Er hat Messi gegen sich Barças umstrittener Klubboss schmeißt hin
27.10.2020, 22:23 Uhr
Bartomeu kommt einem Misstrauensvotum zuvor.
(Foto: imago images/Agencia EFE)
Seit 1974 ist Josep Bartomeu Mitglied beim FC Barcelona, seit 2014 dessen Präsident. Nun gibt er sein Amt beim Fußballklub auf. Zu groß ist der Widerstand geworden, nachdem er sich mit Superstar Lionel Messi überworfen hatte. Womöglich hilft sein Abgang dem Weltklub aus der Krise.
Auf dem Platz gab es für Lionel Messi zuletzt ungewohnt viele Niederlagen, doch zumindest im monatelangen Machtkampf mit Barcelonas Präsident Josep Maria Bartomeu darf sich der Weltfußballer über einen Sieg freuen: Bartomeu kündigte nur einen Tag vor dem Champions-League-Spiel bei Juventus Turin (Mittwoch, 21 Uhr im ntv.de-Liveticker) seinen Rücktritt an. Mit ihm legten auch alle weiteren Vorstandsmitglieder ihre Ämter nieder. Der Streit mit dem im Sommer noch abwanderungswilligen Messi, das Misstrauensvotum der Vereinsmitglieder und die angespannte finanzielle Lage waren letztlich zu viel.
"Ich stehe hier vor ihnen, um sie über meinen Rücktritt und den der übrigen Vorstandsmitglieder zu informieren", sagte der 57-Jährige auf einer kurzfristig einberaumten Pressekonferenz: "Es ist eine gut überlegte und gemeinsam getragene Entscheidung." Dabei hatte Bartomeu noch am Montag einen Rücktritt ausgeschlossen. "Es wäre ein schlechter Moment", hatte er gesagt.
Nur einen Tag später war der Druck aber offenbar zu groß geworden. Da half auch kein Kuschelkurs mit dem im Klub mächtigen Messi mehr. "Lionel Messi ist der Schlüssel für unser neues Projekt, wir brauchen ihn", hatte Bartomeu geschwärmt: "Ich hoffe, dass er seinen Vertrag verlängern und seine Karriere bei unserem Klub beenden wird."
Mindestens 20.000 Fans sind gegen ihn
Die Tage des Präsidenten waren aber wohl ohnehin gezählt. Rund 20.000 Unterschriften gegen die Klubführung waren bis Anfang Oktober zusammengekommen, Bartomeu hätte sich daher einer Abstimmung der Mitglieder stellen müssen. Eine Zweidrittel-Mehrheit hätte ihn aus dem Amt wählen können, im März 2021 wäre seine Zeit als Präsident turnusgemäß beendet gewesen.
Für die Katalanen bleibt zu hoffen, dass sich das Machtvakuum in der Führungsspitze nicht negativ auf das sportliche Geschehen auswirkt. Denn schon nach wenigen Saisonspielen kann sich Barça noch mehr Rückschläge eigentlich kaum leisten. Nur sieben Punkte aus fünf Spielen, dazu der verlorene Clásico gegen den Erzrivalen Real Madrid - der neue Trainer Ronald Koeman steht bereits unter Druck. Und der Niederländer machte nach der Pleite gegen die Königlichen einen alles andere als stabilen Eindruck, sondern wetterte wie auch der Vorstand unprofessionell gegen den Schiedsrichter. Noch gelingt es dem ehemaligen Bondscoach nicht, aus seinem Starensemble eine funktionierende Mannschaft zu formen. So bleibt auch Weltmeister Antoine Griezmann bisher unter seinen Möglichkeiten.
Barcelona ist also mehr denn je auf Messi angewiesen, doch auch der Superstar schwächelt derzeit. Dem Supertechniker gelangen in der laufenden Saison erst zwei Treffer, im verpatzten Clásico blieb er blass - und war damit trotzdem noch einer der besseren Katalanen auf dem Feld. Fast zwangsläufig herrscht damit bei Barça Krisenstimmung. Und das nicht nur sportlich.
Quelle: ntv.de, Moritz Löhr, sid