Vorschau GP von Spanien Schumacher runderneuert
07.05.2010, 14:02 Uhr
Mit einer neuen Airbox und längerem Radstand sucht Michael Schumacher mit seinem Mercedes Geschwindigkeit.
(Foto: ASSOCIATED PRESS)
Jetzt gilt es wirklich für die Fahrer und vor allem für die Teams. Barcelona ist immer ein Wendepunkt in der Formel-1-Saison und auch dieses Jahr wird der Grand Prix in Spanien zeigen, wohin es für die einzelnen Rennställe geht. Aufschwung oder Stagnation? In Spanien zeigt sich die Tendenz für den Rest der Saison - vor allem Michael Schumacher muss sich zeigen.
Traditionell findet der Auftakt der Europa-Saison in der Formel 1 auf der iberischen Halbinsel statt. Und er ist das Ende der ersten größeren Pause. Wichtiger ist aber, dass die Wege für die Teams nicht mehr so weit sind. Waren die Autos auf der Tour durch Australien und Asien stets auf Reisen von einem Grand Prix zum nächsten, so kam nach China die Zeit der Ingenieure in den heimischen Werkstätten. Daten auswerten, Fehleranalyse, tüfteln und feilen an Aerodynamik und Motoren, das war das Programm in den Werkstätten von Mercedes, Red Bull, Ferrari und Co. Was dabei herausgekommen ist, zeigt sich an diesem Wochenende auf dem Circuit de Catalunya. Chancengleicheit besteht jedenfalls, was die Strecke angeht. Da nahezu alle Teams im Winter ausgiebig auf der Strecke bei Barcelona testen konnten, kennen Fahrer und Teams den Rundkurs bestens.
Am Limit aus der Kurve

Neue Frisur für Europa: Sebastian Vettel bei der Anknunft an der Rennstrecke.
(Foto: ASSOCIATED PRESS)
Das gilt natürlich ganz besonders für Michael Schumacher, der schon sechs Mal den Siegerpokal des katalanischen Automobilclubs in die Höhe strecken durfte. Dass in diesem Jahr ein siebter Sieg hinzu kommt, ist allerdings recht unwahrscheinlich. Nach den ersten vier Rennen hat sich bei Schumacher und Mercedes eine gewisse Ernüchterung eingestellt. Der Rekordchampion kommt nicht zurecht mit dem Auto, weil das bisher starkes Untersteuern an den Tag legte. Das mag eigentlich kein Rennfahrer. Teamkollege Rosberg beherrscht den untersteuernden Silberpfeil aber deutlich besser, weil ihm das Fahrverhalten der aktuellen Boliden vertrauter ist.
Beim Untersteuern drängt das Auto über die Vorderräder zum äußeren Kurvenrand. Abhilfe bringt nur, kräftig vom Gas zu gehen. Welcher Racer will das schon? Bei einem übersteuernden Auto, also der Tendenz des Hecks zum Ausbrechen, können die Piloten sehr gut mit dem Gaspedal spielen und so ihre Boliden am Limit durch die Kurve zirkeln. Aus der Kurve heraus kann in der Regel progressiv Gas gegeben werden, womit sich die Autos auf der Ideallinie dann optimal schnell wieder auf Höchstgeschwindigkeit bringen lassen. Genau das ist die hohe Kunst eines Michael Schumacher, der es wie nur wenige versteht, das Auto genau am Limit, sprich an der Haftungsgrenze der Reifen, zu halten.
Lauda ist skeptisch
Damit er diese Stärke künftig wieder besser ausspielen kann, hat Mercedes ein radikales Update mit nach Barcelona gebracht. Dabei sorgte Teamchef Ross Brawn mal wieder für eine Überraschung. Statt des erwarteten F-Schachtsystems hat der Brite eine neue Airbox mit nach Spanien gebracht. Das Luftleitsystem über dem Helm des Fahrers ist weiter nach hinten gerutscht, flacher geworden und zeigt sich jetzt mit zwei Lufteinlässen. Damit erhofft sich Mercedes GP einen verbesserten Luftwiderstand und ein optimalere Anströmung des Heckflügels. Außerdem hat man den lange angekündigten verlängerten Radstand nun umgesetzt. Damit soll das Untersteuern eingegrenzt und mehr Haftung auf den Vorderrädern erzeugt werden. Im ersten freien Training belegte Schumacher hinter dem McLaren-Duo Lewis Hamilton und Jenson Button Platz drei.
Ob das reicht, um den siebenfachen Weltmeister Schumacher auch im Rennen aufs Podest zu hieven, bleibt dennoch unklar. Denn schließlich sind alle Teams mit einem Bündel an Verbesserungen nach Spanien gefahren. RTL-Experte Niki Lauda ist jedenfalls skeptisch, was die Fortschritte angeht: " Mercedes müsste schon zwei Schitte nach vorn machen, während die anderen Teams nur einen Schritt tun", sagte der Doppel-Weltmeister. Das ist nicht ausgeschlossen, aber unwahrscheinlich. Deutlich mehr traut Lauda dem Auto von Red Bull zu. "Es gibt Gerüchte, dass der Red Bull um bis zu fünf Zehntel schneller geworden ist", steckte der Österreicher RTL.
Der Rooney von Red Bull
Das wäre erfreulich für Sebastian Vettel, der sich in Barcelona mit neuem Haarschnitt, das heißt mit überhaupt geschnittenen Haaren, ebenso runderneuert zeigt. Allerdings ist die Schnelligkeit des Autos bisher weniger sein Problem gewesen. Aber Lauda ist überzeugt, dass die Mannen um Teamchef Christian Horner ihren Vorsprung sogar ausgebaut haben. Vettel jedenfalls will nicht zu viel verraten von den Neuerungen am Auto. Den F-Schacht, den McLaren so erfolgreich bisher einsetzte, bekommt der Red Bull jedenfalls nicht. Ein Bündel von kleineren Maßnahmen rund um das Auto soll sich technische Direktor Adrian Newey ausgedacht haben. Äußerlich zu sehen ist davon nicht wirklich viel.
Christian Horner ist jedenfalls von Vettels Stärken überzeugt. "Er ist unser Wayne Rooney", schwärmt der Brite von seinem 22-jährigen Piloten in Anlehnung an den englischen Fußballnationalspieler: "Er ist der Fahrer in der besten Form und mit dem wohl besten Auto." So sieht Selbstbewusstsein aus. Vettel hingegen gibt sich gewohnt pragmatisch: "Ich gebe einfach Vollgas." Die wichtigste Erkenntnis aus den ersten vier Rennen sei, dass das Auto absolut konkurrenzfähig sei. Zu Saisonbeginn seien Fehler gemacht worden, aber eine fehlerhafte Taktik in China sieht der Heppenheimer nicht.
Zoff bei Ferrari
Bei Ferrari muss man sich um das Auto ebenfalls weniger Sorgen. Gleichwohl bringen die Italiener wohl das so gelobte F-Schachtsystem nach der Methode McLaren ins Auto. Daneben hat man an der Konstanz des Autos gearbeitet. Pilot Fernando Alonso ist sich sicher: "Wir werden zuverlässig sein." Außerdem ist man eifrig mit der Entwicklung eines neuen Diffusors beschäftigt. Der wird in Spanien aber noch nicht zum Einsatz kommen.
Seit seinem brutalen Überholmanöver gegen seinen Teamkollegen Felipe Massa in der Boxenanfahrt in Shanghai hängt allerdings der Haussegen schief. Auch wenn Ferrari-Präsident Luca di Montezemolo sich sehr bemüht den Vorfall herunterzuspielen: intern soll es schon gekracht haben. Allerdings scheint Massa bei den Roten in Ungnade gefallen zu sein. Hinter der Hand heißt es, seit seinem Unfall in Ungarn, wo Massa durch eine umherfliegende Feder schwer am Kopf verletzt wurde und für den Rest der Saison 2009 ausfiel, sei er nicht mehr der Alte. Dazu passen die Gerüchte, die italienische Medien verbreiten, dass sich Ferrari eine Option auf den Renault-Piloten Robert Kubica gesichert habe. Die Verlängerung des zum Jahresende auslaufenden Vertrages von Massa scheint derzeit jedenfalls unwahrscheinlich.
Es dürfte regnen

Angeblich sollen die Roten aus Maranello ein Auge auf Robert Kubica von Renault geworfen haben.
(Foto: REUTERS)
Apropos Wahrscheinlichkeiten: Die Chancen auf Regen während des morgigen Qualifyings liegen bei 70 Prozent. Hinzu kommen wohl starke Winde aus dem Süden, der erfahrungsgemäß viel afrikanischen Sand auf die Strecke bringt. Auch so ist der Circuit de Catalunya dafür bekannt, dass sich die Bedingungen über das Wochenende stark verändern. Am Sonntag soll es hingegen wohl trocken bleiben.
Dabei würde man sich für den Sonntag eher kühles Nass vom Himmel wünschen. Nicht nur, weil die Deutschen alle gut bis sehr gut mit nassen Bedingungen zurecht kommen. Es gibt auf der Strecke nur wenige Möglichkeiten zu überholen. Am Ende der besonders langen Start-Ziel-Geraden gibt es eine Chance. Ansonsten sind die Piloten gezwungen auf Fahrfehler der Gegner zu hoffen. Die können auch durchaus vorkommen, denn die zu fahrende Linie ist bei den Autos und dem Fahrstil der Piloten teils recht unterschiedlich. Oftmals aber endet der Große Preis von Spanien in einer Prozessionsfahrt, wo Überholmanöver hauptsächlich in der Box stattfinden. Nach den jüngsten, spannenden Regenrennen käme da eine Dusche von oben gerade recht.
Quelle: ntv.de