Nach Abbruch von BVB-Übertragung DFL setzt trotz Russland-Zensur auf Macht der Bilder
06.04.2022, 16:20 Uhr
"Stoppt den Krieg" und "Wir stehen an der Seite der Ukraine": Diese Botschaften sind in den Bundesliga-Stadien derzeit allgegenwärtig.
(Foto: IMAGO/Jan Huebner)
Die Deutsche Fußball-Liga hofft darauf, dass die rund um die Bundesliga-Partien geäußerten Friedensbotschaften die Menschen in Russland erreichen. Deshalb kündigt sie den Vertrag mit Match TV in Russland nicht, obwohl der Sender am Wochenende die Übertragung abgebrochen hatte.
Die Deutsche Fußball-Liga (DFL) verzichtet vorerst auf eine außerordentliche Kündigung ihres Vertrages mit dem russischen Bundesliga-Übertragungspartner Match TV, die Spiele der 1. und 2. Bundesliga können somit weiter auch in Russland empfangen werden. Eine solche Kündigung hatte zur Diskussion gestanden, nachdem Match TV die Übertragung des Topspiels zwischen Borussia Dortmund und RB Leipzig (1:4) am Samstagabend vorzeitig abgebrochen hatte. Auf Anfrage von ntv.de teilt die DFL dazu mit, sie setze darauf, "mit Friedensbotschaften aus den Stadien die Menschen in Russland zu erreichen".
Zwar "haben wir zur Kenntnis genommen, dass es - bis hin zum Übertragungsabbruch nach Anti-Kriegs-Botschaften - zum Teil auch massive Einschränkungen gegeben hat", allerdings seien eben auch zahlreiche Partien der beiden höchsten deutschen Spielklassen in Russland "in voller Länge" gezeigt worden. Den Übertragungsabbruch der BVB-Partie hatte Match-TV-Kommentator Igor Kytmanov mit Ursachen begründet, "die außerhalb unserer Kontrolle liegen". Zuvor allerdings hatte er sich über pro-ukrainische Botschaften im Stadion echauffiert: "Generell heißt es, dass Fußball und Politik getrennt betrachtet werden sollen, aber diese Regel wird in der Bundesliga nicht immer respektiert."
Dieser Vorfall, so die DFL zu ntv.de, sei "gegenüber Match TV in der gebotenen Deutlichkeit thematisiert" worden. Eine Kündigung des Vertrages ist allerdings daraus nicht erfolgt. Stattdessen setzt die DFL darauf, die in den vergangenen Wochen immer wieder gut sichtbaren und zahlreichen Botschaften, die sich gegen den russischen Angriffskrieg in der Ukraine und für die Souveränität der Ukraine, über die Bundesliga-Übertragungen nach Russland zu transportieren. Sollten sich ähnliche Vorfälle wie am Samstagabend allerdings häufen, ist auch ein Abbruch der Geschäftsbeziehungen möglich, denn: "Zugleich beobachten wir selbstverständlich genau, ob und inwieweit diese Möglichkeit weiterhin gegeben ist."
Die Bilder scheinen zumindest anzukommen
In einer ersten Reaktion auf den russischen Ausstieg aus der Übertragung hatte die DFL angekündigt, den Vorgang sorgfältig überprüfen zu wollen. Sollte das "TV-Basissignal wiederholt zensiert werden, würde dies eine außerordentliche Kündigung der DFL zur Folge haben". Seit dem von Präsident Wladimir Putin befohlenen russischen Angriff auf die Ukraine am 24. Februar kontrolliert Russland noch strikter als ohnehin schon, was Medien verbreiten. Das Wort "Krieg" etwa steht unter Strafe, viele ausländische Medien haben sich infolgedessen aus dem Land zurückgezogen.
Die Medienexpertin Christina Archetti von der Universität Olso hatte den Abbruch der Bundesliga-Übertragung als wenig überraschend eingeschätzt, "weil Russland sehr strikt kontrolliert, welche Nachrichten gezeigt werden." Der Kreml und Präsident Putin würden angesichts des Angriffskriegs zwar "eine alternative Realität finden, aber es wird schwierig, den Menschen so etwas Großes vorzuenthalten, das von so vielen geteilt wird."
Andere große Ligen wie die englische Premier League oder die Ligue 1 aus Frankreich haben ihre Verträge in Russland ausgesetzt. Und zumindest lässt sich der Abbruch der Bundesliga-Übertragung auch als Zeichen dafür deuten, dass diese Bilder ankommen. Die DFL erneuerte in der Antwort an ntv.de zudem, dass sie "in der aktuellen Situation nicht von der Partnerschaft mit Match TV profitieren wird und die im Rahmen der Partnerschaft in dieser Saison noch ausstehenden Einnahmen zugunsten humanitärer Hilfe spendet".
Quelle: ntv.de, tsi/sue