Hängepartie wegen Herthas Einspruch DFB-Gericht vertagt Entscheidung
18.05.2012, 20:11 Uhr
Das DFB-Sportgericht entscheidet darüber, ob Otto Rehhagel noch einmal als Hertha-Trainer an der Seitenlinie stehen wird.
(Foto: dpa)
Das Urteil zum Protest von Hertha BSC gegen das skandalöse Relegations-Rückspiel bei Fortuna Düsseldorf ist verschoben. Nach den bisherigen Zeugenaussagen ist das Bild unklar: Während die Hertha-Spieler von massiver Angst berichten, erhebt Hauptzeuge Wolfgang Stark schwere Vorwürfe gegen Berliner Profis. Wer ihn als Schiedsrichter derart attackiere, könne keine Todesangst gehabt haben.
In der Sportgerichtsverhandlung zum Skandalspiel von Düsseldorf wird noch kein Urteil gefällt. Die Entscheidung des DFB-Sportgerichts soll am Montag verkündet werden. Das sagte der Vorsitzende des Gerichts, Hans E. Lorenz nach rund sechseinhalbstündiger Verhandlung.

Wolfgang Stark ist der Hauptzeuge im DFB-Sportgerichtsverfahren. Seine Aussage belastet mehrere Hertha-Profis schwer.
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Am Wochenende wird die Verhandlung auf keinen Fall fortgesetzt. Stattdessen soll am Montagnachmittag um 15 Uhr mitgeteilt werden, ob es ein Wiederholungsspiel geben wird oder nicht. Mehrere Flüge von Zeugen wie der von Schiedsrichter Wolfgang Stark von Frankfurt nach München waren zuvor auf den späten Abend umgebucht worden.
Hertha BSC hatte Einspruch gegen die Wertung des Bundesliga-Relegationsrückspiels vom Dienstagabend bei Fortuna Düsseldorf (2:2) eingelegt. Die Partie stand mehrfach vor dem Abbruch. Schiedsrichter Stark musste in der Nachspielzeit die Begegnung für 21 Minuten unterbrechen, nachdem Tausende von Fortuna-Fans in Vorfreude auf den Aufstieg den Platz gestürmt hatten.
Der als Hauptzeuge geladene Referee erhob schwere Vorwürfe gegen mehrere Berliner Profis und wies die Behauptung der Hertha-Verantwortlichen zurück, die Spieler hätten beim verfrühten Platzsturm der Fortuna-Fans Todesangst gehabt. "Wenn man unmittelbar nach dem Schlusspfiff so massiv und gezielt auf das Schiedsrichter-Team losgehen kann, stellt sich die Frage nicht, ob die Spieler Todesängste ausgestanden haben", sagte Stark in seiner Aussage.
Angriffe und Beleidigungen
Stark hatte in Frankfurt/Main zuvor von tätlichen Angriffen und üblen Beschimpfungen seitens der Herthaner Profis nach dem Abpfiff berichtet. Er sagte aus, nach dem Spiel angegriffen worden zu sein und ein Hämatom am Hinterkopf davongetragen zu haben. Stark sprach von einer "Hetzjagd". Vier bis fünf Berliner Profis hätten versucht, nach dem Schlusspfiff die Schiedsrichter-Kabine zu stürmen.
"Der Spieler Kobiaschwili hat mit ausgestrecktem Arm, mit der Faust in meine Richtung geschlagen. Ich duckte mich kurz ab und wurde am Hinterkopf getroffen", sagte der Unparteiische. Wenn er sich nicht an einem Geländer hätte festhalten können, wäre er fünf bis sechs Meter die Treppe hinuntergestürzt. Er sei weiter attackiert worden. So habe ihn Christian Lell am Arm gepackt. Beleidigungen wie "Du feige Sau!" und "Du feiges Schwein!" seien gefallen.

Hertha-Keeper Thomas Kraft gehörte zu den Zeugen in Frankfurt, er sagte aus: Ich hatte den Gedanken: Was passiert mir in dem Stadion?"
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Mijatovic, so Stark, habe ihn als "Wichser" bezeichnet. "So bin ich noch nicht behandelt worden. Ich hatte Angst nach dem Spiel und ich war den Tränen nahe. So was habe ich in meiner Schiedsrichter-Laufbahn noch nicht erlebt", sagte der WM-Referee. Gegen Lewan Kobiaschwili, Christian Lell, Thomas Kraft, Andre Mijatovic und Fortuna-Kapitän Andreas Lambertz hat der DFB-Kontrollausschuss bereits Ermittlungen eingeleitet, Stark hat zudem Anzeige erstattet. Welche Strafen die beiden Clubs nach den Zuschauer-Ausschreitungen und die Spieler erhalten, ist aber nicht Thema der Verhandlung.
"Das hatte nichts mit Fußball zu tun"
Hertha-Torhüter Thomas Kraft erzählte zudem eindringlich eine andere Version der Geschehnisse in Düsseldorf. "Speziell Raffael und Ronny hatten Tränen in den Augen. Das waren keine Abstiegstränen. Da war die Angst vieler, was mit ihren Kindern auf der Tribüne passiert. In jedem Kopf war die Angst da. Es wäre kein Eckball mehr möglich gewesen, ohne dass einer einen angepackt hätte. Ich hatte den Gedanken: Was passiert mir in dem Stadion?"
Kapitän Mijatovic ergänzte: "Keiner von uns hat mehr an Fußball gedacht. Das war eine neue Situation im Fußball. Das hatte nichts mit Fußball zu tun."
Kein Einfluss der Polizei?
Der 42 Jahre alte Fifa-Referee Stark erklärte hingegen, entgegen der Darstellung des Berliner Managers Michael Preetz habe die Polizei "keinen Druck" auf ihn ausgeübt, das Spiel fortzusetzen, um eine Eskalation zu verhindern. "In der Kabine nach dem Abbruch hat sich unser vierter Offizieller mit der Einsatzleitung der Polizei in Verbindung gesetzt. Damit das Spiel fortgesetzt werden konnte, mussten drei Dinge erfüllt werden", sagte Stark: "Erstens musste das Spielfeld komplett geräumt sein, zweitens mussten die Zuschauer aus dem Innenraum zurück auf die Tribüne verwiesen worden sein, drittens musste es grünes Licht von der Polizei geben, dass die Sicherheit gewährleistet ist."
Dann habe er die Information bekommen, dass die Polizei "die Lage im Griff hat, dass sie die Situation unter Kontrolle hat. Ich hatte die Bestätigung, dass alles wieder im grünen Bereich ist. Meine Frage, ob die Sicherheit besteht wie vor dem Spiel, wurde bejaht."
Quelle: ntv.de, dpa