Fußball

Traumtore und echte Männer Die Bayern feiern sich

Nun paffen sie Sieger-Zigarren und träumen vom Endspiel in Madrid. Nach dem 2:3 bei Manchester United und dem Erreichen des Halbfinales der Fußball-Champions-League geht es den Bayern richtig gut. Zufrieden zurücklehnen wollen sie sich aber dennoch nicht. Schließlich geht es immer weiter.

"Wir müssen weitergehen": Arjen Robben.

"Wir müssen weitergehen": Arjen Robben.

(Foto: dpa)

Kräftig blies Franck Ribéry die Kerzen seiner Geburtstagstorte in den Händen von Präsident Uli Hoeneß aus. Das Happy-Birthday-Liedchen im Bankettsaal wurde nur für den kleinen Franzosen angestimmt, aber außer in diesem kurzen Augenblick feierte der FC Bayern München keinen einzelnen Star, sondern die gesamte Mannschaft der Überlebenskünstler in der Champions League.

Das kleine Fußball-Wunder, mit dem die fast schon totgeglaubten Münchner nach einem 0:3-Rückstand bei Manchester United noch auf 2:3 herankamen und erstmals seit neun Jahren ins Halbfinale einzogen, hatte alle beeindruckt - und Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge fühlte sich angesichts der demonstrierten Leidenschaft gar an eine der ganz großen Stunden der Vereinshistorie erinnert.

Ein denkwürdiger Europapokal-Abend

"Als wir das letzte Mal 2001 das Finale bestritten haben, waren wir wahrscheinlich nicht die beste Mannschaft. Aber ich glaube, was die Mannschaft damals ausgezeichnet hat, war dieser Wille, dieser Kampfgeist und dann auch diese Leidenschaft, Spiele wie heute Abend noch umzubiegen", sagte Rummenigge. Bereits im Hinspiel vor acht Tagen hatten die Bayern einen 0:1-Rückstand in ein 2:1 umgewandelt.

Um in die Fußstapfen der damaligen Siegertruppe um Stefan Effenberg und Oliver Kahn zu treten, ist es noch ein weiter Weg. Aber bei Loup de Mer, Lancashire Rind und Lamm durfte die Bayern-Reisegruppe in der Nacht zumindest schon einmal auf einen denkwürdigen Europapokal-Abend anstoßen. Ohne Dramatik geht es zwischen Manchester und München wohl nicht, und die Kahn'sche "weiter, weiter, immer weiter"-Mentalität von einst scheint das Team von heute zu haben.

"Bis heute ist es eine super Saison"

Rummenigge & Co. pafften dicke Sieger-Zigarren, hofften schon auf noch größere Königsklassen-Ehren, aber wiesen auch sofort wieder auf den rasanten Fußball-Alltag hin. "Wir müssen jetzt in Leverkusen spielen, ein extrem wichtiges Spiel, da müssen wir die Voraussetzungen für die deutsche Meisterschaft schaffen. Dann haben wir auch gute Chancen in der Champions League", betonte Hoeneß.

Eigens für diese wichtige Aufgabe legte der Charterflug auf dem Rückweg nach München einen Zwischenstopp im Rheinland ein, wo die Mannschaft mit dem nimmermüden 1:3-Torschützen Ivica Olic und dem Tor-Genie Arjen Robben, der mit dem Traumtreffer zum 2:3 nach Eckball von Ribéry letztlich für das Weiterkommen sorgte, zur Vorbereitung auf das Leverkusen-Spiel von Bord gingen. "Bis heute ist es eine super Saison. Aber wir haben eigentlich noch gar nichts. Wir müssen weitergehen", betonte Robben nach einem Tor, das für Franz Beckenbauer Marke "Tor des Jahres" war.

"Es ist wichtig, dass wir die Spannung erhalten"

Bloß nicht zu früh an das Halbfinale denken, in dem der FC Bayern am 21. April zu Hause und am 27. April bei Olympique Lyon spielt. Und das Finale am 22. Mai in Madrid ist noch ein bisschen weiter weg. "Es ist wichtig, dass wir die Spannung erhalten, nicht anfangen, uns zufrieden zurückzulehnen, sondern weiterhin fighten die letzten zwei, drei Wochen, die wir in der Saison noch haben bis zum Schluss am 15. Mai mit dem DFB-Pokalfinale", appellierte Rummenigge an die Mannschaft und erntete leises Raunen aus dem Saal - denn da ist ja noch der Traum von Madrid. "Ich wollte schon 'ne Woche eher in Urlaub fahren, aber da muss ich doch 'ne Woche länger bleiben", korrigierte sich Rummenigge mit einem Lächeln schnell.

Dabei hatte in Old Trafford alles lange nach einem erneuten Viertelfinal-Aus der Münchner ausgesehen. Mit Toren von Darron Gibson (3. Minute) und vom starken Nani (7./41.) hatten die Red Devils die Gäste einfach überrannt. Beckenbauer hatte da "keinen Pfifferling" mehr auf seine Bayern gegeben, die wie vor zwölf Monaten beim 0:4 unterzugehen drohten. "Der Anfang hat mich ein bisschen erinnert an Barcelona vor einem Jahr", gestand auch Bastian Schweinsteiger, der sich zusammen mit dem im Halbfinal-Hinspiel gesperrten Kapitän Mark van Bommel anfänglich als einer der wenigen auflehnte. "Später haben wir dann auch gespielt wie Männer." Dass sich Raffael (50.) Gelb-Rot einhandelte, spielte den Münchnern, die am Ende 60:40 Prozent Ballbesitz gegen ManU verbuchten, dann in die Karten.

"Das zeigt, dass die Mannschaft Charakter hat"

So wurden sie doch wieder zu richtigen Stehaufmännchen. Wie gegen Juventus Turin. Wie gegen den AC Florenz. Wie im Hinspiel gegen Manchester. Immer, wenn die Situation fast aussichtslos scheint, schlagen die Bayern in dieser Champions-League-Saison mit schier unbändigem Willen zurück. "Das zeigt, dass die Mannschaft Charakter hat. Sie hat noch mal einen draufgesetzt", sagte Philipp Lahm, der die Final-Chancen als nicht schlecht einstuft. "Man trifft auf einen Gegner auf Augenhöhe, da geht man mit 50:50 ins Spiel."

ManU-Coach Sir Alex Ferguson meckerte nach dem Spiel darüber, dass Ribéry nach Rafaels Foul heftig eine Karte für diesen gefordert hatte. "Bis zum Platzverweis waren wir fantastisch. Mit elf hätten wir niemals verloren", meinte die Trainer-Legende, die mit der Aussage auf Unverständnis bei FCB-Coach Louis van Gaal stieß. "Das kann man hinterher leicht sagen. Wir werden es niemals wissen", konterte van Gaal die Was-wäre-wenn-Theorie - und hätte sich auf der Insel nach der Niederlage etwas mehr Fairplay gewünscht. Auch weil provokant gefragt wurde, ob man den überraschend aufgebotenen und vorzeitig ausgetauschten Wayne Rooney zu hart angegangen sei.

Ribéry bekam übrigens nicht nur die Torte - sondern auch einen Kugelschreiber. "Mit dem erwarten wir natürlich, dass er irgendwann seinen neuen Vertrag unterschreibt", sagte Rummenigge mit einem Augenzwinkern.

Quelle: ntv.de, Christian Kunz, dpa

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