Kein deutscher Sieg in Kopenhagen B-Team verspielt 2:0-Führung
11.08.2010, 22:36 Uhr
Joachim Löw dürfte einige Rückschlüsse aus dem Spiel seiner Notelf gegen Dänemark gezogen haben - auch unerfreuliche.
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Der zweite Anzug der deutschen Fußball-Nationalmannschaft vertändelt beim ersten Auftritt nach der WM leichtfertig einen Testspielsieg gegen Dänemark. Eine Zwei-Tore-Führung nach 73 Minuten reicht nicht, weil Tasci und Wiese den Gastgebern noch zwei Treffer zum Ausgleich auflegen.
Joachim Löws Not-Elf hat beim Start in die neue Länderspiel-Saison einen sicher scheinenden Sieg fahrlässig aus der Hand gegeben. Drei Wochen vor dem Auftakt in der EM-Qualifikation in Brüssel gegen Belgien musste sich das bunt zusammengewürfelte Team in Kopenhagen mit einem 2:2 (1:0) gegen Dänemark begnügen. Sturm-Sorgenkind Mario Gomez (19.) und der eingewechselte Patrick Helmes (73.) hatten die DFB-Auswahl vor 19.071 Zuschauern im Parken-Stadion in Führung gebracht. Doch Dennis Rommedahl (74.) und Mads Junker (87.) schafften noch die Tore zum Endstand. Bitter für das deutsche Team: Beim Ausgleich assistierte der bis dahin fehlerlose Tim Wiese im deutschen Tor, den Anschlusstreffer hatte Abwehrspieler Serdar Tasci mit einer misslungenen Spieleröffnung ermöglicht.
"Es war insgesamt zufriedenstellend. Ich habe gesehen, dass die Mannschaft versucht hat, gut organisiert zu stehen und Chancen herauszuspielen. Ich habe gute Ansätze gesehen, mehr war eigentlich nicht zu erwarten", fasste Bundestrainer Löw seine Eindrücke der ersten 90 Saisonminuten zusammen. Besonders freute sich der Coach über den Gomez-Treffer: "Das Tor wird sein Selbstvertrauen stärken." Der so gelobte war nicht ganz zufrieden mit dem Resultat, zu dem er mit dem Auslassen zweier Großchancen maßgeblich beigetragen hatte. "Beim Stand von 2:0 dürfen wir das Spiel nicht mehr hergeben", sagte Gomez, schränkte aber auch ein: "Die Mannschaft wird nie wieder so zusammenspielen, dafür war es ganz okay."

Mario Gomez untermauerte in der 19. Minute mit dem 1:0 seinen Ruf als Testspieltorjäger.
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Beim ungeliebten Länderspiel neun Tage vor dem Bundesliga-Aufgalopp zog sich Löws aus der Not geborene Auswahl besser aus der Affäre als erwartet. Der Bundestrainer hatte in der Startformation zwar sechs WM-Fahrer aufgeboten, aber in Jerome Boateng stand nur ein Akteur auf dem Rasen, der auch in Südafrika erste Wahl gewesen war. 32 Tage nach dem 3:2 im kleinen WM-Finale gegen Uruguay lieferte der Auftritt wie erwartet kaum Erkenntnisse für die bevorstehenden Aufgaben. Dennoch fiel positiv auf, dass sich das Team auch in Kopenhagen bemühte, das bei der WM erfolgreiche System umzusetzen. Mit dem 2:2 blieb die Löw-Elf zudem im 19. Auswärtsspiel in Folge ungeschlagen und stellte damit einen neuen DFB-Rekord auf.
Hitzlsperger und Gentner überzeugen
Zu den Aktivposten einer Elf, die in dieser Zusammensetzung wohl nicht mehr auflaufen wird, gehörten neben Wiese auch Ersatz-Kapitän Thomas Hitzlsperger und Christian Gentner. Der Ex-Stuttgarter, dessen sportliche Heimat nun der englische Club West Ham United ist, gefiel nicht nur durch seine tolle Vorarbeit zum Führungstor. Er versuchte auch das Spiel zu ordnen und zu lenken. Den zweiten Treffer leitete Stuttgart-Rückkehrer Gentner ein, der auch als Balleroberer im Mittelfeld Pluspunkte sammelte.
Auf der Özil-Position in der Schaltzentrale zeigte Toni Kroos ein paar vielversprechende Ansätze. Mit seinem 13. Tor im DFB-Trikot setzte Gomez nach Monaten der Verunsicherung und Selbstzweifel ein erstes Zeichen in der neuen Saison. Der Münchner hatte letztmals beim 3:0 in der WM-Vorbereitung in Ungarn getroffen. Insgesamt bleibt die DFB-Bilanz von Gomez aber bescheiden, schließlich hat er zehn seiner nun 13 Tore in Freundschaftsspielen erzielt.
Abwehr anfangs schlecht sortiert

Joachim Löw sah ein ordentliches Spiel seines Teams. Nicht ordentlich war, dass sein Team nicht gewann.
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Strömender Regen über dem Parken hatte Joachim Löw und die fünf Reservespieler vor Beginn der Partie unter das schützende Tribünendach getrieben. Von dort aus sahen sie eine anfangs schlecht sortierte deutsche Abwehr, die den Dänen zu viel Raum ließ. In der 7. Minute stand Abwehrspieler Daniel Agger beim Kopfball völlig frei, 60 Sekunden später kam Boateng gegen den dänischen Debütanten Nicklas Pedersen einen Schritt zu spät und handelte sich die Gelbe Karte ein. Der folgende Freistoß von Christian Eriksen landete am Außennetz.
Erst allmählich fand die Löw-Elf Sicherheit im Zusammenspiel und ging durch Gomez zu diesem Zeitpunkt etwas überraschend in Führung. Hitzlsperger hatte Dänemarks WM-Abwehr mit einem mustergültigen Pass in die Spitze ausgehebelt, und der Münchner ließ Schlussmann Thomas Sörensen mit links aus etwa acht Metern keine Abwehrchance. Doch das deutsche Team versäumte es entschlossen nachzusetzen. Nach etwa 30 Minuten wurde der Bundestrainer ungeduldig und zeigte sich erstmals an der Seitenlinie, weil ihm das Spiel zu passiv war.
Gomez vergibt die Entscheidung
Vier Minuten vor der Pause verhinderte Tim Wiese den drohenden Ausgleich, als er einen strammen Schuss von Rommedahl zur Ecke lenkte. In der Nachspielzeit der ersten Hälfte war der bei der WM nicht eingesetzte Bremer Schlussmann erneut vor Rommedahl am Ball. Auch nach Wiederbeginn stand die DFB-Elf zunächst unter Druck: Beim Schuss von Pedersen in der 47. Minute rettete Serdar Tasci auf der Torlinie. Die beste Chance für die Skandinavier vergab Agger (56.), der den Ball aus kurzer Distanz an den Pfosten jagte.

Patrich Helmes traf kurz nach seiner Einwechslung zum 2:0. Es war nicht die Entscheidung.
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Auf der Gegenseite setzte der eingewechselte Aaron Hunt (60.) wieder ein Achtungszeichen. Sörensen lenkte den Ball ans Torgestänge. Dann vergab Gomez die Entscheidung, nachdem Dänemarks Keeper einen Knaller von Hitzlsperger nicht festhalten konnte (62.). Als Helmes auf Vorarbeit von Gentner mit seinem zweiten DFB-Tor das 2:0 gelungen war, schien die Partie entschieden. Doch deutsche Nachlässigkeiten brachten Dänemark zurück ins Spiel. Rommedahls Anschluss nach kapitalem Fehler von Tasci ließ die Gastgeber noch einmal Morgenluft wittern. Kurz vor Schluss legte dann Wiese dem Dänen Junker den Ball zum 2:2 vor.
Bierhoff: Ballack brennt
Nicht in Dänemark dabei war Mittelfeldspieler Michael Ballack. Laut DFB-Teammanager Oliver Bierhoff ist der 33-Jährige aber unabhängig von allen Kapitäns-Debatten heiß auf sein Comeback in der deutschen Fußball-Nationalmannschaft. "Aus den Aussagen von Michael spüre ich, dass er weiter große Lust auf die Nationalelf hat. Er steht unmittelbar vor seinem 100. Länderspiel und will sicherlich noch eine starke EM spielen", sagte Bierhoff der "Bild". Der DFB-Manager glaubt, dass Ballack eine Rückkehr in die Nationalelf nicht davon abhängig machen wird, "ob er Kapitän bleibt".
Ballack, der die WM in Südafrika wegen einer Fußverletzung verpasst hatte, untermauerte bereits mehrmals seinen Anspruch, das DFB-Team weiter als "Capitano" zu führen. Doch auch WM-Kapitän Philipp Lahm meldete seinen Wunsch an, das Amt langfristig auszuüben. Bundestrainer Joachim Löw will die Kapitäns-Frage bis zum Start in die EM-Qualifikation Anfang September in Belgien entscheiden. Nach dem 2:2 in Dänemark stellte er jedoch klar, dass bislang Ballack der Kapitän war - und sich daran bis zu seiner noch zu verkündenden Entscheidung nichts ändern wird.
Quelle: ntv.de, cwo/dpa