Fremdeln im neuen Team McLaren So hat Ricciardo keine Chance in Formel 1
27.05.2021, 20:23 Uhr
Für Ricciardo läuft es nicht nach Plan.
(Foto: imago images/PanoramiC)
Daniel Ricciardo kommt immerhin mit der Marke von sieben Siegen zu seinem neuen Arbeitgeber McLaren. Der Formel-1-Rennstall verspricht sich viel vom Australier - der aber kann die Erwartungen nicht erfüllen. Das Duell mit seinem jüngeren Teamkollegen verläuft für ihn frustrierend.
Fünf Rennen Eingewöhnungszeit gelten grob als Richtlinie, bevor man einen Fahrer im neuen Team bewertet, quasi das Pendant zu den 100 Tagen Amtszeit von Politikern. Und nach dem Großen Preis von Spanien - dem vierten Rennen in diesem Jahr - sah es auch noch nach einem Leistungsanstieg bei Daniel Ricciardo aus. Fast so, als sei der Australier nun bei McLaren angekommen. Erstmals hatte der 31-Jährige seinen jüngeren Teamkollegen Lando Norris hinter sich gelassen. Doch was folgte, war keine Bestätigung dieses Trends, sondern die Landung auf dem harten Asphalt in den Häuserschluchten Monte Carlos.
Während Norris überraschend aufs Podium raste und vom Team abgefeiert wurde, beendete Ricciardo das Rennen am vergangenen Wochenende zähneknirschend auf Platz zwölf - keine Punkte. Besonders schmerzhaft waren wohl vor allem die blauen Flaggen. Der F1-Routinier wurde von Norris überrundet - Höchststrafe im Teamduell. Auch wenn Teamchef Andreas Seidl vor der Saison ein Duell auf Augenhöhe ohne Nummer-Eins-Status ausgerufen hatte, ist deutlich: Norris führt aktuell, steht mit 56 Punkten auf einem starken dritten Rang der Fahrerwertung. Ricciardo ist abgeschlagen auf Rang acht mit 24 Punkten.
Der Australier ist selbst noch nicht ganz schlau geworden aus dem verkorksten Monaco-Wochenende. "Es war ein Wochenende zum Vergessen", sagte der McLaren-Pilot. "Ganz offensichtlich muss ich im Bezug auf das Auto noch mehr lernen als Lando. Es war ein sehr merkwürdiges Rennwochenende von Beginn an. Aber ich will es auch nicht überanalysieren, ich blicke jetzt Richtung Baku."
Das ganze Wochenende war schlecht
Das Wochenende im Fürstentum stand für Ricciardo von Beginn an unter keinem guten Stern. Auch wenn er 2018 hier noch überragend und trotz eines Defekts vor Sebastian Vettel gewann. Schon am Donnerstag in den ersten Trainings fand er nicht die Pace, um mithalten zu können. Am Samstag im Qualifying war dann entsprechend auch in Q2 Feierabend. Eine ganze Sekunde langsamer als Norris. Die Daten hätten Unterschiede gezeigt, analysierte Ricciardo. Zum Beispiel, warum Norris in gewissen Kurven schneller gewesen sei. "Aber ich bin nicht überzeugt, dass ich das auch hinbekomme."
Und auch der Start ging dann in die Hose. Von Platz zwölf (eigentlich aber elf wegen des Leclerc-Ausfalls) fiel er schon in der ersten Kurve zurück, Lance Stroll im Aston Martin zog vorbei, kurz danach auch Kimi Räikkönen im Alfa Romeo. Und im Leitplanken-Labyrinth von Monaco ist das Überholen ungefähr so einfach wie Jonglieren auf dem Einrad. So schwante Teamchef Seidl früh: "Für ihn war das Rennen in Monaco schon nach der ersten Kurve ziemlich gelaufen, als er leider zwei Positionen verloren hat. Dann gab es kaum eine Chance mehr, sich zurück in die Punkte zu kämpfen."
Zudem hat sich Ricciardo im neuen Auto immer noch nicht eingegroovt. Seidl begründete dieses Defizit so: "Um unsere Autos momentan schnell zu fahren, braucht man einen speziellen Fahrstil, der nicht natürlich ist für Daniel. Deswegen ist es für ihn gerade nicht so einfach." Die Gefahr ist da, dass es sich zu einem mentalen Problem entwickelt. "Für Lando Norris läuft das Auto gerade genau, wie er es haben will, kriegt es um jede Ecke", analysierte RTL-Reporter Peter Reichert: "Und bei Riccardo ist es mir in Monte Carlo aufgefallen, wie er ins Lenkrad beißt, versucht das Gaspedal durchs Bodenblech zu drücken, um ein paar Tausendstel rauszuholen. Als Fahrer merkst du dann irgendwann: Mein Teamkollege schlägt mich, langsam wird's eng und das ist dann im Hinterkopf."
Faire Gratulation
Trotzdem heißt die Devise bei McLaren: kühlen Kopf bewahren. "Wir müssen ruhig bleiben, weiter analysieren und weiter lernen, damit er sich weiter anpassen kann. Wie man sieht, ist das Potenzial ja da", sagte Seidl, der auch auf die positiven Seiten des Rennens verweist. "Es gab auch Abschnitte im Rennen, als er freie Fahrt hatte, in denen er zeigen konnte, was er in Monaco draufhat. Es ist wichtig, dass wir das Wochenende jetzt hinter uns lassen und unseren Weg in Baku weiter bestreiten."
Für Seidl gibt es nun zwei Ansatzpunkte. Mit Ricciardo werde man weiter versuchen, dessen Fahrstil ans Auto anzupassen. Und gleichzeitig werde das Team schauen, ob es das Auto in irgendeiner Form anpassen kann, damit es sich für den Fahrer "natürlicher" anfühlt. Seinen positiven Spirit ließ sich Ricciardo dann aber doch nicht verderben. Als er an Red-Bull-Teamchef und Ex-Boss Christian Horner vorbeilief, gratulierte er herzlich zum Sieg der "Bullen".
Quelle: ntv.de