Fußball

Hoeneß teilt Abschieds-Watsch'n aus Bayern schmeißt van Gaal raus

Bis zum Saisonende hatte Louis van Gaal die Bayern noch betreuen sollen, doch die Bundesliga verliert schon jetzt eine ihrer schillerndsten Figuren. Nach dem Sturz auf den vierten Rang zieht der Klub die Reißleine.

Ein Blackout von Torhüter Thomas Kraft, eine Entgleisung von Arjen Robben - und das Ende für Trainer Louis van Gaal. Die Horrorvision Europa League vor Augen haben die Verantwortlichen von Bayern München die Notbremse gezogen. Am Tag nach dem frustrierenden 1:1 (1:0) beim 1. FC Nürnberg und fünf Spieltage vor dem Schlusspfiff einer für seine Verhältnisse völlig missratenen Saison gab der deutsche Fußball-Rekordmeister bekannt: Van Gaal muss gehen. Und nicht, wie am 7. März beschlossen, erst am 8. Mai, sondern mit sofortiger Wirkung.

Am Sonntagvormittag tauchte Van Gaal schon gar nicht mehr an der Säbener Straße auf. Das obligatorische Auslaufen unter stahlblauem Himmel leitete der bisherige Assistent Andries Jonker. Er soll nun in Zusammenarbeit mit Hermann Gerland, Trainer der so gut wie abgestiegenen Drittliga-Mannschaft der Bayern, retten, was noch zu retten ist. Das Minimalziel heißt Rang drei und die damit verbundene Teilnahme an der Qualifikation zur Champions League. Auf Rang drei steht Hannover 96, Vorsprung: ein Punkt.

Hoeneß packt die Wut

Ein Minimalziel, das zu erreichen van Gaal nicht mehr zugetraut wurde, und nicht nur das, wie Uli Hoeneß behauptete. "Dass die Spieler hinter ihm standen, ist ein Märchen", sagte der Präsident mit einer Miene, die fast schon Hass, zumindest aber Wut auf den geschassten van Gaal verriet. Was der langjährige Manager damit sagen wollte: Der Trainer hat die Mannschaft nicht mehr erreicht. Fußball müsse auch Spaß machen, keifte Hoeneß, aber der Spaß habe beim FC Bayern "schon längere Zeit gefehlt".

In der vergangenen Saison gewann Van Gaal das Double und schaffte den Einzug ins Champions-League-Finale.

In der vergangenen Saison gewann Van Gaal das Double und schaffte den Einzug ins Champions-League-Finale.

(Foto: picture alliance / dpa)

Kein Spaß, kein Erfolg - van Gaal bekam vor allem von Hoeneß noch ein paar Watsch'n verpasst. Mit dem Wechsel im Tor in der Winterpause von Jörg Butt zu Thomas Kraft "ging die ganze Scheiße los", behauptete der Präsident, "das hat Unruhe in die ganze Abwehr gebracht, das konnte man sich nicht länger antun". Bei dem ein oder anderen Spieler, ergänzte Hoeneß, sei außerdem zu beobachten gewesen, "dass Angst seine Aktionen begleitet." Das, beteuerte der Präsident, werde sich nun wieder ändern.

Andries Jonker, berichtete Rummenigge anerkennend, habe gleich eine "bemerkenswerte Antrittsrede" vor den Spielern gehalten. "Er wird", sagte der Vorstandsvorsitzende, "Dinge ändern, die veränderungswürdig sind. Andries Jonker hat eine klare Meinung, einen klaren Plan." Und so erwartet Hoeneß am Sonntag, wenn der FC Bayern gegen Bayer Leverkusen und ihren künftigen Trainer Jupp Heynckes spielen, gleich "eine Explosion", denn: "Die Spieler haben ihre Zwangsjacke abgestreift."

Ausgerechnet Kraft patzt

Am Samstag hatten Rummenigge, Hoeneß und Nerlinger noch ein letztes Mal mitansehen müssen, dass "die Spieler", wie van Gaal seine Mannschaft nannte, längst nicht mehr das tun, was der Trainer ihnen angeblich mit auf den Weg gegeben hat. Nach dieser gefühlten, noch dazu selbst verschuldeten Niederlage wirkte van Gaal dann, als ahnte er schon, was nur wenige Stunden später in der Tat geschehen würde. Der Niederländer war erstaunlich leidenschaftslos - er wirkte gebrochen, und er schien zu wissen: Das Spiel ist aus.

Das Ende von van Gaal entbehrte nicht einer gewissen Tragik, weil er mit ausglöst wurde von Torhüter Kraft, den er im Winter anstelle von Butt ins Tor gestellt hatte. "Das Tor haben wir selbst verursacht. Und dann hat sich Arjen Robben gehen lassen", kommentierte der Trainer die zwei Szenen, die den FC Bayern vielleicht noch teuer zu stehen kommen. Erste Szene: Kraft verhalf mit ungenauem Zuspiel auf den auch nicht gerade geistesgegenwärtigen Philipp Lahm dem Club den Ausgleich durch Christian Eigler (60.).

Zweite Szene: Nach dem Schlusspfiff beleidigte Robben dann auch noch Schiedsrichter Knut Kircher: Der zog Rot. "Das spielt eine Rolle im nächsten Spiel, denn wir brauchen Arjen Robben", jammerte van Gaal, dem das nächste Spiel nun egal sein kann. Allerdings nicht dem FC Bayern. Er wird ohne Robben antreten müssen - gegen Heynckes, den künftigen Trainer. "Ich bin überzeugt", sagte Hoeneß, "dass wir gegen Leverkusen eine andere Mannschaft sehen werden." Es soll eine sein, die den Verein von seiner Lähmung befreit.

Robben rastet aus

Robben hatte sich nicht im Griff und fehlt nun in den nächsten wichtigen Spielen.

Robben hatte sich nicht im Griff und fehlt nun in den nächsten wichtigen Spielen.

Die Ungewissheit, in welchem Wettbewerb der FC Bayern in der kommenden Saison international spielen wird, wirkte sich zuletzt auf den gesamten Verein aus, es macht die Planungen nicht einfacher. Umworbene Spieler sagen ab, Robben kokettierte bereits mit seinem Abschied und ist jetzt erst mal zum Zuschauen gezwungen. Der Niederländer war gleich nach dem Abpfiff vor 48.548 Zuschauern im ausverkauften Frankenstadion zu Kircher geeilt, "da fielen dann Worte, die in den Bereich der Beleidigung gehen", berichtete der Unparteiische.

Robben entschuldigte sich bei Kircher in der Kabine laut dessen Aussage sogleich "wie ein Sportsmann", der Unparteiische wird dies in seinem Bericht vermerken. Aber Robben, sagte van Gaal, hätte sich beherrschen müssen. "Das ist erstens keine Art, und zweitens darf das nicht passieren", meinte Mario Gomez, der freilich an der Entgleisung des Mannschaftskollegen indirekt beteiligt war. Gomez etwa traf in der 77. Minute aus drei Metern das Tor nicht, Robben konnte es nicht fassen. "Es tut mir leid für die Mannschaft", sagte Gomez.

Dass dem ehrgeizigen Robben, der zunächst das 1:0 durch Thomas Müller vorbereitet hatte (4.), die Hutschnur riss, hatte auch mit dem Auftreten der Mitspieler zu tun - behauptete er jedenfalls. "Ich war sehr sehr sauer. Wir müssen nächstes Jahr Champions League spielen, da musst du in jedem Spiel 200 Prozent geben. Wenn wir das nicht machen, ist es vorbei." Damit es nicht so weit kommt, hat van Gaal nun gehen müssen.

Quelle: ntv.de, Thomas Häberlein, Emanuel Reinke, sid

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