Leidenschaftlich wie die Dortmunder Bayern gierig gegen Real Madrid
17.04.2012, 14:50 Uhr
Das ist der Mann, über den Reals Trainer José Mourinho sagt: "Robben hat einen Lauf."
(Foto: AP)
Sie träumen vom Endspiel, heute kommt aber erst einmal Real Madrid zum Halbfinale der Champions League zum FC Bayern. Trainer Jupp Heynckes gibt sich nach verpatzter Meisterschaft optimistisch - und bedient sich zur Einstimmung der Dortmunder Rhetorik. Ein Paradigmenwechsel.
Das Schöne am Fußball ist ja, dass es immer ein nächstes Spiel gibt. Das gilt auch für den FC Bayern, der sich gar auf einen Festtag vorbereitet. Nachdem das mit der Deutschen Meisterschaft gelaufen ist und die Borussia aus Dortmund ihren Titel erfolgreich verteidigen wird, erwarten sie heute in München königlichen Besuch, keine geringere als die Mannschaft von Real Madrid kommt zum Hinspiel des Halbfinales der Champions League, aus der die Dortmunder in der Vorrunde ausgeschieden sind, in das Stadion, in dem am 19. Mai auch das Endspiel dieses wichtigsten Klubwettbewerbs der Welt stattfinden wird. Und was sagt der Trainer? "Ich brauche Spieler mit einer großen Gier."
München:Neuer - Lahm, Boateng, Badstuber, Alaba - Luiz Gustavo, Schweinsteiger - Robben,Kroos, Ribéry - Gomez. - Trainer: Heynckes
Madrid: Casillas - Arbeloa, Pepe,Ramos, Marcelo - Khedira, Xabi Alonso - di María, Özil, Ronaldo - Benzema. - Trainer:Mourinho
Schiedsrichter:Howard Webb (England)
Das Rezept gegen die Mannschaft, die in der Tabelle der spanischen Liga noch vor dem FC Barcelona auf Platz eins rangiert, steht also. Nur stammt das Zitat mit der großen Gier nicht von Jupp Heynckes, sondern vom Dortmunder Übungsleiter Jürgen Klopp. Er hat das nicht nur einmal, sondern so oder ähnlich immer wieder in den vergangenen Jahren gesagt. Nun ist Jürgen Klopp nicht der erste Trainer im Fußballkosmos, der diesen Begriff benutzt. Aber er erhebt die Gier nach Siegen zur Tugend und hat sie seiner Mannschaft erfolgreich als Arbeitsgrundlage vermittelt. Im Gegensatz zum leidenschaftlichen Dortmunder Tempofußball wirkt der Rekordmeister aus München eher konservativ. Und nun sagt Bayerns Trainer Jupp Heynckes: "Die Gier, die Leidenschaft, die Sehnsucht auf Erfolge sind gerade auf der europäischen Bühne ganz entscheidend." Wenn es einen Paradigmenwechsel gibt, dann den, dass sich die Münchner sich mittlerweile am BVB orientieren. Zumal Präsident Uli Hoeneß jüngst konstatierte, die Dortmunder hätten nicht die besseren, aber die hungrigeren Spieler.
Von einem Komplex will Mourinho nichts wissen
Um ganz sicherzugehen, dass seine Spieler auch verstanden haben, worum es geht, hat Jupp Heynckes es noch einmal ganz klar gesagt: "Dass das Endspiel hier in der Allianz Arena stattfindet, ist für die Spieler eine ganz extreme Motivation. Wann haben sie schon mal die Chance, im eigenen Stadion das Champions-League-Endspiel zu bestreiten? Die Chance haben sie vielleicht einmal im Leben." Das bedeutet auch, dass der FC Bayern heute Abend enorm unter Druck steht. Scheitert der Klub in diesem Wettbewerb, bleibt nur noch das Finale um den DFB-Pokal als Trostpflaster. Gegner am 12. Mai in Berlin: die gierigen Westfalen. Doch Jupp Heynckes deutet die Erwartungshaltung flugs in eine Chance um. "Ich verspüre bei meiner Mannschaft, dass ein ganz großes Spiel ansteht. Und ich bin zuversichtlich, dass wir nicht nur eine gute Leistung bringen, sondern dass wir auch erfolgreich sind."
Bleibt nur das Problem, dass sie genau das in Madrid auch denken. Dort, beim bekanntesten Fußballklub der Welt, haben sie zwar nicht nur gute Erinnerungen an den FC Bayern, die "Bestia negra", die schwarze Bestie, wie sie die Münchner nennen. Schließlich gewann Real von 18 Partien in der Königsklasse nur sechs, von neun Vergleichen in München verlor Madrid acht, gewann keinen. Und die Sportzeitung "Marca" titelte: "Bayern bereitet die Hölle für Real Madrid vor." Aber von einem Komplex will Trainer José Mourinho nichts wissen: "Das sind historische Zahlen, die keine Bedeutung haben." Er sagt das auch im Wissen um die Stärke seiner Mannschaft, die in dieser Saison in der Liga sage und schreibe 107 Tore erzielte, in allen Wettbewerben zusammen sind es 153. Der Portugiese Cristiano Ronaldo hat davon alleine in der Liga, im Pokal und der Champions League 52 geschossen. José Mourinho sagt: "Real ist eine Mannschaft, die immer auf Sieg spielt, die ein Spektakel produzieren will. Das Gute, das wir leisten, wollen wir ummünzen in Titel." Klingt gierig.
Für die Münchner kommt es also heute Abend darauf an, zu verhindern, dass Reals Tormaschine ins Laufen kommt. Ob ihnen das gelingt, hängt auch davon ab, wie sich Bayerns Kapitän Philipp Lahm gegen ebenjenen Cristiano Ronaldo schlägt. Der deutsche Nationalspieler weiß offenbar, wer da auf ihn zukommt. "Man hat vor diesen Spielern großen Respekt, was er geleistet hat, auch, weil ich weiß, wie sehr er dafür arbeitet. Man will sich immer mit den besten Spielern und den besten Mannschaften messen. Da kann man sich richtig drauf freuen." Und Jupp Heynckes weist schnell darauf hin, dass Philipp Lahm das nicht alleine regeln kann. "Wir müssen das im Team durchführen, das werde ich den Spielern auch zeigen, wie ich mir das vorstelle." Zum Beispiel mit Gier und Leidenschaft. Vielleicht erfüllt sich dann auch die Sehnsucht.
Quelle: ntv.de, mit dpa