Schweizer (L)eidgenossen EM-Panik vom Elfmeter-Punkt
03.07.2021, 07:02 Uhr
Fassungslos.
(Foto: Pool via REUTERS)
Heroischer Kampf, dramatisches Ende: Nach einem erneuten Elfmeter-Thriller ist die sensationelle Schweizer Heldenreise bei der EM vorbei. Im Viertelfinale gegen Spanien herrscht bei den Eidgenossen eine skurrile Panik vom Punkt. Selbst der wieder starke Yann Sommer kann nichts tun.
Ruben Vargas weinte bitterlich im Arm seiner Teamkollegen, Yann Sommer fiel völlig fassungslos auf die Knie. Bis zum letzten Schweißtropfen hatten sich die Schweizer heroisch gegen das Ende ihres EM-Märchens gewehrt - Eigentor, Rückstand, Unterzahl zum Trotz. Doch es half nichts: Die sensationelle Schweizer Heldenreise endete mit einem 1:3 im Elfmeter-Thriller gegen Spanien. "Nein, das darf nicht sein!", titelte der "Blick".
Ruben Estephan Vargas Martinez, 22 Jahre alt und Linksaußen beim FC Augsburg in der Bundesliga, hatte im ersten Viertelfinale einen von drei Schweizer Fehlschüssen (von ingesamt vier Schüssen) abgeliefert - den letzten. Er schoss im Roulette vom Punkt über das Tor, Mikel Oyarzabal führte Spanien mit dem letzten Schuss ins vierte Halbfinale der Verbandsgeschichte. Nach 90 und 120 Minuten hatte es 1:1 gestanden.
Torhüter Unai Simon fischte dann die eher schwach geschossenen Elfmeter von Fabian Schär und Manuel Akanji aus dem Eck: "Großartig, Unai!", twitterte die Torhüterlegende Iker Casillas. Dass Sergio Busquets und Rodri auch vergeben hatten, war vergessen: Die Spanier spielen am Dienstag in London gegen Italien um einen Platz im Finale. Die Schweiz fährt nach Hause und muss sich nicht grämen. "Ich bin so stolz auf diese Mannschaft", sagte der Gladbacher Torhüter Sommer, "darauf, was wir erreicht haben, mit einem ganzen Land im Rücken." Xherdan Shaqiri betonte, es habe "nur ein bisschen Glück" gefehlt.
Nach der Achtelfinal-Sensation gegen Frankreich, ebenfalls im Elfmeterschießen, brauchte die Schweiz lange, um sich von einem Missgeschick von Denis Zakaria zu erholen. Der Profi von Borussia Mönchengladbach verursachte das zehnte Eigentor des Turniers (8.). Spanien kontrollierte das Spiel, doch die Schweiz schlug in Person von Shaqiri (68.) zurück. Remo Freuler sah wegen groben Foulspiels Rot (77.). Zakaria lief im Corona-Hotspot St. Petersburg nur auf, weil sein Kapitän Granit Xhaka gelbgesperrt war. Er hatte gröbstes Pech: Zakaria wollte einen Fernschuss von Jordi Alba blocken, er fälschte unhaltbar für Sommer ab (8.). Damit fielen in diesem Jahr mehr EM-Eigentore als in allen vorherigen Turnieren zusammen (9).
Spanien spannt sein Netz über den Platz
Erst einmal in 22 Duellen hatte die Schweiz das große Spanien geschlagen: 2010 in der WM-Vorrunde. Die Schweiz schied darin dennoch aus - Spanien wurde Weltmeister. Der Schweizer Trainer Vladimir Petkovic hatte die denkbar kniffligste Frage zu beantworten: Wer sollte den überragenden Anführer Xhaka ersetzen? Er entschied sich für noch mehr Bundesliga-Power - und Zakaria im Mittelfeld.
Spanien spannte sein Netz über den Platz, die Passmaschine lief an. Doch die frühe Führung brachte ein Eckball: Alba zog ab, Zakaria lenkte den Ball unhaltbar in die kurze Ecke. Der taktische Plan des Außenseiters war über den Haufen geworfen, mehr Spiel nach vorne gefordert. Der nächste Rückschlag folgte: Breel Embolo (23.) musste angeschlagen raus, es kam der spätere Unglücksrabe Vargas. Spanien hatte das Spiel im Griff, doch das hatten die Franzosen ja auch gedacht.
Von Schweizer Chancen war keine Spur, auch die Spanier waren bis auf einen Freistoß von Koke (18.) harmlos. Unterschied: Sie führten und konnten gelassen hin- und herspielen. Nach der Pause entschieden sich die Spanier, auf die Entscheidung zu drängen. Der Schweiz fehlten Rhythmus und Ideen - Zakaria hatte auch mit einem Kopfball Pech (56.). Ersatzkapitän Shaqiri ließ Spanien mächtig zittern, nach Freulers Platzverweis begann ein Geduldsspiel. In der Verlängerung verhinderte der wieder überragende Sommer mit einer sensationellen Parade gegen Mikel Oyarzabal einen Rückstand. Zuvor hatte er bereits stark gegen Gerard Moreno gehalten.
Quelle: ntv.de, tno/sid