Sechs Dinge, die wir gelernt haben Der FC Bayern zittert, Seelers Herz blutet
28.04.2014, 13:19 Uhr
Obacht vor Real: Bayerns Kapitän Philipp Lahm und der Kollege Claudio Pizarro.
(Foto: imago/Eibner)
Der FC Bayern nimmt den SV Werder auseinander, doch Trainer Josep Guardiola ist enttäuscht und sorgt sich. Die Leverkusen spuren wieder, der BVB ist heiß auf den Pokal, Gladbach stellt einen Rekord auf - nur Uwe Seeler ist untröstlich.
1. Die Bayern enttäuschen Guardiola
Beim FC Bayern geht es ja nur noch um Real Madrid, am Dienstag steigt (ab 20.45 Uhr im ZDF und im Liveticker bei n-tv.de) das Rückspiel im Halbfinale der Champions League. Nach der 0:1-Niederlage in Spaniens Hauptstadt müssen die Münchner mindestens zwei Tore schießen, soll es mit dem Endspiel am 24. Mai in Lissabon etwas werden. Vor allem aber sollten sie bei allem Ballbesitzfetisch keinen Treffer kassieren. Das hat bei der Generalprobe an diesem 32. Spieltag der Fußball-Bundesliga beim 5:2 gegen den SV Werder Bremen nur leidlich funktioniert. Bei den beiden erfolgreichen Gegenstößen der Gäste in der ersten Halbzeit wirkten die Bayern doch arg hilflos – allen voran die Innenverteidiger Jeróme Boateng und Dante. Das ist die schlechte Nachricht, zumindest für alle, die es mit dem Deutschen Meister halten. Wie soll das erst am Dienstag gegen Cristiano Ronaldo, Gareth Bale und die mutmaßlich beste Kontermannschaft dieses Planeten werden?
Trainer Josep Guardiola jedenfalls sagte hinterher, er sei nach den ersten 45 Minuten erstmals in seiner Amtszeit, die seit dem Sommer vergangenen Jahres währt, "ein bisschen enttäuscht und traurig" gewesen. "Die Fans tun mir leid, weil sie es nicht verdienen, so eine erste Hälfte zu sehen. Wir waren heute nicht die Mannschaft, die wir die gesamte Saison über gewesen sind." Ob er sich Sorgen mache für die Partie gegen Real? Die Ant wort war ebenso schlicht wie eindeutig: "Si". Dabei war nicht alles schlecht. Nachdem der Trainer nach der Pause die Rotationsmaschine zurückgedreht und erst Kapitän Philipp Lahm anstelle von Mitchell Weiser auf die Position des rechten Außenverteidigers gestellt und später noch Arjen Robben eingewechselt hatte, reichte es letztlich doch zu einem deutlichen Sieg. Was auch am zuletzt arg kritisierten Franck Ribéry lag, der nicht nur den Ausgleich zum 1:1 erzielte, sondern auch den Kampf gegen seine Formschwäche sichtbar annahm. Und noch einer stach heraus: Ersatz-Angreifer Claudio Pizarro, der mit zwei Toren gegen seinen Ex-Klub glänzte. Ob das alles gegen Real Madrid reicht, weiß auch Thomas Müller nicht. Er und seine Kollegen aber waren heilfroh, dass sie gewonnen hatten. Denn: "Das Bremen-Spiel ist nicht wichtig, die Stimmung ist wichtig. Wir müssen jetzt schauen, dass wir alles Positive freisetzen. Ich hoffe, dass wir bis Dienstag eine richtig geile Stimmung hinkriegen."
2. Leverkusen ist wieder da - der BVB erst recht
Vielleicht brauchten sie einfach einen Trainer, der sie gar nicht trainieren will - dann klappt's auch mit dem Fußballspielen. Seit Sascha Lewandowski seinen Kollegen Sami Hyypiä abgelöst hat, nimmt Bayer Leverkusen wieder Kurs auf die Champions League. Das 2:2 gegen den BVB war ein starkes Stück Bundesliga, zu dem die Werkself einen ordentlichen Beitrag leistete. "Wir waren wirklich tot vor einigen Wochen und jetzt waren wir in der Lage, so eine Leistung gegen Dortmund abzuliefern", gab Torwart Bernd Leno zu Protokoll und wirkte dabei fast ein wenig verblüfft darüber, was seine Mannschaft zu leisten imstande ist. Auch der Vereinsboss staunte, wie couragiert seine Profis dem Tabellenzweiten entgegentraten. "Für uns war es, im Vergleich zu dem, was man in den vergangenen Monaten von uns gesehen hat, ein Quantensprung", urteilte Michael Schade. Das Problem ist nur, dass Lewandowski nur noch bei den beiden letzten Saisonspielen in Frankfurt und gegen Bremen auf der Bank sitzen wird, bevor er sich - wie zigmal angekündigt - wieder um den Nachwuchs kümmert. Aus Salzburg kommt dann Roger Schmidt. Der hat ein großes Manko: Er will die Mannschaft unbedingt trainieren.
Das gilt auch für Jürgen Klopp, nur dass sein Team trotzdem gut spielt. Auch wenn der BVB sich bereits sicher für die europäische Königsklasse qualifiziert hat. Ein Motivationsdefizit ist dennoch nicht auszumachen, im Gegenteil, die Dortmunder brennen und drehen zum Ende der Saison noch einmal richtig auf. In dieser Saison geht es noch gegen Hoffenheim - und zweimal nach Berlin. Einmal zum Punktspiel gegen die Hertha am 10. Mai. Und eine Woche später zum Pokalfinale gegen den konteranfälligen FC Bayern. "Die Bundesliga ist für uns die Vorbereitung auf das Finale. Wir wollen unbedingt diesen Pokal", sagt Abwehrspieler Lukasz Piszczek. Und Sportdirektor Michael Zorc findet: "Wir haben gerade eine richtig gute Phase. Diesen Rhythmus wollen wir bis zum Endspiel beibehalten." Klopp muss seine Spieler sogar ein wenig bremsen: "Den maximalen Druck zu simulieren, fände ich einigermaßen doof. Wir dürfen vor dem großen Spiel nicht verkrampfen."
3. Roberto Hilbert sorgt für die Elfmeter
Apropos verkrampfen - davon ist Leverkusens Roberto Hilbert nach eigenen Angaben weit entfernt. Dabei hätte er allen Grund dazu. In der Partie gegen die Dortmunder Borussia verschuldete er einen Elfmeter - zum sechsten Mal in dieser Saison, fünfmal in der Bundesliga und einmal in der Campions League. Und das, obwohl der 29 Jahre alte Ex-Nationalspieler nur bei der Hälfte der Spiele auf dem Rasen stand. Ob er denn jetzt seinen Kollegen mal eine Runde spendieren wolle? Lieber nicht. "Denn wenn ich damit erst mal anfange …" Humor ist, wenn man trotzdem foult - oder wie am Wochenende im Kopfballduell mit Robert Lewandowski den Ball mit der Hand spielt. "Es ist eine unangenehme Situation für mich. Es ist ein Fluch, der mich in dieser Saison verfolgt." Die Sorgen seines Sportchefs Rudi Völler, er müsse nun aufgebaut werden, zerstreute der ehemalige Stuttgarter jedoch: "Ich bin in dem Alter, wo ich über so etwas drüberstehe." Wachsam sei er allerdings schon - auch wenn das Telefon klingele: "Ich bin mal gespannt, ob Stefan Raab anruft." Den "Raab der Woche" hat vor Kurzem schon einmal ein Leverkusener bekommen: Philipp Wollscheid, der Sky-Moderatorin Jessica Kastrop beim Warmmachen den Ball an den Kopf geschossen hatte.
4. Fair gewinnt auf Schalke
Hätte er doch nur nicht am Trikot des Schalkers Klaas Jan Huntelaar gezupft. So aber entschied Schiedsrichter Manuel Gräfe auf Freistoß für die Gelsenkirchener. Und Mönchengladbachs Verteidiger Roel Brouwers war derjenige, der dafür verantwortlich zeichnete, dass seine Mannschaft in dieser Partie doch noch ein Foul begangen hatte - in der allerletzten Minute. Ein Foul in 90 Minuten, das ist dennoch ein Rekord seit Erhebung der Daten vor 20 Jahren. Aber kein Foul wäre halt noch spektakulärer gewesen. Bleibt die Frage, ob das mehr über die Fairness der Mönchengladbacher oder die harmlose Spielweise der Schalker aussagt. Den Borussen wird's allerdings egal gewesen sein, schließlich haben sie die Partie gewonnen und dürfen nun wieder mit einiger Berechtigung darauf spekulieren, sich in der kommenden Spielzeit mit den besten Mannschaften Europas messen zu dürfen. "Zu 99,7 Prozent haben wir die Europa League schon gesichert. Jetzt haben wir Blut geleckt", sagte Sportdirektor Max Eberl. Drei Punkte Rückstand haben die Gladbacher auf Bayer Leverkusen auf Platz vier, der am Ende zu zwei Playoffspielen um den Einzug in die Champions League berechtigt. Nächsten Samstag steht das Heimspiel gegen Mainz an, am letzten Spieltag die Partie beim VfL Wolfsburg, der mit zwei Zählern mehr auf Platz fünf rangiert. Patrick Herrmann, Torschütze auf Schalke, hat einen genialen Plan: "Wir wollen noch zwei Siege, dann sehen wir, wozu das reicht."
5. Mainz weiter auf dem Weg nach Europa
In Mainz sind sie glücklich. Zwar haben sie die Sache mit der Europaliga noch nicht zu 99,7 Prozent eingetütet. Aber die Mannschaft von Thomas Tuchel ist auf einem guten Weg. Auf Rang sieben, der in dieser Saison reicht, hat der FSV vier Punkte Vorsprung auf den FC Augsburg. Auf dem Programm stehen noch die Partien in Mönchengladbach und gegen den Hamburger SV. "Ich bin wahnsinnig glücklich über die Energie und Effizienz, mit der die Mannschaft im Training und im Spiel ans Werk geht, wie sie nicht locker lässt. Das ist eine große Leistung", sagte der Trainer nach dem Sieg gegen den 1. FC Nürnberg, der deprimiert in Richtung Liga zwei taumelt.
Und sonst? Erzielte Shinji Okazaki mit dem 1:0 gegen den 1. FC Nürnberg sein 14. Saisontor für die Mainzer und stellte damit die Bestmarke eines japanischen Profis in der Bundesliga auf. Die bis dato beste Tor-Ausbeute hatte der Ex-Dortmunder Shinji Kagawa mit 13 Treffern in der Meistersaison 2011/2012 zu bieten. Insgesamt liegt Okazaki mit 24 Treffern für Stuttgart und Mainz nur noch zwei Tore hinter der Bestmarke seines Landsmannes in der Beletage. Yasuhiko Okudera schoss in den Jahren 1977 bis 1986 insgesamt 26 Tore für Köln, Berlin und Bremen. Und was sagt Okazaki? "Ich bedanke mich bei der Mannschaft."
6. Der HSV wird immer beliebter
Uwe Seeler macht sich nicht nur Sorgen um seinen HSV. Ihm blutet, wie er sagt, das Herz. "Man sagt ja immer: Die Hoffnung stirbt zuletzt. Aber ein Teil Hoffnung ist schon wieder gestorben." Aufgeben ist für den Ehrenspielführer der deutschen Nationalmannschaft aber kein Thema. "Wir drücken weiter die Daumen. Ich hoffe, die Mannschaft zerreißt sich und hat vielleicht auch noch ein bisschen Glück, dass wir noch in die Relegation kommen." Da können wir dem gebeutelten Seeler ein wenig Trost spenden. Fest steht: Der ruhmreiche Hamburger SV wird immer beliebter. Zumindest in Frankfurt, Freiburg, Hannover und, ja, sogar in Bremen. Denn seit der Niederlage des HSV in Augsburg steht fest: Die Fußballmannschaften aus den genannten vier Städten spielen ganz sicher auch in der kommenden Saison in der Bundesliga. Was auf der anderen Seite bedeutet: Der Kreis der Anwärter auf den Abstieg ist kleiner geworden. Einen Vorsprung von fünf Punkten hat sich der VfB Stuttgart auf dem rettenden Rang 15 herausgearbeitet. Es folgen der Hamburger SV mit 27 Zählern, der 1. FC Nürnberg (26) und die Braunschweiger Eintracht (25). Das wird knapp, so oder so. Und Uwe Seeler weiß, dass der FC Bayern am Samstag nach Hamburg kommt.
Quelle: ntv.de