Queen als Maskottchen Vettels Verfolger sind vorsichtig
15.03.2012, 14:05 Uhr
"Die ersten Rennen werden einen Trend zeigen": Sebastian Vettel.
(Foto: dpa)
Die Vorsicht regiert in der Formel 1. Kampfansagen an Weltmeister Sebastian Vettel bleiben auch drei Tage vor dem Auftaktrennen in Australien aus. Aber nicht aus Höflichkeit. Sondern weil keiner der beteiligten so genau einschätzen kann, wie die Kräfteverhältnisse sind.
Auf Sebastian Vettels Dienstwagen thronte die Mini-Figur einer winkenden Queen, doch allein aus Ehrfurcht vor dem Formel-1-Herrscher waren seine Titelrivalen wohl nicht so vorsichtig. In Vettels Reich herrscht vor dem WM-Start nämlich immer noch völlige Ungewissheit über die Hackordnung. "Ich weiß es wirklich nicht", gab Lewis Hamilton in Melbourne zu. Kaum anders klingt das bei den anderen Red-Bull-Jägern Ferrari oder Lotus. "Ich habe keine Ahnung, wo wir stehen", beteuerte Kimi Räikkönen, der im Lotus trotz zweijähriger Formel-1-Abstinenz für eine Überraschung gut sein könnte. So wie MercedesAMG. Doch auch dessen Teamchef Ross Brawn wiegelte vor dem Großen Preis von Australien in punkto Siegchancen ab: "Das ist ein bisschen zu optimistisch."
Vorsicht überall, auch beim Titelverteidiger. "Die ersten Rennen werden einen Trend zeigen. Früher ist es wirklich nicht möglich", sagtete der zweimalige Champion Vettel voller Zurückhaltung. Vielleicht hatte sich der Hesse auch deswegen vorab symbolisch royale Hilfe geholt. Im Albert Park zierte eine winzige Puppe von Queen Elizabeth II den Wagen des Weltmeisters, stilecht im fliederfarbenen Kostümkleid und mit huldvollem Gruß an die Konkurrenz. Im vergangenen Jahr war Vettel der König von Melbourne. Er gewann souverän den Auftakt in Australien und am Ende erneut die WM. Landsmann Michael Schumacher gelang dieses Kunststück sogar viermal: 2000, 2001, 2002 und 2004. Damals im Ferrari.
Pflaster für spektakuläre und chaotische Rennen
Diesmal tritt Schumacher zu seiner dritten Saison im Silberpfeil an. Mit ungebremstem Tatendrang. "Wir haben unser Ziel und das ist, Mercedes in der Zukunft zum Sieger und Champion zu machen. Dafür bin ich gekommen und das will ich erreichen", bekräftigte der siebenmalige Weltmeister. Allerdings wartet er seit dem 1. Oktober 2006 auf seinen nächsten Sieg, sogar ein Podiumsplatz war seither nicht drin. Damals hatte der mittlerweile 43-Jährige den Großen Preis von China gewonnen, es war Schumacher 91. Grand-Prix-Erfolg. Der neue F1 W03 von MercedesAMG hat die Hoffnungen bei Schumacher und seinem Stallrivalen Nico Rosberg auf Erfolge aber merklich genährt. Doch auch bei dem Werksteam regiert das Rätseln über die Hierarchie. "Wir haben uns bestmöglich vorbereitet, aber jetzt müssen wir die ersten drei, vier Rennen abwarten, wo wir stehen", sagte Motorsportchef Norbert Haug.
Noch weiter denkt Fernando Alonso. "Wir wissen, dass wir im November einen Punkt vor dem Zweiten sein müssen", betonte der Ferrari-Pilot. Vielleicht sei die Scuderia in Melbourne noch nicht so schnell wie manch anderes Team, "aber wir wollen ja auch im November Weltmeister sein", bekräftigte er drei Tage vor dem ersten Saisonlauf am Sonntag ab sieben Uhr, live auf RTL. Alonso, der seit der erfolgreichen Titelverteidigung 2006 einem Triumph hinterher fährt, spielte die Bedeutung des Auftaktrennens herunter: "Das ist der Prolog", meinte der 30-Jährige und verglich die WM-Saison mit der Tour de France mit 20 Etappen.
Wie man in Melbourne gewinnt, wissen neben Alonso (2006) und Schumacher auch andere im Fahrerfeld. So wie Jenson Button. 2009 gewann der Brite in Australien und wurde im Brawn-Rennwagen Weltmeister. 2010 siegte er ebenfalls in Down Under. Und 2012? Trotz Wintervorbereitung nach Plan im McLaren gab auch Button sich zurückhaltend: "Es ist schwer zu wissen, wo wir stehen." Teamkollege Hamilton drückte es noch deutlicher aus. "Ich erwarte nichts", sagte er zu seinen möglichen Siegaussichten. Zumal Melbourne ein Pflaster für spektakuläre und auch chaotische Rennen ist. Safety-Car-Phasen sind auf dem 5,303 Kilometer langen Kurs keine Seltenheit. Nur die Buchmacher sind sich bereits sicher: Für einen Vettel-Titel gibt es in diesem Jahr die mit Abstand geringste Gewinnquote.
Quelle: ntv.de, Jens Marx, dpa