Fußball

Hack hat Glück, Alioski nicht Wie ein Ex-Buli-Profi in Saudi-Arabiens 2. Liga lebt

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Bis Sommer 2023 spielt Alexander Hack bei Mainz 05 in der Fußball-Bundesliga. Dann wechselt er nach Saudi-Arabien. Obwohl er dort nur in der zweiten Liga spielt, gibt es sehr viel mehr Geld als in der Heimat. Ein Glücksfall. Das kann Ezgjan Alioski nicht von sich behaupten.

Als Alexander Hack vom Interesse aus Saudi-Arabien erfährt, bemüht er gemeinsam mit seiner Freundin erstmal einen Online-Kartendienst, um zu schauen, wo dieses Al-Khobar überhaupt liegt. Das ist jetzt ein paar Monate her und nun sitzt der 30-Jährige in einer schmucken Wohnanlage mit Strandzugang im Osten von Saudi-Arabien und ist Spieler von al-Qadisiya, einem Zweitligisten.

"Zweite Liga, Saudi-Arabien? Ist schon schwierig umsetzbar für mich", schildert Hack seine ersten Gedanken nach der exotischen Anfrage. Aber nach vielen Gesprächen mit dem Klub, seinem Berater, seiner Freundin und der Familie wird klar, dass die "Rahmenbedingungen", so nennt es Hack, stimmen. Eine mittelgroße Stadt mit 400.000 Einwohnern direkt am Meer, ein belebtes Zentrum und - nicht zuletzt - ein Klub, der jüngst von Saudi Aramco übernommen wurde. Einem Öl-Giganten, einem der reichsten Unternehmen der Welt, aber auch einem der größten Klimakiller des Planeten.

Bei Mainz 05, für das Hack 133 Mal in der Bundesliga spielt, ist der Innenverteidiger ein Publikumsliebling, er fühlt sich wohl. Doch nach einer Verletzung in der letzten Saison stehen die Chancen auf große Einsatzzeiten schlecht, seine Zeit im deutschen Profifußball. Es gibt Gespräche mit Aufsteiger Darmstadt 98 und dem FC Augsburg, aber Hack entscheidet für sich, dass es in der Bundesliga für ihn nur bei Mainz 05 weitergegangen wäre. Hack bekennt, und da ist der Innenverteidiger sehr offen, dass die Bezahlung natürlich ein, wenn nicht der ausschlaggebende Punkt für den Wechsel in die Wüste war.

"Man hat gehört, wie viel man hier verdienen kann und dann guckt man sich die anderen Gegebenheiten an. Die Region, den Verein, die Mitarbeiter und das hat im Endeffekt alles gepasst und deswegen bin ich hier gelandet." Am Ende verdient Hack jetzt rund viermal so viel, wie in der Bundesliga. Eine Summe will er nicht nennen. Aber es ist so: Ein Gehaltsmillionär war Hack in Mainz sicher nicht, in Saudi-Arabien sind es nun mehrere Millionen, die der Verteidiger pro Jahr verdient.

"Überhaupt kein Gefühl für Menschenrechte"

"Ich bin jetzt 30 Jahre alt geworden, hinten raus in der Karriere tut das natürlich gut, um sich da eine gewisse finanzielle Sicherheit aufzubauen." Am Ende der Vertragslaufzeit wird Hack nicht nur für sich, sondern auch für seine Familie ausgesorgt haben. Das Einkommen ist weitgehend steuerfrei. Für die Wohnung und den BMW vor der Tür muss Hack nichts zahlen, der Klub ist spendabel. Aber natürlich ist da das Land, in dem er sein Geld verdient. Saudi-Arabien steht wegen Menschenrechtsverletzungen in der Kritik.

Das Königreich weist eine beeindruckend negative Menschenrechtsbilanz auf. Doch dazu eben auch einen noch gigantischeren Geldspeicher und noch viel mehr Macht. Im Fußball- und Sport-Kontext hat sich Saudi-Arabien in den vergangenen Monaten und Jahren eine spektakuläre Vormachtstellung erarbeitet. Sie mischen in der Formel 1 mit, im Box- und Golfsport. Was in Europa "Sportswashing" genannt wird, ist viel mehr ein Griff nach der Macht im Kontext der geopolitisch komplizierten Golfregion und eine Absicherung gegen Unruhen in der eigenen Bevölkerung. Brot und Spiele im Königreich, in dem es weder Meinungs- noch Versammlungsfreiheit gibt und Regimekritiker um ihr Leben fürchten.

Im vergangenen Jahr waren alleine binnen eines besonders blutigen Tages im März 81 Menschen hingerichtet worden. 2018 wurde der Journalist Jamal Khashoggi mutmaßlich mindestens mit Billigung des Kronprinzen Mohammed bin Salman im saudischen Konsulat in Istanbul ermordet. "Werte am Flughafen vergessen. Überhaupt kein Gefühl für Menschenrechte. Setzt sich für nichts ein. Natürlich höre ich das", beschreibt Hack die Kritik, die ihm entgegenschlägt. Aber jeder, der ihn kenne wisse, dass das nicht stimmt. Hack setzt sich ein, spendet zum Beispiel vor Ort viel für Menschen, denen es nicht so gut geht, wie ihm. Und er hoffe, dass es "eine Entwicklungsphase ist, die Saudi-Arabien gerade durchgeht." Die Todesstrafe oder das Kafala-System, das Gastarbeiter quasi zu Leibeigenen macht, gehören in seinen Augen abgeschafft - "hoffentlich braucht das Land nicht allzu lange", sagt er energisch.

"Es dürfen nur acht Ausländer spielen und wir sind neun"

Aus heutiger Sicht kann Ezgjan Alioski als eine Art "Early adopter" bezeichnet werden. Der Schweizer wechselte schon 2021 in die Liga und steht bei Al-Ahli unter Vertrag. 30 Pflichtspiele absolviert der Verteidiger in seiner ersten Saison, nach einer Leihe zu Fenerbahce Istanbul kehrt er im Sommer 2023 zurück und macht zunächst vier Spiele für den Klub. Im Internet kursiert ein Clip, wie sich Alioski bei seiner Auswechslung an diesem besagten vierten Spieltag in der 98. Spielminute von den Fans verabschiedet. So, als hätte er geahnt, was passiert. "Da gibt es hier eine Regel", erklärt der 31-Jährige. "Es dürfen nur acht Ausländer spielen und wir sind neun. Und alle Acht, die gekommen sind, sind neu. Ich bekam aus den Medien mit, dass des vielleicht mich treffen würde, von der Liste gestrichen zu werden", sagt Alioski. Er meint die Liste der spielberechtigten Profis. Alioski verliert seine Möglichkeit zu arbeiten und hat seitdem keine einzige Partie mehr für Al-Ahli bestritten.

Stattdessen: Training, Training und noch mehr Training. Mit der Mannschaft, aber auch mit einem Personal-Coach. Die einzigen Lichtblicke sind die Partien mit der Nationalmannschaft Nordmazedoniens, die der Doppelstaatler absolvieren kann. "Wenn du weißt, du kannst nicht mal der Mannschaft helfen, auch im nächsten Spiel oder im übernächsten Spiel nicht, das hat mir wehgetan. Da bin ich am Anfang gar nicht ins Stadion gegangen. Aber dann habe ich eine Motivation gefunden: Ich probiere, die Mannschaft zu analysieren, der Mannschaft so zu helfen."

Trainer ist seit Juli Matthias Jaissle, ein Deutscher. Beide sprechen regelmäßig miteinander, die Wertschätzung sei klar da, auch sein Spielsystem mit hoch stehenden Außenverteidigern würde zu Alioski passen, aber es nützt nichts. Nach ntv-Informationen entscheidet nicht nur der Trainer, wer auf dem Platz steht, sondern auch das Management des Klubs. Die Präferenz der Vereinsverantwortlichen läge schlicht auf den teuren Neuzugängen, unabhängig von der Qualität oder wie gut sie ins Spielsystem passen.

Alioski schiebt Frust

Und so gibt es aktuell keine Chance für Alioski, der aber weiterhin pünktlich sein Gehalt vom Klub bekommt. "Deswegen hat man es auch nie richtig verstanden. Es ist nicht üblich, dass der Verein einfach einen Spieler behält und ganz normal bezahlt", sagt Alioski. Es scheint, als ob Alioski die Schuld beim Verein sucht. "Es war nicht fair, wie es gemacht worden ist, weil das Transferfenster ja noch lange offen war. Ich hätte noch wechseln können, wenn man mit mir oder meiner Agentur gesprochen hätte. Aber wir wissen bis heute nicht, was geht."

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Aufgeben war aber noch nie eine Option für Ezgjan Alioski. Im Wintertransferfenster ab Januar 2024 will er Klarheit haben. Kriegt er eine Spielberechtigung bei Al-Ahli, weil zum Beispiel ein anderer internationaler Profi ausfällt oder wechselt, dann würde er gerne in der Wüste bleiben. Der Frust, den Alioski hat, wird im Gespräch ganz deutlich. Schwer vorstellbar, dass er so noch lange beim Klub bleiben will.

Die dritte Option wäre eine Regeländerung, aber der technische Direktor der Liga, Michael Emenalo macht da wenig Hoffnung: "So ein Prozess würde einige Zeit dauern, wenn er überhaupt stattfindet." Klingt, als würde es vorerst bei acht internationalen Spielern pro Verein bleiben. Trotzdem kann Alioski am Ende des Gesprächs lachen. Er sei schon ein bisschen "Opfer" des Geldes. Und damit ist er das Gegenteil von Alexander Hack. Wirklich schlecht geht es aber keinem von den beiden.

Quelle: ntv.de

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