Strompf löst große Emotionen ausDer bitterste Pokalabend, den ein Spieler erleben kann

Der VfB Stuttgart löst seine Pokalaufgabe beim VfL Bochum souverän. Den Gästen spielt in die Karten, dass Bochums Innenverteidiger Philipp Strompf einen katastrophalen Abend erlebt. Wie der Spieler später aber reagiert, beeindruckt indes seinen Trainer.
Die Situation beginnt völlig harmlos und endet in einer persönlichen Katastrophe. Kurz vor dem Pausenpfiff bekommt der VfL Bochum in Höhe der Mittellinie einen Einwurf zugesprochen. Trainer Uwe Rösler wünscht sich Tempo, er will dem VfB Stuttgart nochmal zusetzen. Beide Mannschaften liefern sich einen engen Pokalkampf, in dem die Gäste mit 1:0 führen. Der Ball landet bei Philipp Strompf, der legt ihn sich etwas zu lässig bei der Annahme zu weit vor. Stürmer Deniz Undav kommt aus dem toten Winkel angesprintet und Strompf senst ihn um, trifft dabei aber auch viel Ball. Eine Aktion zur Gefahrenvermeidung. Strompf war letzter Mann.
Er sieht für seine Alles-oder-Nichts-Grätsche Gelb. Stuttgarts Trainer Sebastian Hoeneß ist außer sich. Letzter Mann, volle Lotte abgeräumt, hallo?! Das muss doch Rot sein. Schiedsrichter Florian Badstübner bekommt vom VAR eine Info aufs Ohr. Er schaut sich die Szene selbst nochmal am Bildschirm an und korrigiert seine ursprüngliche Entscheidung. Strompf fliegt vom Platz. Beim VfL herrschte danach großes Entsetzen. Geschäftsführer Ilja Kaenzig nannte den Platzverweis in der ARD "hart und kleinlich". Simon Zoller, der früher für den VfL stürmte und nun für den Verein arbeitet, bezeichnete ihn als "absoluten Wahnsinn". Undav sah es derweil ganz anders und sprach von einer glasklaren Roten Karte. "Er ist der letzte Mann und haut mich komplett um."
Ein fürchterlich bitterer Kopfball
Die Rote Karte war das frühe Ende eines katastrophalen Abends für den riesigen Abwehrmann, der sich nach einem schwierigen Start "anne Castroper" zuletzt zu einem Leistungsträger in der Abwehr hochgearbeitet hatte. Strompf hatte bereits früh, nach zwölf Minuten, für den VfB getroffen. Ein langer Einwurf der Stuttgarter fällt im Strafraum auf seinen Kopf und fliegt von dort im hohen Bogen ins eigene Tor. Torwart Timo Horn konnte nur erstaunt und chancenlos hinterherfliegen.
Die Bochumer, die schon vor dem Rückstand gut im Spiel waren und auch die ersten Chancen hatten, schüttelten sich und liefen weiter mutig an. Zwar überließen sie dem VfB häufig den Ball. Bei Kontern blieb der VfL, der von Rösler bei sieben Grad wieder in kurzer Hose nach vorne gepeitscht wurde, jedoch gefährlich. Nach einem langen Ball aus der eigenen Hälfte lief Farid Alfa-Ruprecht allein aufs Tor. Vom weit heraus geeilten Fabian Bredlow, der anstelle von Stammtorwart Alexander Nübel spielte, ließ er sich aber aus dem Konzept bringen und schoss vorbei. Francis Onyeka und der ganz starke Kjell Wätjen vergaben weitere Chancen.
Der nächste Schock direkt nach der Pause
Strompf trottete nach dem Platzverweis in die Kabine. Das Stadion erhob sich, rief "VfL, VfL" und "Schieber, Schieber". Es war eine wüste Mischung aus Trotz und Wut. Die Szene war eine dunkle Vorahnung, dass es das gewesen sein würde mit dem erhofften Wunder gegen den Titelverteidiger, gegen den haushohen Favoriten. Und so kam's dann auch. Die Bochumer, so erzählten sie später, wollten nach der Pause erstmal tief verteidigen und sich dann über Nadelstiche befreien. Aber der Plan wurde nach zwei Minuten vom VfB in der Luft zerrissen. Undav schlich sich zwischen zwei Verteidiger und erzielte per Kopf das 2:0. Alles war gelaufen. Danach passierte fast nichts mehr. Stuttgart spielte souverän, Bochum suchte Auswege, fand aber keine.
Und so gingen alle Blicke wieder auf Strompf. Der sorgte nach seinem doppelten Fauxpas in der Kabine für große Emotionen. Er entschuldigte sich bei seinen Mitspielern, wie Rösler berichtete. "Es war sehr gut, dass er Verantwortung übernommen und sich nicht versteckt hat. Wir machen alle Fehler, manchmal muss man einfach nur die Hand heben und sagen: Sorry", meinte der Coach und betonte: "Ich war bewegt, wie er es gesagt hat, es ist bei allen gut angekommen. Wir lassen nie einen in der Familie hängen."
Stuttgarts Kapitän Atakan Karazor hatte den katastrophalen Abend des Bochumers gar nicht registriert. "War es derselbe Spieler?", fragte er, "das ist mir erst jetzt aufgefallen. Das ist tatsächlich kurios." Kurios, aber nicht einmalig, wie sich der VfB-Keeper Fabian Bredlow erinnerte. Ihm fiel sofort ein eigener Teamkollege ein, dem Ähnliches widerfahren war: Maxime Awoudja traf im Zweitligaspiel gegen Hannover 96 im Juli 2019 erst ins eigene Tor und wurde später mit Gelb-Rot in die Kabine geschickt.