"Mes que una crisis" Barça gerät außer Kontrolle
06.01.2015, 18:00 Uhr
Harte Zeiten: Barcelonas Lionel Messi.
(Foto: AP)
Es läuft nicht rund beim FC Barcelona. Der Trainer steht auf der Kippe und soll Ärger mit Superstar Messi haben, der Sportdirektor muss gehen, eine Klub-Ikone ergreift die Flucht. Und die Mannschaft spielt längst nicht mehr so souverän wie einst.
Eine titellose Saison, drei Trainerwechsel in drei Jahren, das Transferverbot wegen Verstößen gegen die Fifa-Ordnung - und jetzt auch noch die Entlassung des langjährigen Sportdirektors Andoni Zubizarreta sowie die Flucht von Klub-Ikone Carles Puyol. Nach Jahren an der Spitze des Weltfußballs läuft es beim FC Barcelona längst nicht mehr rund. Und nicht nur der deutsche Torhüter Marc-Andre ter Stegen wird sich wundern. Was ist bloß los beim ruhmreichen katalanischen Vorzeigeverein?
Seit dem Abschied Pep Guardiolas im Sommer 2012 ist viel passiert im Nordosten Spaniens. Anfangs schien es noch so, als könne Guardiolas langjähriger Assistent und Nachfolger Tito Villanova den Kurs seines Meisters fortführen und den spanischen Giganten an der nationalen und internationalen Spitze halten. Doch der neue Trainer, der zwei Jahre später den Kampf gegen den Krebs verlieren sollte, musste seinen Posten aus eben diesen gesundheitlichen Gründen räumen. Barça war zu einem Schnitt gezwungen. Der Argentinier Gerardo Martino kam, mit ihm verlor das Team um Superstar Lionel Messi aber an Stärke und Glanz.
Hatte die Mannschaft unter Villanova noch mit einem Ligarekord von 100 Punkten die Meisterschaft errungen, so war unter Martinos Regie von der spielerischen Identität und einstigen Dominanz des katalanischen Ensembles immer weniger zu sehen. Zudem büßte der Verein - ausgelöst durch etliche Kleinkriege abseits des Rasens - auch in der öffentlichen Wahrnehmung an Sympathiepunkten ein. Im Januar 2013 trat Präsident Sandro Rossell zurück, nachdem gegen ihn ein Ermittlungsverfahren wegen angeblicher Unterschlagung im Amt eingeleitet worden war.
Ter Stegens Sorgen wachsen
Nachfolger Josep Maria Bartomeu und Sportdirektor Zubizarreta waren in der Pflicht. Doch ihnen gelang es nicht, den Generationswechsel im Team voranzutreiben, ohne die von den Fans Jahr für Jahr geforderten Titel aus den Augen zu verlieren. Zugänge wie der Ex-Schalker Ivan Rakitic oder Jeremy Mathieu konnten Leistungsträger wie Carles Puyol oder den alternden Regisseur Xavi nicht ersetzen. Auch der Transfer von Superstar Neymar änderte daran nichts. Barça stand im Sommer 2014 erstmals seit sechs Jahren ohne Trophäe da.
Martino, der mit Zubizarreta die Verpflichtung ter Stegens perfekt gemacht hatte, trat zurück. Mit Ex-Profi Luis Enrique übernahm nach Guardiola und Villanova ein weiterer Schützling aus der Talentschmiede des Vereins, La Massia. Gleichwohl, die Sorgen rissen auch unter dem 44-Jährigen nicht ab. Auch wenn das Team nach der Hinserie in allen Wettbewerben noch aussichtsreich im Rennen liegt, zeigte Enriques Team nicht die Souveränität, die der Verein von sich selbst erwartet.
Puyol geht - mehr oder weniger freiwillig
Während Erzrivale Real Madrid ein großes Jahr mit der Klub-Weltmeisterschaft krönte, machte Barça weiter Negativschlagzeilen. Der Internationale Sportgerichtshof Cas bestätigte vor Jahresende die von der Fifa verhängte Transfersperre bis Anfang 2016. Zubizarreta und seine Kollegen sollen bei Verpflichtungen von Minderjährigen gegen die Statuten verstoßen haben. Wohl der Todesstoß für den einstigen Torhüter der Katalanen, der nach acht Jahren als Spieler und vier Saisons als sportlicher Leiter seinen Hut nehmen muss. Gefolgt von Puyol, der seit dieser Saison an seiner Seite agierte und freiwillig seinen Herzensverein verlässt.
Keine leichten Zeiten für alle Barça-Fans. Das Motto "Mes que un club" (Mehr als ein Verein) erscheint in einem ganz neuen Licht. Die Sorgenfalten wachsen bei allen Beteiligten, auch bei ter Stegen. Schließlich arbeiten mit Martino und Zubizarreta ausgerechnet die beiden Männer nicht mehr beim Klub, die sich für seine Verpflichtung eingesetzt hatten. Schon in der Hinrunde unter Enrique saß der Deutsche Torwart in der Primera Division stets auf der Bank, durfte nur in der Königsklasse und bei einem Pokalspiel spielen.
Für Präsident Bartomeu sind aber ter Stegens Sorgen wohl das derzeit kleinste Problem. Wie die Sportzeitung "As" erfahren haben will, tobt im Hintergrund schon der nächste Krieg. Angeblich befinde sich der Zoff des unzufriedenen Superstars Messi und Trainer Enrique kurz vor der Eskalation. Es soll sogar ein Ultimatum für Enrique geben. Das Pokalspiel gegen Elche und die Primera-Division-Partie gegen Meister Atletico Madrid sollen seine Schicksalsspiele werden. Verliert Enrique, muss er demnach gehen. Ob der nächste Trainerwechsel das Barça-Schiff wieder in die richtige Richtung lenken würde, ist nach den Erfahrungen der vergangenen Jahre fraglicher denn je.
Quelle: ntv.de, sport.de