Formel1

Gastspiel in Hockenheim Vettel, Ferrari und die Nerven

Tipps vom Altmeister: Sebastian Vettel (l.) ist, entgegen den Erwartungen, der Mann im Fokus auf dem Hockenheimring. Rekordweltmeister Michael Schumacher spielt hingegen eher eine Nebenrolle im Vorfeld.

Tipps vom Altmeister: Sebastian Vettel (l.) ist, entgegen den Erwartungen, der Mann im Fokus auf dem Hockenheimring. Rekordweltmeister Michael Schumacher spielt hingegen eher eine Nebenrolle im Vorfeld.

(Foto: ASSOCIATED PRESS)

Der Stallkrieg bei Red Bull ist das beherrschende Thema seit dem letzten Grand Prix. Kein schönes für die Bullen, doch die Konkurrenz freut sich vor dem Formel-1-Gastspiel in Deutschland. Wenn sie nicht mit sich selbst zu kämpfen hat, wie Ferrari oder Mercedes.

Mark Webber (r.) im Gespräch mit Weltmeister Jenson Button: Das Verhalten des Australiers ist ebenso undurchsichtig wie das seines Teams.

Mark Webber (r.) im Gespräch mit Weltmeister Jenson Button: Das Verhalten des Australiers ist ebenso undurchsichtig wie das seines Teams.

Red Bull hat schon für reichlich Show in dieser Saison gesorgt. Bisher meistens auf der Rennstrecke, wenngleich auch da nicht immer zur Freude von Teamchef Christian Horner. Was aber Mark Webber nach dem letzten Grand Prix in Silverstone der Presse bot war schon ein bisschen Hollywood. Auch wenn der Australier Tage danach zurück ruderte und seine scharfen Anschuldigungen in Richtung seines Teams und Teamchefs zurücknahm. Das Thema Stallkrieg bei Red Bull beherrschte die Presse in den vergangenen zwei Wochen, mal wieder.

In Hockenheim wird jetzt aber wieder Rennen gefahren und das wird vor allem Sebastian Vettel sehr recht sein. Der Heppenheimer hielt sich zwar zurück, was Retourkutschen in Richtung Webber anging. Aber ganz kalt ließ ihn das Thema nicht, wie dem 23-Jährigen durchaus anzumerken war. Nach seinem sagenhaften Aufstieg lernte er in den vergangenen Tagen und Wochen die Kehrseiten des Jahrmarkts der Eitelkeiten namens Formel 1 kennen.

Vettel nervös

Webber im Regen: Ist der Zorn des Australiers berechtigt?

Webber im Regen: Ist der Zorn des Australiers berechtigt?

(Foto: ASSOCIATED PRESS)

Zwei Dinge bleiben im Gedächtnis, ohne die ganze Diskussion seit Silverstone wieder aufzurollen. Zum Einen besteht zu befürchten, dass Vettel zwar dem Druck auf der Rennstrecke hervorragend standhalten kann. Den psychischen Druck, der neben der Rennstrecke entsteht, steckt er aber offenbar weniger gut weg. Deutlich wurde das zuletzt beim Rennen in Silverstone, wo Webber nach dem von Vettel gewonnenen Qualifying das ganze Theater bereits lostrat, was er nach dem Rennen weiter führte. Vettel ist zwar bekanntermaßen kein guter Starter. Aber so schwach wie in Silverstone ist auch er die ganze Saison noch nicht losgekommen. Es ist zu vermuten, dass der neben ihm stehende Webber weitaus mehr im Kopf rumspukte als jeder andere Konkurrent in der Weltmeisterschaft. Nicht weil der Australier so stark ist, sondern weil er mit recht unfairen Mitteln gegen den eigenen Teamkollegen kämpft.

Diese Vermutung bestärkt die zweite Sache, die ein Fazit der letzten zwei Wochen sein könnte: Was wirklich mit den Frontflügeln geschah, bleibt wohl lange im Dunkeln, wird sogar immer undurchsichtiger, Und damit auch der Umgang des Teams mit dieser Affäre. Die finnische Zeitung "Turun Sanomat" zitierte diese Woche einen hochrangigen, nicht namentlich genannten Techniker von Red Bull. Er soll gesagt haben, dass Webber mit dem neuen Flügel überhaupt nicht zurecht kam. Für Vettel hingegen war er wohl eine Verbesserung, was sich auch an den Rundenzeiten bemerkbar machte. "Als wir zwei davon hatten, hat er (Webber, Anm. d. Red.) sich überhaupt nicht darum geschert", soll der Techniker gesagt haben. Als jedoch nur noch einer vorhanden war, wollte Webber diesen angeblich unbedingt haben.

Verwirrendes von Horner

Angefressener Fernando Alonso: Bei Ferrari beharrt man auf die verbliebene Chance auf den Titel.

Angefressener Fernando Alonso: Bei Ferrari beharrt man auf die verbliebene Chance auf den Titel.

Noch verwirrender wird das Ganze, wenn Red-Bull-Teamchef Christian Horner diese Woche in einem Interview erzählt, dass keineswegs ein Flügel bei Webber ab- und bei Vettel drangeschraubt wurde. Auch der an Webbers Auto sei beschädigt worden und beide wären mit der alten Konfiguration ins Qualifying gegangen. Viel Rauch um nichts also? Unwahrscheinlich! Man versucht wohl nach einigen eingehenden Gesprächen untereinander mit Gewalt die Stallkriegsdiskussion zu beenden. Darauf deutet auch die Aussage Webbers hin, dass er ein "sensationelles Verhältnis" zu Horner habe und "kein Problem mit Sebastian", wie er auf der Pressekonferenz vor dem Hockenheim-Rennen sagte.

Frieden muss her bei Red Bull, um jeden Preis. Kein Wunder, denn die Saison befindet sich in einer entscheidenden Phase. Und eine Fehde zwischen den beiden Bullen im Cockpit hilft nur der Konkurrenz von McLaren und Ferrari.

Die Roten sind trotzig

Apropos Ferrari, auch da liegen die Nerven immer mehr blank. Unter der Woche stellten Teamchef Stefano Domenicali und Starpilot Fernando Alonso gemeinschaftlich gleich mehrmals fest, dass sie beide noch an den Titel glauben. "Jeder, der nicht daran glauben will, dass wir noch die Weltmeisterschaft gewinnen können, sollte sich besser einen anderen Job suchen", sagte Domenicali trotzig. Das Überholmanöver von Alonso an Kubica mit nachfolgender Durchfahrtsstrafe in Silverstone, das Alonso wohl einige Punkte kostete, haben die Roten allerdings noch nicht ganz verarbeitet. Ferrari verlangt eine Regeländerung, weil die Rennkommissare so spät reagierten.

Michael Schumacher besuchte unter der Woche das Mercedes-Werk in Sindelfingen.

Michael Schumacher besuchte unter der Woche das Mercedes-Werk in Sindelfingen.

Was Ferrari wohl besonders trifft, ist der Vorwurf, man sei bei der technischen Entwicklung in diesem Jahr erneut nicht innovativ genug. Ein schwerer Vorwurf für ein Team, das traditionell für sich reklamiert, der Innovationsmotor der Formel 1 zu sein. Seit dem Abschied von Schumacher und Ross Brawn ist der Motor jedoch ins Stocken geraten. Der Doppeldiffusor letztes Jahr, der F-Schacht in diesem – alles Dinge, die von anderen entworfen wurden. Selbst beim Nachziehen solcher Neuheiten tun sich die Italiener mittlerweile schwer. Domenicali sagt dazu, man habe eben weniger offensichtliche Dinge am Auto entwickelt. Allerdings konnten diese wohl 2009 wie in dieser Saison nicht wirklich in Punkte umgemünzt werden. Alonsos Rückstand auf die WM-Spitze beträgt mittlerweile schon 47 Punkte. Auch bei dnr neuen Punkteregel eine kleine Welt.

Brawn ist enttäuscht

Unzufrieden mit dem bisherigen Saisonverlauf ist man auch bei Mercedes. Das erstaunt kaum, denn die Wunderwaffe Michael Schumacher zündete bisher überhaupt nicht. Entsprechend zerknirscht zeigt sich auch Teamchef Ross Brawn, allerdings über den MGP W01. "Wir sind enttäuscht mit der Leistung des diesjährigen Autos. Wir sind nicht da, wo wir sein wollen", gibt der Brite zu.

Entgegen den Erwartungen vor der Saison ist in Hockenheim nicht Schumacher der große Publikumsmagnet, sondern einmal mehr Sebastian Vettel. Bei einer Showveranstaltung am vergangenen Wochenende kamen 100.000 Zuschauer um den jungen Heppenheimer zu sehen. Ein nicht siegfähiger Schumacher hingegen ist auf dem baden-württembergischen Motodrom auch als siebenfacher Weltmeister eher eine Randnotiz. Selbst wenn der auf der Pressekonferenz klar macht, dass er nächstes Jahr Weltmeister seinen achten Titel holen will. "Das ist mein Ziel, dafür arbeite ich", sagte er auf der Pressekonferenz vor dem Rennen auf dem Hockenheimring.

Frecher Rosberg

Auch sein Teamkollege Nico Rosberg ist überzeugt, dass Mercedes noch in diesem Jahr Rennen gewinnen kann. Den WM-Titel hat er sogar noch für dieses Jahr im Visier. Dabei soll der jetzt eingeführte neue F-Schacht helfen. Nach dem dritten Rang in Silverstone will Rosberg noch mehr Punkte auf sein Konto bringen. Motivation holte sich der Sohn von Keke Rosberg bei einem Werksbesuch in Sindelfingen unter der Woche gemeinsam mit Michael Schumacher. Gefragt, wie er das findet, bisher seinen prominenten Teamkollegen in diesem Jahr so dominieren zu können, gab Rosberg verschmitzt zu: "Vor ihm zu stehen ist schon cool." Schumacher dürfte das weniger cool finden. Immerhin: Der kollegialen Zusammenarbeit mit Rosberg steht das offenbar nicht im Weg.

Für die Motorsport-Fans bietet die Strecke in Hockenheim eine einzigartige Stimmung in der Formel 1. Es herrscht Stadionatmosphäre, wenn die Boliden in das Motodrom einfahren. Tröten, Böller und frenetischer Jubel empfängt die Fahrer dort, wo die Anhänger mit das längste Stück einer F1-Strecke überhaupt live sehen können. Auch wenn einige lange Geraden eingekürzt wurden, gilt Hockenheim immer noch als einer der schnelleren Kurse im Kalender. Das dürfte vor allem Red Bull und somit Sebastian Vettel helfen.

Quelle: ntv.de

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