"Die werden alle abspringen" 96-Boss Kind gibt Investoren-Plänen der DFL keine Chance mehr
19.02.2024, 13:34 Uhr
Kein Fadenkreuz, dennoch wissen alle, was gemeint ist: Martin Kind ist Hassobjekt vieler Fußballfans.
(Foto: picture alliance/dpa)
Martin Kind ist die zentrale Figur des Investoren-Einstiegs in die DFL. Dass das Vorhaben ein erfolgreiches Ende nimmt, kann sich der Boss von Hannover 96 nicht länger vorstellen. Dem Ligaverband gibt er daran eine Mitschuld. Dem deutschen Fußball prophezeit er bleibenden Schaden.
Hannover-Boss Martin Kind glaubt nicht mehr an einen erfolgreichen Abschluss des laufenden Verhandlungsprozesses für den Einstieg eines Investoren im deutschen Profi-Fußball. "Die werden alle abspringen", sagte Kind am Abend im Interview mit dem "Sportclub" des NDR.
Dass mit Blackstone bereits einer der beiden noch übrig gebliebenen Interessenten ausgestiegen ist, sei für ihn keine Überraschung. "Ich habe volles Verständnis. Ich hätte es genauso gemacht, wenn ich bei Blackstone Verantwortung hätte. Sie brauchen Partner, auf die sie sich verlassen können. Und die DFL macht da im Moment keinen starken Eindruck", sagte Kind. "Verlässlichkeit, Vertraulichkeit, Professionalität" seien Grundvoraussetzungen, um mit einer Milliarde Euro einzusteigen.
Die DFL will für eine prozentuale Beteiligung an den TV-Erlösen von einem Finanzinvestor eine Milliarde Euro kassieren. Bei der Abstimmung der 36 Profiklubs über den Deal war die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit nur knapp zustande gekommen. Seit der geheimen Wahl gibt es viele Diskussionen darum, wie Kind selbst abgestimmt hat. Hannovers Vereinsführung hatte Kind angewiesen, gegen den Investoren-Einstieg zu stimmen. Das Abstimmungsergebnis und die öffentlichen Bekenntnisse von Antragsgegnern lassen jedoch darauf schließen, dass Kind mit Ja gestimmt und dem DFL-Plan damit zur nötigen Mehrheit verholfen hat.
"Das lehne ich vollumfänglich ab"
Er wird sein Votum auf keinen Fall offenlegen: "Ich mache meine Wahl nicht öffentlich. Das lehne ich vollumfänglich ab, weil die Spielregel eine geheime Abstimmung war. Daran halte ich mich." Kind zog zudem in Zweifel, dass seine Stimme beim Votum der 36 Profiklubs im Dezember die entscheidende war. "Vertreter einiger Vereine haben sich gemeldet und erklärt, wie sie vermeintlich abgestimmt haben. Das müsste man hinterfragen", äußerte der 79-Jährige: "Einige glauben, sich aus Populismus äußern zu müssen."
Die von den Anhängern und mittlerweile einigen Klubs geforderte Wiederholung der Abstimmung ist für Kind keine Option. "Ich lehne das ab", sagte der Unternehmer: "Wenn ein paar Szenen zukünftig Dinge nicht wollen, werfen sie Tennisbälle und verhindern das."
"Fußball-Arenen sind kein rechtsfreier Raum"
Viele Fans protestieren in den Stadien seit Wochen vor allem durch das Werfen von Tennisbällen gegen den Einstieg, immer wieder werden Spiele unterbrochen. Kind lehnt das Verhalten dieser Fans kategorisch ab. "Fußball-Arenen sind kein rechtsfreier Raum. Das muss man so deutlich sagen", sagte Kind. "Wenn wir das zulassen, dann überlassen wir die Spielregeln Dritten. Das würde aber im Chaos enden und das geht einfach nicht", sagte der Mehrheitsgesellschafter des Zweitligisten.
Kind rechnet mit einem Schaden für den deutschen Profi-Fußball über den aktuellen Investoren-Prozess hinaus. "Es hat nach meiner Befürchtung auch Auswirkungen auf die Verhandlungen der Fernsehverträge der Zukunft. Und auf Sponsoren", sagte der 79-Jährige. "Ich möchte hier gar keine Schreckensszenarien aufzeichnen. Aber man sollte den Verstand einschalten und überlegen, was sind auch immer die Auswirkungen von Entscheidungen auf die Märkte und auf mögliche Partner." Scheitere der Einstieg eines Investors, bedeute das Stagnation, sagte Kind. "Und Stagnation bedeutet auch immer Rückschritt."
Quelle: ntv.de, chr/dpa/sid