Köln mustert Kahns Erben aus Das Drama des Michael Rensing
20.07.2012, 14:31 Uhr
"Ich hätte für den FC mein letztes Hemd gegeben. Ich liebe diesen Verein und seine Fans": Michael Rensing.
(Foto: picture alliance / dpa)
Er ist einer der Besten seiner Mannschaft, der Trainer attestiert ihm Weltklasse, die Fans lieben ihn - dennoch schickt Fußball-Zweitligist 1. FC Köln seinen Torwart Michael Rensing weg. Der erlebt ein Déjà-vu. Und kämpft verbissen um eine neue Chance.
Sein vielleicht bestes Spiel gelang Michael Rensing im März 2011 im Spiel bei Borussia Dortmund. Sechs Großchancen des BVB machte der Kölner mit spektakulären Paraden zunichte. Alleine gegen den kommenden deutschen Fußballmeister. Er war wie so oft der Beste seiner Mannschaft, obwohl der FC am Ende mit 0:1 verlor. Frank Schaefer, sein Trainer, sagte hinterher: "Weltklasse war das. Ein großer Begriff, aber auf Rensing trifft das in diesem Spiel zu." Und Michael Rensing schwärmte: "Ich habe eine unschöne Zeit hinter mir, für mich ist es teilweise bis heute unerklärlich, wie es so weit kommen konnte. Aber hier in Köln kann ich endlich so sein, wie ich bin."
Die Beobachter waren sich einig, dass es nicht mehr lange dauern könne, bis sich ein großer Verein die Dienste des Michael Rensing sichert. Nun, gut 16 Monate später, sucht der Torhüter einen neuen Klub. Weil die Kölner ihn, den Liebling des Publikums, nicht mehr wollen. Was ist passiert? Ein Problem ist, dass ein Michael Rensing zu wenig war. Dass er auch in der abgelaufenen Saison neben Lukas Podolski eine Stütze seines Teams war. Weil aber seine Mannschaft 20 von 34 verlor, spielt sie nun in der zweiten Liga. Am Ende hatte Michael Rensing in 32 Spielen 71 Tore kassiert, mehr als jeder andere Kollege in der Bundesliga. Auch das ist ein Problem.
Jedenfalls ist sein Gehalt den hochverschuldeten Kölnern für die zweite Liga zu hoch und Holger Stanislawski, der neue Trainer, plant mit dem hochtalentiertes Eigengewächs Timo Horn als neue Nummer eins. Michael Rensing muss gehen, obwohl er noch einen Vertrag bis zum Sommer 2013 hat. Und Frank Schäfer, mittlerweile sportlicher Leiter, sagt über seinen Weltklassetorhüter: "Michael Rensing als Nummer zwei hinter Timo Horn passt nicht. Das wird seiner Rolle nicht gerecht und wäre nicht glaubwürdig." Das Problem ist nur, dass Michael Rensing keinen neuen Arbeitgeber gefunden hat, bis jetzt zumindest. Am 31. August endet die Wechselfrist. Er kämpft um eine neue Chance. Das dürfte ihm bekannt vorkommen.
"Mein Ziel ist es, eine Ära wie Kahn zu prägen"
Als er im Januar 2011 zum 1. FC Köln wechselte, hieß es, es sei seine letzte. Zuvor war er ein halbes Jahr ohne Job, weil ihn der FC Bayern nicht mehr haben wollte. Eigentlich sollte Michael Rensing in München die Nachfolge Oliver Kahns antreten, so hatten sie es ihm versprochen, jahrelang hatte er als Nummer zwei auf der Bank geduldig auf seine Chance gewartet. Aber als es dann so weit war, hat es nach einigen Monaten nicht mehr gepasst. Obwohl er ein guter Torhüter ist. Den Bayern war er nach zehn langen Jahren im Verein nicht gut genug. Im Sommer 2008 war er die Nummer eins und kündigte an: "Mein Ziel ist es, eine Ära wie Kahn zu prägen."
Im Frühjahr 2009 im Viertelfinale in der Champions League beim FC Barcelona setzte ihn Trainer Jürgen Klinsmann, ohne einen Grund zu nennen, auf die Bank. Dort blieb Michael Rensing bis zum Ende der Saison. Auch als der Trainer Louis van Gaal hieß, setzte er sich nicht durch. Im Sommer 2010 war dann Schluss. "Das ist ein Drama", hatte Uli Hoeneß, Präsident des FC Bayern, gesagt. Michael Rensing war 26 Jahre alt - und arbeitslos. Jetzt ist er 28 Jahre alt - und wieder sucht er einen neuen Verein. Wieder hält er sich mit seinem ehemaligen Jugendtorwarttrainer Daniel Weber beim bayerischen Landesligisten VfR Garching fit. Und versteht die Welt nicht mehr. Das hat er dem "Kölner Stadtanzeiger" erzählt. "Bei aller Bescheidenheit geht es mir nicht in den Schädel, dass keine Angebote kommen. Das ist manchmal schon frustrierend."
Dabei wäre er mit dem 1. FC Köln auch in die zweite Liga gegangen. "Ich hätte für den FC mein letztes Hemd gegeben. Ich liebe diesen Verein und seine Fans. Mit dem Abstieg ist alles gestorben. Alles, was wir aufgebaut haben, und alles, was wir aufbauen wollten." Er hat es nicht verwunden, wie sie ihn abserviert haben, auch das nagt. "Wie alles geendet hat, fand ich extrem hart und traurig. Das war schon krass." Dabei hat er doch sein Bestes gegeben, nicht nur bei seinem vielleicht besten Spiel gegen Dortmund. Ein großer Begriff, aber für ihn persönlich ist das ein Drama. Und teilweise unerklärlich.
Quelle: ntv.de