Fußball

Bei Abstieg "schlagen wir euch tot" Der 1. FC Köln erlebt Chaostage

Der 1. FC Köln schien fast schon gerettet, doch die jüngsten Auftritte lassen den Klub wieder um den Klassenerhalt in der Fußball-Bundesliga zittern. Auf die erneute Pleite des taumelnden FC in Wolfsburg reagieren Fans sogar mit Morddrohungen. Mannschaft und Trainer sind geschockt.

Stürmer Milivoje Novakovic pflegt seit jeher eine bessere Beziehung zum Boulevard als zu seinen Trainern.

Stürmer Milivoje Novakovic pflegt seit jeher eine bessere Beziehung zum Boulevard als zu seinen Trainern.

(Foto: dpa)

Morddrohungen, Fanproteste, Aufstand gegen Overath: Die 1:4 (1:2)-Niederlage in Wolfsburg hat beim 1. FC Köln ein heilloses Chaos ausgelöst. "Wenn ihr absteigt, schlagen wir euch tot", war am Montag in einer Länge von 20 Metern am Trainingsgelände des FC zu lesen. So genannte Fans hatten den geschmacklosen Spruch offenbar in der Nacht aufgesprüht.

Mannschaft und Trainer des Tabellen-14. reagierten mit Kopfschütteln. "Das hat mich geschockt. Das hat nichts mit Kritik zu tun", sagte Trainer Frank Schaefer: "Das ist völlig daneben und unverständlich." Auch Kapitän Lukas Podolski hatte kein Verständnis für die brutale Botschaft: "Das sind keine Fans. Das hat mit Menschenverstand nichts zu tun."

"Mobbing, nein Danke. Vorstand raus!"

Verschlimmbesserer: Sportdirektor Volker Finke wollte Coach Frank Schaefer nur helfen, hat ihn aber offensichtlich demontiert.

Verschlimmbesserer: Sportdirektor Volker Finke wollte Coach Frank Schaefer nur helfen, hat ihn aber offensichtlich demontiert.

(Foto: dpa)

Am Nachmittag distanzierten sich die etwa 200 Teilnehmer der Fan-Demo "Pro Schaefer" von den Drohungen. Die Anhänger übermalten den Spruch und lenkten die Kritik in Richtung Präsident Wolfgang Overath. "Mobbing, nein Danke. Vorstand raus!", stand auf Spruchbändern der Fans, die sich für einen Verbleib von Schaefer stark machen. Auch Sportdirektor Volker Finke musste sich von den erbosten Fans Rücktritts-Forderungen anhören lassen.

Köln war am Sonntag durch die deutliche Pleite beim VfL Wolfsburg erneut in akute Abstiegsgefahr geraten. Schon vor dem Rückflug hatten etwa 60 Fans die Mannschaft am Flughafen zur Rede gestellt. "Ich kann verstehen, dass die Fans sauer sind. Aber diese Drohungen sind absolut unter der Gürtellinie und beschämend", sagte Torhüter Michael Rensing.

"Haben immer noch alles in eigener Hand"

Am Sonntag hatte der scheidende Coach Schaefer noch vor Panikmache gewarnt. "Wir haben immer noch alles in eigener Hand, also: Nerven behalten!", sagte der Trainer nach der dritten deutlichen Niederlage in Serie: "Wir dürfen die Situation aber nicht schönreden, wir stecken wieder mitten im Abstiegskampf."

Doch das ist im aufgeregten Kölner Umfeld einfacher gesagt als getan. Auch Schaefers Ankündigung, seinen Trainerstuhl zum Saisonende aus persönlichen Gründen zu räumen, sorgte nicht für die erhoffte Ruhe. Im Gegenteil: Plötzlich muss Finke die Frage beantworten, ob der Trainer noch der richtige sei und im Derby am Samstag gegen Bayer Leverkusen auf der Kölner Bank sitzen werde.

Finke hält an Schaefer fest

(Foto: dpa)

"Es ist klar, dass wir überhaupt nicht darüber nachdenken, bis zum Saisonende irgendetwas ohne Frank Schaefer zu machen", sagte Finke. Unmittelbar nach dem Spielende hatte er bei diesem Thema noch herumgedruckst. Man merkte dem 63-Jährigen an, dass er gerne mehr gesagt hätte, doch wegen der heftigen Kritik an seiner Person im Zusammenhang mit dem Rückzug der Kölner Identifikationsfigur Schaefer wollte sich Finke wohl nicht noch mehr den Mund verbrennen.

Das ohnehin schwierige Verhältnis zwischen Trainer und Sportdirektor droht zur Zerreißprobe zu werden. Lässt der langjährige Fußballlehrer Finke dem scheidenden Coach im Bundesliga-Existenzkampf wirklich freie Hand? Oder mischt er sich noch mehr ein, als er es nach Aussagen vieler Beobachter ohnehin seit Wochen tut? "Wir werden gemeinsam versuchen, die Spieler wieder in die richtige Spur zu bekommen", sagte Finke lediglich.

Ratlosigkeit als Ritual

Ratlos: FC-Keeper Michael Rensing, im verlorenen Sechs-Punkte-Spiel gegen Wolfsburg einziger Kölner in Normalform.

Ratlos: FC-Keeper Michael Rensing, im verlorenen Sechs-Punkte-Spiel gegen Wolfsburg einziger Kölner in Normalform.

(Foto: dpa)

Das ist auch bitter nötig, denn die zuletzt leblosen Auftritte geben wenig Anlass zur Hoffnung. "Es scheint fast zur Gewohnheit zu werden, dass wir nach dem Spiel ratlos zusammenhocken und uns über die vielen Gegentore wundern", sagte Rensing, der in den vergangenen drei Partien zwölfmal hinter sich greifen musste. Das Team habe "die gemeinsame Bereitschaft" vermissen lassen, kritisierte der Torhüter, der sich als einziger Kölner in Normalform präsentierte und bei den Gegentreffern durch Mario Mandzukic (14./39.) und Ashkan Dejagah (58./88.) machtlos war. Den Kölner Ehrentreffer erzielte Sebastian Freis (40.).

Quelle: ntv.de, von Jörg Soldwisch, sid

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