VfB-Treuebekenntnis Makulatur Babbel muss gehen, Gross kommt
06.12.2009, 19:00 Uhr
Für Markus Babbel kam die Winterpause schneller als gedacht.
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Der VfB Stuttgart zieht nach dem desolaten 1:1 im Kellerduell gegen den VfL Bochum die Reißleine und entlässt seinen Teamchef Markus Babbel. Als dessen Nachfolger präsentiert der Tabellensechzehnte der Fußball-Bundesliga den Schweizer Christian Gross.
Keine Siege, kein Rückhalt, dafür jede Menge Ärger: Mit der Freistellung von Trainer Markus Babbel hat die schier unendliche Krise beim VfB Stuttgart ihren einstweiligen Höhepunkt erreicht. Einen Tag nach dem enttäuschenden 1:1 (0:0) gegen den VfL Bochum und Ausschreitungen von Randalierern nach dem Spiel trennten sich der abstiegsgefährdete Fußball-Bundesligist und der 37-jährige Babbel.

Gekommen als Retter: Christian Gross verlässt nach über zehn Jahren den FC Basel und übernimmt den VfB.
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Als neuer VfB-Coach wurde bereits der Schweizer Christian Gross vorgestellt. Er trainierte seit 1999 den FC Basel. In seiner Trainerkarriere gewann Gross in der Schweiz bislang sechs Meistertitel und fünf Mal den Pokal. In Stuttgart erhält er einen Vertrag bis 2011. "Ich bin hier um zu retten, was noch zu retten ist", sagte der 55-Jährige, der mit seiner Rettungsaktion sofort begann: Noch am Abend musste die Mannschaft zum Training anrücken. "Ich will mit der Mannschaft zurück auf die Siegerstraße", ergänzte Gross.
"Ich wünsche dem neuen Trainerteam alles Gute. Ich hoffe, dass sie den Knopf finden und drücken, damit die Mannschaft wieder funktioniert. Ich habe ihn nicht gefunden", sagte Babbel. Er muss die Verantwortung für eine Saison tragen, die bislang eine einzige Enttäuschung war: 12 Punkte aus 15 Spielen, Platz 16 in der Bundesliga, Pokalaus gegen Zweitligist Greuther Fürth. Nur in der Champions League lief es besser: Dort kann der VfB am Mittwoch noch aus eigener Kraft das Achtelfinale der Champions League erreichen, mit einem Sieg gegen den rumänischen Meister Unirea Urziceni. In der Bundesliga ist der VfB hingegen seit acht Spielen sieglos.
Rauswurf trotz Jobgarantie
Trotzdem durfte Babbel am Dienstag nach einem entsprechenden Treuebekenntnis des Vorstands noch davon ausgehen, mindestens bis zur Winterpause im Amt bleiben zu dürfen. Doch der Wind hatte sich nach dem blamablen 0:4 bei Bayer Leverkusen schon gedreht, und am Samstag überschlugen sich die Ereignisse geradezu. Vor dem Spiel blockierten einige hundert Chaoten die Anfahrt des Stuttgarter Mannschaftsbusses ins Stadion, die Polizei musste dem Gefährt Geleitschutz geben.

Es brennt lichterloh beim VfB.
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Nach dem Spiel ging es weiter. Während sich im Stadion die Verantwortlichen angesichts der jüngsten Entwicklungen die Köpfe heiß redeten, tobte draußen vor den Eingängen der Mob. Eine Menge, die zeitweise auf rund 3000 Leute anwuchs, belagerte die Arena, das VIP-Gebäude und das angrenzende Klub-Gelände. Abermals musste die Polizei einschreiten, bei den Auseinandersetzungen erlitten zwei Beamte Verletzungen, drei Personen wurden festgenommen.
"Euer Kredit ist verspielt"
"Man muss Angst haben, dass das weiter eskaliert", sagte kurz nach dem Spiel der erkennbar deprimierte Heldt. Er meinte damit auch die angekündigte Aktion der treuesten Anhänger. Sie hatten bislang fest bis zur Selbstverleugnung zu Mannschaft und Trainer gestanden, sich nach dem Debakel in Leverkusen allerdings zu einer Kehrtwende entschlossen. Mit Spielbeginn entrollten die Cannstatter Kurve ein Plakat mit der Aufschrift: "Euer Kredit ist verspielt."
Zwar gab es zwischenzeitlich Anfeuerungsrufe, spätestens nach dem Spiel aber war klar: Auch die Anhänger sind kein Rückhalt mehr. "Das ist bitter, weil die Mannschaft Unterstützung braucht, aber wir müssen das akzeptieren", erklärte Heldt. Babbel hätte lieber eine Trotzreaktion der Spieler gesehen. Die Bus-Blockade vor dem Spiel habe ihn stimuliert, sagte er: "Mich hat das hochgradig erregt. Aber leider konnte ich mich nicht selbst aufstellen."
Ausgleich in Überzahl
So huschte ein VfB Stuttgart über den Platz, dem mit der Bezeichnung Absteiger noch geschmeichelt ist. Nichts ließ darauf schließen, dass die völlig verunsicherten Spieler den Kredit wieder hereinspielen könnten. In der zweiten Halbzeit wurde es ein wenig besser, Serdar Tasci köpfte das 1:0 (63.). Doch trotz einer Roten Karte für den eingewechselten Diego Klimowicz (81.) gelang den eher harmlosen Gästen noch der Ausgleich durch Christian Fuchs (89.).
"Ich hüte mich davor zu sagen, dass es nicht schlimmer werden kann", sagte der entmachtete Kapitän Thomas Hitzlsperger, "das habe ich vor vier oder sechs Wochen auch schon gesagt, und es ist schlimmer geworden." Und es könnte noch schlimmer kommen: Der VfB ist und bleibt ein Abstiegskandidat.
Quelle: ntv.de, cwo/sid