Der Red-Bull-Frieden wackelt langsam Webber gefährdet Vettels Hattrick
09.07.2012, 14:30 Uhr
Doppel-Weltmeister Sebastian Vettel (l.) ist derzeit nur die Nr. 2 im Red-Bull-Team, hinter Mark Webber.
(Foto: dpa)
Nach neun von 20 Formel-1-Rennen deutet sich an: Nur Ferrari mit Spitzenreiter Fernando Alonso kann Sebastian Vettels angestrebten WM-Hattrick platzen lassen - und Mark Webber. Vettels Teamkollege setzt mit dem Sieg in Silverstone ein Ausrufezeichen. Der Schattenmann will selbst ins Rampenlicht. So wie 2010 - als der Red-Bull-Zweikampf eskaliert.
Innerlich wird es in Sebastian Vettel arbeiten, äußerlich lässt er sich nichts anmerken - noch. Auch auf der Gartenparty seines Teamchefs hielt sich der Formel-1-Doppelweltmeister brav an den verordneten Red-Bull-Frieden. Entspannt stieß er ein weiteres Mal auf den Silverstone-Sieg seines Stallrivalen Mark Webber an, der ihm derzeit die Show stiehlt. "Im Moment ist es noch zu früh, mit dem Zählen anzufangen", erklärte der 25-Jährige seine vorläufige Gelassenheit im Titelrennen. Doch vor seinem Heimspiel in Hockenheim deutet immer mehr darauf hin, dass sein wiedererstarkter Teamgefährte wie schon 2010 neben Fernando Alonso die größte Gefahr für Vettels WM-Hattrick sein wird.

Nach Monaco sicherte sich Webber in Silverstone seinen zweiten Saisonsieg - und verkürzte den Rückstand auf die WM-Spitze.
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Routinier Webber will auf seine alten Rennfahrer-Tage endlich den großen Coup schaffen. "Ich habe den Typen auf Platz eins im Auge", sagte er nach seinem zweiten Saisonsieg mit einem Seitenblick auf WM-Spitzenreiter Alonso und fügte hinzu: "Im Moment habe ich sicher keine Probleme mit dem Selbstbewusstsein." Diesen Satz wiederum durfte auch Vettel als kleine Spitze verstehen.
Genug vom Schattendasein
Webber hat genug von der Rolle des zweiten Mannes im Schatten des hessischen Strahlemanns. Vor zwei Jahren war der Zwist zwischen beiden schon einmal eskaliert, als das Duo in Istanbul kollidierte und sich Webber danach intern benachteiligt fühlte. Seinerzeit hatte er nach seinem ersten Sieg in Silverstone via Boxenfunk geätzt: "Nicht schlecht für eine Nummer zwei, oder?" Diesmal verkniff sich "Super-Mark" ("Daily Mail") ähnliches Triumphgeheul.
Sein jüngster Aufschwung hat den 35-Jährigen ganz nah an eine weitere Vertragsverlängerung bei Red Bull gebracht. "In den nächsten Wochen werden wir uns zusammensetzen. Ich denke, Mark will auch im nächsten Jahr bei uns sein", sagte Teamchef Christian Horner. Laut "Sport Bild" soll die Vertragsverlängerung in der Pause nach dem Großen Preis von Ungarn (29. Juli, zum Rennkalender) unterschrieben werden.Britische Medien spekulierten bereits über einen neuen 7,5-Millionen-Euro-Kontrakt für Webber.
"WM wird zu einem Dreikampf"
1. | Fernando Alonso(Ferrari) | 129 |
2. | Mark Webber(Red Bull Racing) | 116 |
3. | Sebastian Vettel(Red Bull Racing) | 100 |
4. | Lewis Hamilton(McLaren) | 92 |
5. | Kimi Räikkönen(Lotus) | 83 |
6. | Nico Rosberg(Mercedes) | 75 |
7. | Romain Grosjean(Lotus) | 61 |
8. | Jenson Button(McLaren) | 50 |
9. | Sergio Perez(Sauber) | 39 |
10. | Pastor Maldonado(Williams) | 29 |
zum WM-Gesamtstand
116 Punkte hat der WM-Zweite in dieser Saison bereits eingefahren, damit liegt er 13 Zähler hinter Ferrari-Star Alonso und 16 vor Vettel. "Im Moment spielt das keine Rolle. Unser Ziel ist, dass wir am Ende oben stehen. Wie wir dahin kommen, ist eigentlich wurscht", kommentierte Vettel diese Zahlen. Nach dem Ausfall als Führender in Valencia beförderte ihn Platz drei in Großbritannien immerhin wieder auf Gesamtrang drei. "Wieder auf dem Podium zu sein und Champagner zu verspritzen, war schön", sagte Vettel, der in Silverstone erstmals seit seinem Sieg am 22. April in Bahrain wieder mit auf dem Treppchen stand: "Der Schlüssel ist, immer Punkte zu holen."
Beleg dafür ist Alonsos Bilanz. Als einziger sicherte er sich in allen bisherigen Saisonrennen WM-Zähler. So konnte er auch verschmerzen, dass ihm Webber in Silverstone in der fünftletzten Runde noch den Sieg wegschnappte. "Es ist ein wichtiger Zeitpunkt in der Saison. Jetzt gewinnt man zwar noch nicht den Titel, aber man kann ihn schon verlieren", befand der Spanier. "Die Fahrer-WM wird zu einem Dreikampf", vermeldete der "Corriere dello Sport".
Auch der frühere Formel-1-Pilot und heutige RTL-Experte Christian Danner glaubt, dass der Weltmeister 2012 nur aus diesem Trio kommen kann. "Im Moment kristallisiert sich langsam heraus, dass die WM zwischen Webber, Alonso und Vettel entschieden wird. Die McLaren fallen immer weiter zurück", sagte Danner. Bei ihrem Heimspiel in Silverstone erlebten die Lokalmatadoren Lewis Hamilton und Jenson Button ein Waterloo und kamen nicht über die Plätze acht und zehn hinaus.
Nur Ferrari kann Red Bull gefährden
In der Tat scheint kurz vor Saison-Halbzeit die Achterbahn-Phase der Formel 1 vorbei und das Kräfteverhältnis endlich klar. Red Bull hat das stärkste Auto, nur Ferrari und vor allem Alonso können dagegen halten. McLaren ist indes im Sturzflug. "Wir sind weit, weit weg", klagte der WM-Vierte Lewis Hamilton. Auch für das Mercedes-Duo Michael Schumacher und Nico Rosberg stehen die Vorzeichen für Hockenheim und den weiteren Saisonverlauf eher ungünstig.
Vom Red-Bull-Luxus kann die Konkurrenz wieder einmal nur träumen. "Solche Kopfschmerzen, dass beide Fahrer um den Titel kämpfen, habe ich gern", beteuerte Party-Gastgeber Horner und entschwand zur Sause auf seinem Rasen.
Quelle: ntv.de, dpa/sid