Fußball

Gewaltiges Dilemma für Grammozis Das denkbar blödeste Debüt auf Schalke

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Die nächste Hoffnung auf eine Wende ist geweckt, dennoch steht Dimitrios Grammozis bei seiner Premiere auf der Trainerbank des FC Schalke 04 vor einer "Mission impossible". Es ist auch direkt ein Spiel mit symbolischer Weichenstellung.

Der Schalker Massimo Schüpp hat seit dieser Woche einen Account bei Instagram. Und der hat bereits knapp 3800 Fans. Tendenz stark steigend. Ebenso die Euphorie, die er auslöst. Denn Massimo Schüpp weiß genau, was die Leidensgesellschaft in Königsblau dringend braucht: Mut machende Worte. Also ran an den Floskel-Almanach und alles rausfeuern, was unter dem Begriff "Abstiegskampf" subsumiert ist: Gras fressen, harte Arbeit, Karren aus dem Dreck ziehen. Würde es diesen Massimo Schüpp tatsächlich geben (er ist leider nur eine peinliche Verwechslung von Ex-Coach Christian Gross), Neu-Trainer Dimitrios Grammozis würde nicht zögern: Schüpp wäre auf Schalke gesetzt, auf (fast) allen Positionen.

Ein Malocher, ein Anpacker, ein Unverwüstlicher. Einer, den es immer braucht. Auf Schalke sowieso. Und im verzweifelten Kampf um den Verbleib in der 1. Bundesliga erst recht. Denn ganz so viele Fußballer, die das verkörpern, was Massimo Schüpp so robust und überzeugend in die große Instagram-Welt postet, finden sich in Gelsenkirchen nicht (mehr). Und weil das so ist, ist die Lage dramatisch: Schalke ist Tabellenletzter der Fußball-Bundesliga. Abgeschlagen. Hoffnungslos. Eigentlich. Denn unter kolossalen Kohle-Trümmern des stolzen Klubs finden sich diese Woche doch tatsächlich noch zarteste Knospen der Hoffnung. Gesät durch einen erneuten Wechsel auf der Trainerbank. Gross (und viele andere) ist weg, Grammozis ist da.

Wenn er noch was verlieren kann, dann jetzt ...

Und der bekommt am Abend direkt mal das denkbar blödeste Einstandsgeschenk. Denn der Spielplan sieht zum Debüt (sowohl beim Klub als auch in der Liga) exakt jene Partie vor, in der er tatsächlich noch etwas verlieren kann. Es geht gegen den Tabellenvorletzten, gegen den FSV Mainz 05 (20.30 Uhr im ntv.de-Liveticker). Geht diese Begegnung verloren, ist die Sache mit dem Ligaerhalt wohl endgültig durch. Selbst wenn es danach noch 30 Punkte zu holen gibt. Aber eine Niederlage gegen den Konkurrenten, sie wäre der emotional letzte Sargnagel.

Wie viel Glaube an das Wunder Grammozis noch hat, darüber hat er in seinen ersten beiden Tagen (öffentlich) wenig gesprochen. Mutmaßlich ist das auch gut so. Denn utopische Visionen, die würden ihm bei jeder (un)passenden Gelegenheit serviert. So wie sie Manuel Baum - der war diese Saison einer von nun fünf Trainern - seinen fatal-prophezeienden "Lasst-mich-mal-machen-ich-weiß-schon-was-ich-tue"-Satz immer wieder vorgehalten haben.

Gute oder schlechte Nachricht aus dem Lazarett?

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Oder eben Gross, der unter anderem darüber gefallen ist, dass er wohl nicht immer wusste, wie das eigene Personal heißt. Geschweige denn das des Gegners. All diese Fauxpas hat sich der 42-Jährige in seinen ersten vier Tagen in Gelsenkirchen nicht geleistet. Im Gegenteil, Grammozis wirkt bestens vorbereitet: Sein Zustandsbericht aus dem Lazarett wirkte wie ein sauber recherchiertes Impuls-Referat. Auf neun Spieler muss er am Abend verzichten. Immerhin könnte Torwart Frederik Rönnow zurückkehren. Nun, die meisten Spieler, die definitiv ausfallen, gehören zu jenen, die sonst sehr regelmäßig gespielt haben. Die gehören damit zu jenen, die den chronischen Fußball-Horror auf Schalke mitzuverantworten haben.

Die meisten von ihnen werden auch zu jenen gehören, die in der nächsten Saison nicht mehr das königsblaue Hemd tragen werden. Weder im (unwahrscheinlichen) Falle des Wunders, erst recht nicht im (wahrscheinlichen) Falle des Wiederaufbaus. Nun sind da aber natürlich auch noch viele andere Fußballer, die an der sportlichen Entkernung des Traditionsklubs eifrig mitgewerkelt haben - und die stellen Grammozis vor ein gewaltiges Dilemma. Gibt er ihnen gegen Mainz die nächste (von bislang unzähligen) Chancen zur Wiedergutmachung? Oder leitet er direkt das unverzicht- und unverhandelbare Umbruchprojekt ein, setzt also auf die Spieler, die auch künftig tragende Rollen einnehmen können und sollen? Zu ihnen gehören dann vor allem die Spieler aus der eigenen Knappenschmiede, die eh schon beim Profiteam sind oder dorthin aufrücken sollen. Im besten Fall jede Menge kleine Massimo Schüpps.

Quelle: ntv.de

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