Fußball

Nix mit Vollgas-Aufholjagd à la Vettel Bayern dümpeln im Niemandsland

Ernüchterung statt Aufbruchsstimmung beim FC Bayern: Die geplante Aufholjagd erweist sich immer mehr als Wunschdenken. Der Rückstand auf Dortmund beträgt schon 14 Punkte. Nur Trainer van Gaal hält auch nach dem 1:1 in Leverkusen trotzig am Saisonziel Meisterschaft fest.

Zufrieden sieht anders aus: Münchens Kapitän Philipp Kalhm, links, und Kollege Daniel van Buyten.

Zufrieden sieht anders aus: Münchens Kapitän Philipp Kalhm, links, und Kollege Daniel van Buyten.

(Foto: dapd)

Kein Wutausbruch, keine Kampfansage, kein "Mir-san-Mir-Gefühl" - seltsam leblos nimmt der FC Bayern München im Titelrennen die Dominanz des weit enteilten Spitzenreiters Borussia Dortmund hin. "Natürlich ist Dortmund die Nummer eins", stellte Trainer Louis van Gaal nüchtern fest. Auch wenn der Niederländer nach dem 1:1 bei Bayer Leverkusen verbal am Saisonziel festhielt, klang dies angesichts des auf 14 Punkte gewachsenen Rückstands auf die Spitze eher trotzig als überzeugt: "Wir haben haben noch immer die Chance, Meister zu werden. Es sind noch viele Spiele zu spielen."

Sportdirektor Christian Nerlinger nahm hingegen bereits eine Kurskorrektur vor. Man müsse auf Platz zwei und drei schauen: "Von der Meisterschaft brauchen wir bei dem Abstand nicht zu reden." Richtig Tacheles aber redete vor allem der "Kaiser". Der Ehrenpräsident sprach seinen Bayern beim TV-Sender Sky die Titelreife ab: "Das ist keine Spitzenmannschaft. Sie ist Lichtjahre von der Meisterschaft entfernt", schimpfte Franz Beckenbauer und geißelte die "Kindergarten-Fehler" im Aufbauspiel: "Wenn ich den Anspruch habe, Meister zu werden, muss ich anders auftreten."

"Das 1:1 ist zu wenig"

Vor allem auswärts präsentieren sich die Bayern zu wenig zielstrebig. Sechs Punkte in sechs Spielen, erst ein Sieg in der Fremde - zu wenig, um den Anschluss nach ganz oben zu finden. Während die Konkurrenz aus Dortmund und Mainz fleißig Siege einfährt, kommt der Motor des FC Bayern bei der zuvor von Teilzeitarbeiter Franck Ribéry vollmundig angekündigten Vollgas-Aufholjagd à la Vettel nicht auf Touren. Zurecht wertete van Gaal das Remis in der BayArena als weiteren Rückschlag. "Das 1:1 ist zu wenig. Ich habe wie in Gladbach das Gefühl, dass wir zwei Punkte weggegeben haben."

Doch ein Wutausbruch wie nach dem 3:3 bei der Borussia vor zwei Wochen, als van Gaal seine Elf noch in der Kabine lautstark zusammen stauchte, blieb diesmal aus. Dabei hatte sein Team erneut den möglichen Sieg nach der Führung von Mario Gomez (34.) selbst aus der Hand gegeben. Nach einem Fehlpass von Daniel van Buyten enteilte Sidney Sam und wurde beim Eindringen in den Strafraum durch ein "dummes Foul" (van Gaal) von Daniel Pranjic gestoppt. Den fälligen Strafstoß in der Nachspielzeit der ersten Hälfte verwandelte Arturo Vidal mit seinem fünften Saisontor souverän.

"Tabelle sagt schon die Wahrheit aus"

Für Bayer-Trainer Jupp Heynckes war der Chilene ohnehin der "beste Spieler" auf dem Platz. "Er war nach dem Länderspiel in Santiago 24 Stunden unterwegs, kam erst am Abend vor dem Spiel zu uns. Phänomenal", lobte Heynckes Vidals Leistung und Einstellung. Wie der Coach konnte auch Kapitän Simon Rolfes mit dem "gerechten 1:1" gut leben, auch wenn der Elf im zwölften Spiel hintereinander seit August 2004 der Big Point gegen die Münchner verwehrt blieb. "Wichtig war, die Bayern auf Distanz zu halten", sagte Rolfes. Der Werksclub hat als Dritter fünf Punkte Vorsprung auf die Bayern und neun Zähler Rückstand auf die Dortmunder. Auch Rolfes erklärte den BVB zum Titelfavoriten: "Wenn die Dortmunder mit diesem Vorsprung nicht Meister werden, dann schaffen sie es nie."

Ähnlich sieht es Philipp Lahm: "Dortmund hat die besten Chancen", räumte der Bayern-Kapitän ein. Und Gomez klammert sich an die vage Aussicht, dass die Westfalen irgendwann schwächeln: "Wir müssen hoffen, dass der BVB mal ein, zwei, drei, vier fünf Spiele verliert."

Selbst die Kritik an Schiedsrichter Florian Meyer, der Bastian Schweinsteiger bereits nach 84 Sekunden ein reguläres Kopfball-Tor nicht zuerkannte, fiel für Bayern-Verhältnisse gemäßigt aus. Wohl auch, weil mit bloßem Auge kaum zu erkennen war, dass der Nationalspieler nicht im Abseits stand. "Das ärgert mich schon, aber wir haben danach selbst die Fehler gemacht und Leverkusen den Elfmeter geschenkt", gestand Schweinsteiger. "Das darf einer Spitzenmannschaft nicht passieren. Wir sind selbst schuld, dass wir 14 Punkte hinten liegen. Die Tabelle sagt schon die Wahrheit aus."

Quelle: ntv.de, Ulli Brünger und Maximilian Haupt, dpa

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