Fußball

"Tendiere ich noch zu Vollidiot" BVB völlig außer Rand und Band

Wenn der Deutsche Meister ein Fußballspiel gegen einen Zweitligisten gewinnt und hinterher feiert, als sei es um die Champions League gegangen, muss etwas Besonderes geschehen sein. Dortmunds Roman Weidenfeller steht stellvertretend für ein emotionales Pokalachtelfinale, das Düsseldorf unglücklich verliert. Und das alles bietet, was die Zuschauer sehen wollen.

Emotionaler Ausnahmezustand: Roman Weidenfeller, Torhüter der Borussia aus Dortmund.

Emotionaler Ausnahmezustand: Roman Weidenfeller, Torhüter der Borussia aus Dortmund.

(Foto: REUTERS)

Wenn erwachsene Männer sich in aller Öffentlichkeit gegenseitig anschreien, wie die Irren toben, hemmungslos Fahnen schwenken und anschließend Alkohol bestellen - dann muss das irgendetwas mit Fußball zu tun haben. Hatte es auch. Beim Sieg der Borussia aus Dortmund bei der Fortuna in Düsseldorf sorgten nicht nur die 54.000 Zuschauer im ausverkauften Stadion für Stimmung, auch die Spieler trugen einen gehörigen Teil zu dem bei, was in der Sportsprache gemeinhin unter der Bezeichnung Pokalatmosphäre firmiert.

War ja alles dabei: Der Deutsche Meister gastiert bei einer Mannschaft, die beweist, warum sie die beste der zweiten Liga ist, verliert nach einer guten halben Stunde einen Spieler, setzt sich erst im Elfmeterschießen mit 5:4 durch und feiert das Erreichen des Viertelfinales im DFB-Pokal wie einen Titelgewinn. Dortmund Trainer Jürgen Klopp kriegte sich hinterher kaum ein, herzte beim Interview vor laufender Kamera Mats Hummels, seinen überragenden Innenverteidiger, strahlte wie ein Kater, der vom Onkel aus Amerika eine Thunfischfabrik geerbt hat und sagte: "Es gab selten einen Trainer, der stolzer auf seine Truppe war als ich heute. Es war ein unglaublicher Kraftakt, umso schöner fühlt es sich an."

Wie von der Tarantel gestochen

Leicht geknickt war, abgesehen von den glücklosen Düsseldorfern, nur Dortmunds Patrick Owomoyela, den der Schiedsrichter nach dessen zweiten Foul in der 34. Minute mit Gelb-Roter-Karte vom Platz geschickt hatte, bewies aber auch im Zwiespalt der Gefühle Humor. "Wie soll man sie bezeichnen: Glückspilz oder Pechvogel?", wurde er gefragt. "Im Moment tendiere ich noch zu Vollidiot", antwortete Owomoyela und lieferte eine schöne Überleitung zu seinem Torhüter Roman Weidenfeller und dem, was nach den 120 aufreibenden Minuten im Elfmeterschießen zu Düsseldorf geschah.

Weidenfeller war es, der in den 120 Minuten zuvor seinen Dortmundern das Unentschieden gerettet hatte, er war es, der im Showdown den Strafstoß des Düsseldorfers Thomas Bröker abwehrte. Er war es auch, der erst wie von der Tarantel gestochen zu seinem angesichts der Weidenfeller'schen Vehemenz bemitleidenswerten Kollegen Ivan Perisic rannte, nachdem der den entscheidenden Elfmeter verwandelt hatte, und dann zu den Fans in die Kurve, sich dort ein Fähnchen lieh und es beherzt schwenkte. Und Weidenfeller war es auch, der für alle am sichtbarsten nicht mit dem einverstanden war, was Manuel Gräfe zuvor getan hatte.

"Was machen sie? Was machen Sie?

Der Schiedsrichter ließ zwei Strafstöße wiederholen, weil sich die Torhüter zu früh bewegt hatten. Er mag das entsprechend den Regeln getan haben, dummerweise zweimal zu Ungunsten der Dortmunder. Jakub Blaszczykowski musste zweimal antreten, weil Fortunas Michael Ratajczak beim ersten Versuch zu weit vor der Linie stand. Dass Blaszczykowski auch da schon den Ball ins Tor geschossen hatte, beeindruckte Gräfe wenig.

Als danach der Düsseldorfer Kapitän Andreas Lambertz nach einem Fehlschuss eine zweite Chance bekam, brachte Weidenfeller so aus der Fassung, dass er auf den Schiedsrichter stürmte, fassungslos wie ein Kater, der gerade erfahren hat, dass die geerbte Thunfischfabrik seit Jahren die Produktion eingestellt hat. "Was machen sie? Was machen Sie?", schrie Weidenfeller den Schiedsrichter an und tat das derart nachdrücklich, dass Gräfe ihm und auch Dortmunds Kapitän Sebastian Kehl die Gelbe Karte zeigte.

Der tat nach dieser emotionalen Partie in der Kabine dann allerdings alles in seiner Macht stehende, die Gemüter seiner Kollegen zu beruhigen. Während Trainer Klopp immer noch wie ein Champions-League-Gewinner strahlte und euphorisiert von einem Spiel sprach, "das in die Vereinsgeschichte eingehen wird", tat Kehl das, was ein Mann tun muss. Und orderte dem Vernehmen nach erst einmal eine Kiste Bier. Muss irgendetwas mit Fußball zu tun gehabt haben.

Quelle: ntv.de

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