Formel-1-Saisonfinale in Sao Paulo Vettel in Sennas Wohnzimmer
24.11.2011, 17:15 UhrÜber den alleinigen Pole-Rekord will Sebastian Vettel am liebsten nicht reden. "Hört auf, darüber zu sprechen." Drei Tage vor dem Formel-1-Finale in Sao Paulo erklärt der Weltmeister, dass man den Wagen ohnehin nicht speziell nur auf das Rennen oder nur auf die Qualifikation einstellen könne.
Sebastian Vettels Augen blitzten kurz auf. Und als ihm eine Frage gestellt wurde, die er eigentlich gar nicht mehr hören wollte, huschte sogar ein Lächeln über sein Gesicht. Nein, man könne nicht das Rennen opfern, um in Sao Paulo ganz sicher die Pole Position zu holen - auch wenn es die 15. in dieser Saison wäre und er sich damit ganz allein vor Nigel Mansell in den Rekordbüchern der Formel 1 verewigen würde.
"Es ist natürlich eine ganz besondere Chance - allerdings auch ein ganz spezieller Grand Prix. Wir bereiten das Auto auf beides vor und vielleicht klappt ja auch beides", sagte Vettel und ließ doch durchblicken, dass ihm die Bestmarke doch etwas bedeuten würde. Vor allem, weil der Weltmeister diesen Rekord quasi im Wohnzimmer des legendären Ayrton Senna holen würde, den er selbst immer noch als den König des Qualifyings ansieht. "Ayrton war eine der inspirierendsten Persönlichkeiten in der Formel 1", sagte Vettel vor dem Großen Preis von Brasilien (Sonntag, 17 Uhr/RTL) in Sennas Heimatstadt, in der der dreimalige Weltmeister nach seinem tödlichen Unfall am 1. Mai 1994 auch begraben ist.
"Die Strecke scheint uns zu liegen"
Senna zu kopieren, sei unmöglich, sagtte Vettel. "Aber einige kleine Dinge kann man vielleicht doch übernehmen, wie seine Fähigkeit, sich aufs Qualifying zu fokussieren und durch nichts ablenken zu lassen", sagte der Red-Bull-Pilot, der in seinen bisherigen 80 Rennen 29 Mal auf der Pole Position stand (36,25 Prozent). Senna hatte in 161 Rennen 65 Mal Startplatz eins geholt (40,37 Prozent), eine Marke, die Rekordweltmeister Michael Schumacher (insgesamt 68 Pole Positionen) erst im 233. Anlauf egalisierte.
Vettel würde aber auch gerne zum Ausklang einer grandiosen Saison sein Schaulaufen mit einem Sieg abschließen. "Wir konnten die letzten Rennen genießen und mit ein bisschen weniger Druck angehen. Aber wir haben uns dennoch selbst Druck gemacht." Und natürlich wäre es schön, räumte der zweimalige Weltmeister ein, gerade nach dem Ausfall von Abu Dhabi noch mit einem Highlight in die Winterpause zu gehen. "Idealerweise natürlich mit einem Sieg." Die Chance dafür schätzt Vettel als gut ein. "Ich habe hier im letzten Jahr gewonnen, Mark Webber vor zwei Jahren. Die Strecke scheint uns zu liegen."
Ein bisschen freut sich Vettel allerdings auch schon auf die bevorstehende Winterpause. "Es war ein sehr langes Jahr, das eigentlich schon Mitte Januar angefangen hat. Das war schwer für alle, und wir brauchen eine Pause, um für das nächste Jahr wieder aufzutanken", räumte aber auch ein: "Wenn man einen Rhythmus gefunden und einen Lauf hat, möchte man eigentlich nicht, dass es aufhört."
"Niemand wird vergessen, was Ayrton geleistet hat"
Auf das Rennen in Sao Paulo freut sich auch Mercedes-Pilot Schumacher, der dort schon insgesamt viermal gewann und auch 2006 sein damals letztes Rennen vor dem Rücktritt gefahren war. Ein früher Reifenschaden hatte ihn seinerzeit weit zurückgeworfen, nach einer Aufholjagd war er aber letztlich noch Vierter geworden. "Das war ein ganz spezielles Rennen, reif dafür, sich daran zu erinnern."
Auch der Kerpener brachte seine Bewunderung für Senna zum Ausdruck. "Ihn werde ich immer in Erinnerung haben, das geht für mich schon zurück bis in die Go-Kart-Zeiten. Schon da war ich ein Fan von ihm, denn er war außergewöhnlich. Später gegen ihn zu fahren, war ein Privileg für mich", sagte Schumacher, der bei Sennas Unfall direkt hinter dem Brasilianer gefahren und am Ende jener Saison erstmals Weltmeister geworden war. "Niemand wird vergessen, was Ayrton geleistet hat. Das ist immer noch frisch."
Quelle: ntv.de, Thomas Straka, sid