Letzte Chance für Pherai? BVB-Talent erzielt erstaunliches Tor
18.01.2022, 14:39 Uhr
Perfekt Maß genommen: Immanuel Pherai.
(Foto: imago images/foto2press)
In der Zweitvertretung des BVB kämpfen viele Talente um den Aufstieg zu den Profis. Einer, der das schaffen kann und soll ist Immanuel Pherai. Doch bislang bleibt dem Niederländer der Zugang zum Team von Marco Rose verwehrt. Ob ein Tor des fußballerischen Wahnsinns das nun ändert?
Warum Immanuel Pherai noch immer in der zweiten Mannschaft von Borussia Dortmund spielt, das kann man sich wohl selbst beim BVB nicht so richtig erklären. Denn dieser kleine Spielmacher bringt doch eigentlich alles mit, was es braucht, um ein herausragender Fußballer zu sein. Ex-Coach Lucien Favre hatte das bereits erkannt und den jungen Niederländer an den Profikader herangeführt. Er trainierte mit und schaffte es ab und an mal in den Spieltagskader. Doch dabei ist es bislang geblieben. Zu einem Einsatz im Bundesliga-Team hat es noch nicht gereicht. Das aber bleibt der große Wunsch des 20-Jährigen, der im Klub sehr hoch gehandelt wird. Und seine aktuelle Bewerbung taugt durchaus als Ansage, um die Personalie Pherai noch mal zu durchdenken.
Am Montagabend war ihm nämlich ein phänomenales Tor geglückt. Im Drittligaspiel der BVB-Reserve bei Waldhof Mannheim. Als der Ball nach einem unkontrollierten Klärungsversuch der Gastgeber vor den Füßen von Pherai landete, zögerte dieser nicht und hob ihn mit mondballverdächtiger Flugbahn aus rund 45 Minuten ins Tor. Der viel zu weit vor seinem Gehäuse stehende Timo Königsmann war gleichermaßen überrascht wie chancenlos, denn der Ball fiel wie ein Stein fast senkrecht herunter. Eine durchaus neue physikalische Facette im Fußball, nach Roberto Carlos' Zickzack-Freistoß oder Cristiano Ronaldos Fernschusskünsten. Dieser spektakuläre Treffer in der 90. Minute zum 2:1 gab diesem verrückten Spiel die finale Wende. Die Dortmunder siegten 3:1, in der Nachspielzeit erhöhte Tobias Raschl, auch so einer, der stets auf den Sprung zu den Profis steht, per Elfmeter.
Es war der zweite Strafstoß der Partie. Den ersten hatten die Mannheimer und er hätte das Spiel vorentscheiden können. Denn als Dominik Martinovic in der 79. Minute antrat, stand es 1:1, die in Halbzeit eins unterlegenen Dortmunder hatten wenige Minuten vorher den Ausgleich durch Ole Pohlmann erzielt - und waren besser im Spiel. Aber Martinovic scheiterte an Torwart Stefan Drljaca. Der korrigierte mit seiner starken Parade das plumpe Foul, das zum Elfmeter geführt hatte. "Ich bin froh, dass ich mich so bei der Mannschaft entschuldigen konnte und die Jungs dadurch Wind bekommen haben für die Schlussphase", bekannte er bei MagentaTV.
"... und das war einfach super!"
Drljaca erzählt eine Geschichte dieses aufregenden Spiels. In der ersten Hälfte wäre ein Fehler bei der Ballannahme beinahe hart bestraft worden - doch das Slapstick-Gegentor blieb ihm erspart. Wenig später dann verhinderte er mit einem tollen Reflex das 0:2, von dem sich der BVB womöglich nicht erholt hätte. Die große Geschichte aber ist Pherai vorbehalten. Mit seinem genialen Moment, den er seinem Mut und seiner Handlungsschnelligkeit verdankt. "Ich habe gesehen, dass der Torwart ein bisschen weit draußen und ein bisschen an der Seite steht und dann habe ich gedacht, wir haben nix zu verlieren, ich probiere es einfach mal", sagte er über sein Tor zum Staunen. "Als ich den Ball getroffen habe, dachte ich erst: hmm… vielleicht ein bisschen zu hart, aber dann ist er reingegangen und das war einfach super!"
Nun wunderte sich beim BVB niemand, dass ausgerechnet der niederländische Edeltechniker dieses Sensationstor erzielte. Denn in Pherai steckt bei allen Tempodefiziten eine Menge fußballerischer Klasse. "Der Junge ist crazy, er ist bekannt für sowas", begeisterte sich Drljaca. Tatsächlich sind ihm schon mehrere Geniestreiche gelungen. Für den BVB-Nachwuchs erzielte mal ein Tor mit der Hacke und für seinen Jugendklub AZ Alkmaar ebenfalls sehenswerte Lupfer, wie er selbst bekannte.
"In der besten Phase der Karriere"
Pherai spielt beim Aufsteiger eine auffällige Saison. Fünf Tore hat er bereits erzielt, sieben vorbereitet. Nur Berkan Taz kommt auf die gleiche Zahl an Scorerpunkten. Ob die Leistungen aber reichen, um sich den Traum vom Sprung in den Profikader zu erfüllen? Nach einer bisweilen überragenden Zeit in den schwarzgelben Nachwuchsteams, einer Phase der Stagnation und einer nur mäßig beeindruckenden Leihe für PEC Zwolle in der vergangenen Saison hat Pherai den Kampf um seine letzte Chance auf einen Durchbruch beim BVB, zu dem das gehypte Talent im Sommer 2017 gewechselt war, entschlossen angenommen. Kurz vor Silvester sagte Ingo Preuß, Teammanager der U23, dass sich der 20-Jährige aktuell "in der besten Phase seiner Karriere" befinde. Ein Winter-Abgang soll daher unbedingt verhindert werden.
Das aber scheint für Pherai eine sehr willkommene Option zu sein. Im November sagte er gegenüber goal.com, dass "eine erneute Leihe für mich schon vorstellbar ist". Er wisse, dass es bereits konkretes Interesse von Klubs aus Deutschlands höchsten Spielklassen gebe. Er nennt allerdings auch Bedingungen, die er gerne erfüllt hätte: "Wenn es möglich ist, dort regelmäßig zu spielen und zuvor beim BVB einen Profivertrag zu unterschreiben, wäre das eine gute Option", so Pherai. Sein Vertrag bei der Borussia läuft Ende dieser Saison aus. Wie der "Kicker" berichtet, arbeitet der BVB an einem Verbleib des jungen Niederländers. Und trifft dabei auch einen bekannten Freund-Feind, auf Erling Haalands Berater Mino Raiola. Dem sagt man ja nach, ein gewisses Faible für den Wahnsinn zu haben.
Quelle: ntv.de, tno