Erste Sportschau-Kommentatorin Baczyk setzt auf Leistung - und Fairness
22.07.2019, 18:10 Uhr
Für Baczyk geht ein Kindheitstraum in Erfüllung.
(Foto: dpa)
Den Zuschauern der Fußball-Weltmeisterschaft 2019 ist ihre Stimme bereits bestens bekannt. Zur kommenden Saison wird Stephanie Baczyk als erste Frau für die Sportschau über die 1. Fußball-Bundesliga berichten. Sie setzt dabei auch auf die Fairness der Zuschauer.
Stephanie Baczyk rückt als erste Frau ins Kommentatorenteam - bestehend sonst aus 17 Männern - der ARD-Sportschau für die Fußball-Bundesliga auf. Viel Aufhebens will sie wegen ihres neuen Jobs nicht aber machen. Andererseits weiß auch die 32 Jahre alte Sportreporterin, dass es etwas Besonderes ist: "Es ist tatsächlich eine Art Kindheitstraum in Erfüllung gegangen", sagt Baczyk. "Ich mache mir ehrlich gesagt keine Gedanken darüber, ob es um Männer oder Frauen geht. Es sollte um Leistung gehen."
Die Sportchefs waren der Meinung, dass ihre Leistung stimmt. Sie beförderten die Journalistin, die zuvor schon mit Berichten über die 3. Liga und über Spiele des DFB-Pokals in der "Sportschau" zu hören war, zur neuen Saison in die 1. Liga. "Sie hat einen unglaublichen Fußball-Sachverstand", sagte Katrin Günther, die Sportchefin beim Rundfunk Berlin-Brandenburg. "Sie kann Fußballspiele lesen." Und noch etwas zeichnet sie nach Günthers Meinung aus: "Sie hat, was für Frauen nicht ganz unwichtig ist, eine Stimme, die nicht ganz nach oben geht, wenn es spannend wird. Das spielt eine Rolle, weil es einige abschreckt."
Von den Attacken auf Neumann nicht abgeschreckt
Der RBB scheint eine Art Kaderschmiede zu sein. Er hat nicht nur eine Sportchefin und bald die erste Erstliga-Reporterin bei der "Sportschau", sondern stellt mit Jessy Wellmer auch eine Moderatorin des Klassikers. Die Präsentation von Sportsendungen durch Frauen ist schon lange üblich, bei der ARD oder im "Aktuellen Sportstudio" des ZDF mit Katrin Müller-Hohenstein und Dunja Hayali. Viele Frauen ziehe es eher zur Moderation, sagte ARD-Sportkoordinator Axel Balkausky. Die Bewerbungen bei der Suche nach Kommentatorinnen hielten sich in Grenzen. "Es gab nicht so viele, die sich nach einem Aufruf in den Sendern gemeldet haben", berichtete Balkausky. "Das hat uns selber auch überrascht."
Der ARD-Sportchef glaubt, dass das auch daran liegen könne, wie Claudia Neumann im Internet zum Teil wüst und frauenfeindlich beschimpft wurde. Die ZDF-Journalistin hatte im Vorjahr als erste Frau Spiele der Fußball-WM kommentiert. "Das könnte abschreckend gewesen sein", sagte Balkausky. Er hat aber auch einen "Wandel" festgestellt: "Es melden sich inzwischen auch jene in Foren, die etwas Positives zu sagen haben." Grundsätzlich fordert der ARD-Sportkoordinator Geduld bei der Beurteilung von Baczyk: "Kommentieren ist eine schwere Disziplin. Auch Männer brauchen lange und müssen an den Job herangeführt werden."
Herangeführt wurde die aus Hannover stammende Baczyk zuletzt bei der Frauen-WM in Frankreich, wo sie mehrere Live-Spiele kommentierte. Und für den Umgang mit kritischen Bemerkungen hat ihre Chefin einen Tipp parat. "Man muss sich davon unabhängig machen", empfahl Katrin Günther: "Wenn du auf jede Kritik hörst, wirst du mürbe."
Quelle: ntv.de, tno/dpa