Italiens gefährlichste Waffe "Il ballerino" Pellè bittet zum Tanz
02.07.2016, 20:11 Uhr
Graziano Pellè: "Cristiano Ronaldo Süditaliens
(Foto: picture alliance / dpa)
Er gilt als der "Cristiano Ronaldo Süditaliens" - weil die Frisur immer sitzt. Aber er hat auch fußballerisch einiges auf dem Kasten - und trifft bei der EM in selbigen. Dabei hätte Graziano Pellè auch eine andere Karriere einschlagen können.
Witze mit seinem Namen ist Graziano Pellè gewohnt. Der aktuelle liegt nach seinen EM-Toren gegen Belgien und Spanien auf der Hand: Auf das Poster des Kinofilms über Brasiliens Fußball-Legende Pelé montierten findige Fans kurzerhand das Gesicht des Italieners. Der Titel blieb der alte: "Die Geburt einer Legende."
Für Graziano Pellè ist die EM in Frankreich tatsächlich eine Art Geburt. Immerhin 30 Jahre alt ist der Torjäger schon, doch jahrelang hatten ihn weder Tifosi noch Nationaltrainer auf dem Schirm. Vor dem Viertelfinale gegen Deutschland am Samstag in Bordeaux (21.00 Uhr/ARD) gilt er plötzlich als Italiens gefährlichste Waffe. Dabei hätte Pellè, der weder wie der Brasilianer noch wie die Wurstpelle ausgesprochen wird, sondern eher wie "Pell-lä", beinahe einen anderen Weg eingeschlagen.
Mit 11 Jahren wurde er italienischer Meister im Turniertanz, seine Partnerin war seine ältere Schwester Fabiana. Oft fuhr er direkt vom Fußball-Training in den Tanzsaal von Porto Cesareo, umziehen musste er sich im Auto. "Meine Mutter wollte, dass ich tanze, mein Vater war für Fußball", erzählte Pellè vor der EM der "Gazzetta dello Sport". "Irgendwann musste ich mich für eine Karriere entscheiden. Nun, schwer fiel mir das nicht", sagte der 1,94 m große Schönling mit der perfekt sitzenden Frisur. Pellè wählte den Fußball - er wurde belohnt, wenn auch spät.
Jahrelang tingelte er durch zweitklassige Ligen. 2009 wurde Pellè mit AZ Alkmaar unter Louis van Gaal sensationell niederländischer Meister, spielte aber kaum. Erst ab 2012 kam der Durchbruch, bei Feyenoord Rotterdam erzielte er in 66 Spielen 55 Tore, Trainer Ronald Koeman nahm ihn mit zu seinem jetzigen Verein FC Southampton. Im Oktober 2014, mit 29 Jahren, gab er endlich auch sein Debüt für Italien. Inzwischen steht er bei 7 Toren aus 16 Länderspielen.
"Könnte alle verblüffen"
Profitiert hat Graziano Pellè auf seinem langen Weg auch von seiner Erfahrung als Tänzer. "Das hat geholfen, besonders bei der Koordination", sagt er und zählt auf: "Walzer, Cha-cha-cha, Tango, ich habe alles getanzt. Wissen Sie, was ich jederzeit könnte? Ich könnte vorgeben, keine Ahnung vom Tanzen zu haben - und dann alle verblüffen."
Bei der EM vernascht "Il ballerino" dann auch seine Gegenspieler, als hätten diese zwei linke Füße. Auf der Tribüne immer mit dabei ist seine Verlobte Vicky Varga. Das ungarische Model nimmt stets eine aufblasbare Puppe ihres Traumprinzen mit, auch beim Gummi-Graziano sitzt die Frisur 1a.
Bei den Frauen steht der "Cristiano Ronaldo Süditaliens" ohnehin hoch im Kurs. Die große Frage lautet nun: Wird Graziano Pellè auch im Italien-Trikot ein Star - so wie Francesco Graziani, Weltmeister von 1982, nach dem er benannt ist? Oder endet er wie Salvatore Schillaci, Torschützenkönig der WM 1990? "Toto" Schillaci tanzte bekanntlich nur einen Sommer. Zumindest da ist Graziano Pellè ihm bereits weit voraus.
Quelle: ntv.de, Erik Roos, sid