Kleiner Junge erobert Star-Herz Bitte ein Selfie: Ronaldo von Flitzer-Irrsinn bei EM-Spiel genervt

Portugal gibt den Stimmungsdämpfer für die türkischen Feiertage in Dortmund: Mit einer gnadenlos souveränen Vorstellung spielt die Mannschaft um Cristiano Ronaldo die Türkei her. Bei flitzenden Fans ist der Superstar heiß begehrt. Doch dessen Liebe ist endlich.

Cristiano Ronaldo war einmal der beste Fußballer der Welt. Er ist das längst nicht mehr. Mit seinem Wechsel ins saudische Fußball-Nirwana zum 1. Januar 2023 hat er das faktisch untermauert. Er lässt sich die letzten Meter seiner unfassbaren Karriere mit reichlich Geld und viel Liebe versüßen. Im Wüstenstaat ist er der König, der er im Weltfußball eben nicht mehr ist. Längst haben ihm Spieler wie Kylian Mbappé oder Jude Bellingham den Rang abgelaufen. Jamal Musiala ist womöglich auch auf dem Weg dorthin. Vielleicht irgendwann auch einmal Arda Güler, das Supertalent der Türkei. Zumindest in seiner Heimat glauben sie ganz fest daran.

Aber das liegt in einer ungewissen Zukunft. Einer Zukunft ohne Ronaldo. Wobei der die Gegenwart ewig zu verlängern scheint. Bei der Fußball-Europameisterschaft ist er dabei und Kapitän seiner Mannschaft. Er steht wieder in der Startelf seiner Mannschaft und hat noch immer eine Ausstrahlung, die ein ganzes, großes Stadion einnimmt. In Dortmund, seit dem vergangenen Dienstag türkische Partyhochburg, wird sein Name 30 Minuten vor dem Spiel aufgerufen. In die vielen Pfiffe des türkischen Anhangs mischt sich auch lauter Applaus. Der Weltstar ist größer als die nationalen Fußballgrenzen. Seinen besten Arbeitstag hat der mittlerweile 39-Jährige im zweiten Spiel der Gruppe nicht. Viel läuft an ihm vorbei, er stolpert, läuft falsche Wege, wird ignoriert.

Für diesen Jungen hatte Ronaldo noch ein Herz.

Für diesen Jungen hatte Ronaldo noch ein Herz.

(Foto: AP)

Doch nach der Pause ändert sich das Szenario. Nach 56 Minuten landet endlich mal ein Ball genau dort, wo ihn der Superstar hinbestellt hat - in seinen Lauf. Ronaldo nimmt das Spielgerät gekonnt an, rennt auf den türkischen Torwart Altay Bayindir zu, legt den Ball im richtigen Moment nach links, dort ist Bruno Fernandes mitgelaufen, der locker zum 3:0 trifft. Das ist auch der Endstand und der sportliche letzte relevante Moment in diesem Spiel.

Als das Spiel entschieden ist, wird's anstrengend

Für Ronaldo wird es trotzdem noch ein anstrengender Arbeitstag. Nicht mehr, weil er weite Wege laufen muss, sondern, weil viele Menschen plötzlich weite Wege für ihn auf sich nehmen. Ein Flitzer nach dem anderen läuft auf das Feld und will ein Selfie mit Stürmer. Das sind einzigartige Gelegenheiten, die letzten auf der große Bühne vermutlich. Als ein kleiner Junge, nicht mal zehn Jahre alt, auf das Feld und durch die dichten Reihen der Ordner stürmt, nimmt sich Ronaldo Zeit.

Die Liebe des Jungen gefällt ihm. Er hockt sich neben ihn, macht ein Foto, eine wirklich putzige Szene. Als die Ordner kommen, nicht ganz entschlossen, was sie mit ihm machen sollen, rennt der Junge los. Ein beeindruckender Slalom-Lauf durch die Menschen mit den gelben Westen. An der Seitenlinie nehmen ihn zwei Ordner in Empfang, lachen. Die portugiesischen Auswechselspieler klopfen ihm auf die Schulter. Als er vor der Südtribüne, wieder in türkischer Hand, ins Publikum grüßt, brandet großer Jubel auf.

Dem Jungen lassen sie den großen Moment durchgehen. Der Star, die Ordner, die Fans. Aber als wenige Minuten später der nächste Besucher auf den Rasen flitzt, wird die Stimmung unruhiger. Noch einmal lässt sich Ronaldo fotografieren, glücklich ist er nicht mehr. Drei weitere Männer schaffen es aufs Feld, in türkischen Trikots. Die Liebe, sie kennt halt keine Grenzen. Einer hängt sich an den Hals des 39-Jährigen. Er ist richtig genervt, winkt ab. Es reicht. Auf den Tribünen gibt's Pfiffe. Die Ordner werden rabiater, einen Mann werfen sie zu sechst um. Wie kann das denn sein, dass fünf Flitzer durchbrechen? Gute Frage, die UEFA muss da sicher nochmal nachjustieren.

"Das ist der Preis, wenn man so berühmt ist"

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"Es ist eine Sorge, heute hatten wir Glück, dass die Fans gute Intentionen hatten. Das ist ein sehr kritischer Moment", kritisierte Portugals Nationalcoach Roberto Martinez die Szenen. "Wenn die Intentionen schlecht sind, sind die Spieler schutzlos. Es sollte nicht passieren in einem Spiel. Vielleicht wird das in Zukunft noch schlimmer. Es darf nicht sein, dass die Spieler dem so ausgeliefert sind." Bruno Silva, der das erste Tor erzielt hatte, ist nicht "wirklich besorgt, aber es ist nervig, immer das Spiel unterbrechen zu müssen. Das ist der Preis, den man zahlen muss, wenn man so berühmt ist. Aber besorgt ist man nicht auf dem Platz. Ich jedenfalls nicht."

Ronaldo darf bis zum Ende durchspielen. Er kommt auf 30 Ballkontakte. Es hätten mehr sein sollen, zumindest in seiner Welt. Immer wieder zeigt er seinen Mitspielern an, was sie anders hätten machen sollen. Immer wieder zeigt er nach Verlagerungen oder Pässen auf seine Füße. Dort hätte der Ball landen sollen. Am Ende liegt ihm nur das Stadion zu Füßen. Sie singen seinen Namen und werden lauter, sobald das Spielgerät in seine Nähe kommt. Nicht nur im portugiesischen Block. Ein paar türkische Fans haben Wechsel-Trikots dabei. Als ihre Mannschaft deutlich zurückliegt, tauschen sie das Jersey. Der beste Fußballer der Welt ist er nicht mehr, der GOAT, der "Greatest of all time" bleibt er, auch als topfitter Fußball-Opa, der er mittlerweile ist.

Quelle: ntv.de

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