und angriffslustig: Michael Schumacher ist wieder der Alte.

(Foto: AP)

Psychologische Kriegsführung gegen Teamkollege Nico Rosberg oder die Konkurrenten in den anderen Teams?
Schumacher ist in Valencia in einer Art und Weise aufgetreten, die sichergestellt hat, dass sein Teamkollege mal richtig an die Wand geblasen wird. Und zweitens sollte die gesamte Formel-1-Szene mitbekommen: Hallo, da ist wieder einer da, und nicht irgendein ein Opi - ich bin hier in Saft und Kraft. Die Außenwirkung war ganz klar: Alle die dort waren, die Teams, die Fahrer, die Zuschauer, waren zwangsläufig konfrontiert mit dem Thema: Der Champion fährt wieder, das ist ein Riesentyp. Und das ist ihm auf jeden Fall gelungen.

Auch auf der Piste hat Schumacher seinen Teamkollegen in den Schatten gestellt. Wie sind die Zeiten zu bewerten?

Die Rundenzeit ist uninteressant. Aber als Rosberg langsamer war, da haben alle gesagt: Der Schumi, der verbläst den Rosberg. Das war psychologisch wichtig, hat aber inhaltlich keine Aussagekraft. Innerhalb eines Teams muss man sich seinen Status erarbeiten. Das Einfachste ist, ich fahre dauernd schneller als der Andere, dann bin ich die Nummer eins. Im Vorfeld jedoch muss ich sticheln, ärgern, nerven, verunsichern. Genau das macht Schumacher gerade. Da ist zum Beispiel die Sache mit der Nummer: Rosberg hatte die 3, Schumacher die 4. Und was war? Der Schumi wollte die 3 haben, weil er abergläubisch ist - und er kriegt sie! Das alles sind Kleinigkeiten, die letztendlich nur ein Ziel haben: dass man vom Team alles bekommt, was man will.

Noch ist nicht ausgeschlossen, dass Nico Rosberg auf der Strecke zum Überholmanöver ansetzt.

Noch ist nicht ausgeschlossen, dass Nico Rosberg auf der Strecke zum Überholmanöver ansetzt.

(Foto: dpa)

Ist die Hackordnung bei Mercedes damit schon geklärt
Nein, und zwar deswegen, weil man noch nicht beurteilen kann, ob der Rosberg nicht doch schneller fahren kann als der Schumacher. Das ist ja theoretisch immer noch möglich. Schumacher versucht aber im Moment, die Hackordnung mit allen Mitteln zu seinen Gunsten zu drehen. Der Gegner muss, bevor er überhaupt eine Chance hat, schon so in der Ecke stehen, dass er sich wundert. Das ist das System Schumacher.

Auch Schumachers Ex-Team Ferrari hat sich in Valencia sehr stark präsentiert. Zahlt sich die Brawn-Strategie aus, schon in der vergangenen Saison sehr früh mit der Entwicklung des neuen Autos begonnen zu haben?

Ach Gott, ich muss ganz ehrlich sagen: Wenn man die Testzeiten anschaut, ja. Die fahren stabil, sehr schnell, gar keine Frage. Aber dass der Ferrari schnell ist und funktioniert, ist per se Fakt. Die Frage lautet doch: Ist er tatsächlich eine halbe Sekunde schneller als ein Mercedes oder McLaren? Ich würde mich darauf noch nicht festlegen. Eine halbe Sekunde sind gerade mal 20 Liter weniger im Tank, so ein Unterschied kommt schnell zustande.

Mercedes-Sportchef Norbert Haug behauptet: Ferrari ist derzeit die Norm. Reine Tiefstapelei?

Jeder fährt seine Agenda und natürlich gehört dazu, den Gegner ein bisschen zu täuschen und in Sicherheit zu wiegen. Jeder will ja für sich ein bisschen pokern. Wenn der Haug sagt, Ferrari ist das Maß aller Dinge – ich würde es momentan nicht unterschreiben.

Wie ist das Ferrari-Fahrerduo mit Felipe Massa und Fernando Alonso einzuschätzen?

Sehr stark. Mit Alonso hat man meiner Meinung nach den besten Fahrer im Feld.

Alonso ist besser als Schumacher?

2005 hatte Alonso Seriensieger Michael Schumacher nach fünf Titeln in Folge vom Formel-1-Thron gestoßen.

2005 hatte Alonso Seriensieger Michael Schumacher nach fünf Titeln in Folge vom Formel-1-Thron gestoßen.

Absolut. Alonso ist derjenige, der Michael Schumacher in den letzten beiden Jahren seiner Karriere mit einem unterlegenen Auto geschlagen hat. Der Ferrari war besser, der Renault war schlechter, aber Alonso hat zweimal den Titel gewonnen. Schumacher ist ja de facto nicht als Sieger gegangen, sondern hat zweimal die WM verloren. So gesehen ist Alonso für mich eine Hausnummer und ich glaube, er ist momentan der Beste im Feld.

Hat Schumacher vielleicht genau diese Aufgabe gereizt, Alonso noch einmal zu schlagen?

Durchaus möglich. Ich habe ja riesige Sympathien für diesen Schumacher, dass er gesagt hat: Ich möchte wieder fahren. Das verstehe ich hunderttausendprozentig. Und natürlich gehört dazu, dass es in gewisser Weise noch eine offene Rechnung mit Alonso gibt. Das ist bei Sportlern einfach so. Man geht nur ungern als Verlierer.

Es gibt mit Weltmeister Jenson Button und Lewis Hamilton bei McLaren noch ein interessantes Fahrerduo. War es die richtige Entscheidung von Button, zu McLaren zu gehen?

Für uns in Deutschland ganz sicher, sonst wäre der Platz für Schumacher nicht frei geworden. Aber es ist schon gewagt. Mit Hamilton hat er natürlich eine echte Hausnummer als Konkurrenten, der zudem ganz klar der Regent im Team ist. Da wird es Button sicher schwer haben. Aber chancenlos ist er auf keinen Fall. Button hat einen sehr speziellen, einen sehr weichen, sehr runden Fahrstil. Das könnte dieses Jahr aufgrund der Tankthematik unter Umständen sehr hilfreich sein.

Bereit für den Titel, aber noch im Wartestand: Red-Bull-Pilot Sebastian Vettel.

Bereit für den Titel, aber noch im Wartestand: Red-Bull-Pilot Sebastian Vettel.

(Foto: REUTERS)

Bei aller Schumacher-Euphorie darf man Sebastian Vettel nicht vergessen, der aber erst nächste Woche in die Tests einsteigt. Ist das ein Nachteil im Titelrennen?

Ein bisschen angefressen waren die Red-Bull-Fahrer schon, dass sie nicht testen konnten. Aber die wissen schon, warum sie erst nächste Woche in Jerez einsteigen. Ich glaube, da können wir uns auf einiges gefasst machen. Wenn die nicht alles vermurkst haben, müsste das Auto eigentlich wieder richtig, richtig schnell sein.

Was trauen sie Vettel zu?

Den WM-Titel. Er sagt ja selber: Zweiter bin ich schon einmal geworden. Da gibt es nur eine Steigerung und das ist auch völlig richtig. Er ist im richtigen Alter und ein überragender Pilot.

Ist Rosberg schneller als Schumacher, kann es bei Mercedes schnell ungemütlich werden.

Ist Rosberg schneller als Schumacher, kann es bei Mercedes schnell ungemütlich werden.

(Foto: dpa)

Wer werden die Hauptkonkurrenten sein?

Ich glaube, dass Alonso den Massa im Griff hat und der Ferrari-Mann für den Titel wird. Bei McLaren wird sich letztendlich Hamilton gegen Button durchsetzen und um die WM fahren. Noch nicht ganz sicher bin ich mir bei Mercedes. Momentan sind die Vorzeichen so, dass man sich schon sehr deutlich in Richtung Schumacher bewegt. Da sind die Würfel aber noch nicht gefallen, der Rosberg kann ja noch immer schneller fahren als der Schumacher. Das wäre dann eine sehr pikante Angelegenheit

Dann hätte Mercedes ein Problem.

Dann hätte nicht nur Mercedes ein Problem, vor allem hätte Schumacher ein Problem. Aber das ist ja gerade die Würze, die die Formel-1-Saison 2010 so spannend macht.

Nick Heidfeld wird nur noch als Testfahrer in der Formel 1 unterwegs sein. Werden sie ihn vermissen?

Also da breche ich jetzt nicht in Tränen aus. Ich finde es schön, dass er bei Mercedes untergekommen ist. Ich gönne ihm das, er ist ein feiner Kerl. Aber irgendwann ist eben jede Formel-1-Karriere zu Ende. Heidfeld hatte in zehn Jahren sicher genügend Chancen, in sehr guten Autos etwas zu zeigen, viel Geld zu verdienen und das, was einen Formel-1-Fahrer ausmacht, in Ergebnissen für sich einzufahren. Aber im Gegensatz zu seinen Teamkollegen hat er sich in seiner Karriere nicht nach oben entwickeln können.

Degradiert: Nick Heidfeld darf den neuen Silberpfeil nur testen.

Degradiert: Nick Heidfeld darf den neuen Silberpfeil nur testen.

(Foto: REUTERS)

Geht "Quick Nick" nach 167 Rennen ohne Sieg damit als Unvollendeter?

Die anderen haben gewonnen, er nicht. Ich finde aber, er hat seine Möglichkeiten prima für sich genutzt. Sein Abschied ist sicherlich nicht sehr tragisch.

Neben den Stars Schumacher, Rosberg und Vettel werden im nächsten Jahr auch Timo Glock, Adrian Sutil und Neuling Nico Hülkenberg in der Formel 1 fahren sein. Was trauen sie diesem Trio zu?

Timo Glock wird mit seinem Virgin Racing sicher massive Probleme bekommen. Es gibt immer Wunder in der Formel 1. Aber dass das Ding gut genug ist, um ins Mittelfeld zu fahren, dafür würde ich die Chancen als sehr mau einschätzen. Adrian Sutil hat mit Sicherheit etwas bessere Karten. Wenn Force India das Auto wieder ungefähr so gut hinkriegt wie im letzten Jahr, ist das auf jeden Fall ein Mittelfeld-Auto. Allerdings hat Force India eine ganz seltsame Testpolitik. Die haben den DTM-Piloten Paul di Resta als Testfahrer engagiert, der immer am Freitag vor den Rennen testen soll. So etwas Dummes habe ich noch nie gehört, damit schieße ich meinen Stammpiloten definitiv in den Fuß. Meiner Meinung kann da nur Mercedes dahinter stehen, weil Force India mit Mercedes-Motoren fährt.

Und was können wir von Neuling Nico Hülkenberg erwarten?

Neuling mit großer Zukunft? Hülkenberg bringt auf jeden Fall Talent mit.

Neuling mit großer Zukunft? Hülkenberg bringt auf jeden Fall Talent mit.

(Foto: dpa)

Von dem halte ich sehr viel, er ist ein sehr guter Pilot. Aber der fährt mit dem Williams natürlich in einem mittelmäßigen Auto und ist mit 22 Jahren auch noch sehr jung. Hülkenberg hat natürlich schon noch etwas zu lernen. Selbst Spitzenpiloten wie Hamilton oder Rosberg kamen in die Formel 1 und waren zwar sofort schnell. Aber um richtig gut zu werden, haben die auch ein bisschen gebraucht. Deswegen muss man Hülkenberg Kredit geben, er ist ein echter Neuling - aber ein extrem talentierter.

Also ist Hülkenberg womöglich der nächste deutsche Spitzenfahrer?

Absolut. Er ist zwar sehr schmächtig, ab Windstärke 2 muss er sich festhalten. Aber Vorsicht, der ist echt gut. Da kann ich nur sagen: Achtung, Achtung – da kommt ein Top-Mann.

Quelle: ntv.de, Mit Christian Danner sprachen Markus Mechnich und Christoph Wolf

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